„Ich bestelle mir wohl lieber 'ne Portion Arsch und Titten!“
US-Filmemacher Jack Bravman („Janie”) trat in erster Linie als Produzent in Erscheinung und brachte es zwischen einer Vielzahl an Pornos auf nur wenige Spielfilm-Regiearbeiten. Eine davon ist die 1987 entstandene kanadische Katastrophen-Low-Budget-Horror-Produktion „Zombie Nightmare“, zu der John Fasano, Regisseur des Trash-Heulers „Im Angesicht der Hölle“, das Drehbuch verfasste und sich außerdem als Regieassistent verdingte. Fasano hatte für „Im Angesicht…“ kurz zuvor erstmals mit dem Hardrock/Metal-Sänger und Bodybuilder Jon Mikl Thor zusammengearbeitet, der hier kurzerhand für den eigentlich geplanten, jedoch verhinderten Hauptdarsteller einsprang. Nur eine von vielen Unwägbarkeiten dieser Produktion…
Der gut gebaute Tony Washington (Jon Mikl Thor) ist ein feiner Kerl, der, wenn er sich nicht gerade um seine alte Mutter kümmert, leidenschaftlich gern Baseball spielt. Während eines Einkaufs verhindert er erfolgreich einen Ladenüberfall, indem er sich gegen die Kriminellen zur Wehr setzt. Anschließend wird er jedoch von einem Auto überfahren und stirbt an seinen Verletzungen. Mutti Washington (Francesca Bonacorsa) wendet sich in ihrem Schmerz an die Voodoo-Priesterin Molly Mokembe (Manuska Rigaud), die ihr noch einen Gefallen schuldet, seit ihr Mann und Tonys Vater (John Fasano höchstpersönlich) starb, als er Molly vor Vergewaltigern rettete. Er wurde erstochen, wodurch Tony ein Kindheitstrauma davontrug. Mittels eines Voodoo-Rituals lässt sie Tony aus dem Totenreich wiederaufstehen, der nun, als untoter Zombie, baseballschlägerschwingend Jagd auf seine Peiniger macht…
Jon Mikl Thor brachte nicht nur Muckis mit, sondern auch Mucke, nämlich einen hochkarätigen Metal-Soundtrack: Nach dem Prolog, der das Voodoo-Ritual vorwegnimmt, ertönt direkt der Überhit „Ace Of Spades“ von Motörhead. Der Vorspann, den das Stück unterlegt, sieht allerdings aus wie am C64 entstanden. Die Ereignisse, die dem Prolog vorausgingen, werden nun dargestellt; im Mittelpunkt steht dabei ein brünetter, eingeölter Thor als Tony, der noch bei seiner Mutter lebt. Die reichlich alberne ‘80er-Jahre-Musik wird alsbald von Virgin Steeles coolem „We Rule The Night“ abgelöst, weitere Songs des Soundtracks stammen von Girlschool, Fist, Death Mask und Pantera. Tonys Zombifizierung stellt dann eine Mischung aus den klassischen Voodoo-Zombies, die zu Sklaven ihres Meister respektive ihrer Meisterin werden, und schmodderigen Untoten dar – letzteres findet zumindest in Tonys Horrormaske Ausdruck, die Thor von nun an spazierenträgt. Die fiesen Jugendlichen, auf die es Zombie-Tony nun abgesehen hat, entpuppen sich als Upper-Class-Gang, von denen der untote Rächer nun einen nach dem anderen killt. Captain Tom Churchman (Adam West, „Batman hält die Welt in Atem“), der Oberbulle des Städtchens, hat ebenfalls einiges auf dem Kerbholz, der Vater eines der Übeltäter ebenso. Doch so sehr Churchman alles zu vertuschen versucht, sein Deputy bleibt dran.
„Zombie Nightmare“ ist rein technisch und formal etwas „besser“, etwas mehr den Konventionen des Filmemachens entsprechend, als sein Quasi-Vorgänger „Im Angesicht der Hölle“. Sein Mini-Budget sieht man ihm jedoch deutlich an, gruselig oder atmosphärisch ist er nun wirklich kein bisschen, aber auch kein lustiger Trash, angesichts dessen man sich pausenlos auf die Schenkel klopfen wollen würde. Zudem wird er erst gegen Ende ein wenig blutig, Nacktszenen gibt es diesmal gar keine, eine eigentlich dafür prädestinierte Rolle hüpft lieber bekleidet ins Wasser. Die Erwartungshaltung, die geschürt wird, wenn man im Jahre 1987 einen Film mit dem Titel „Zombie Nightmare“ in die Videothekenregale hievt, dürfte ihm in der Rezeption das Genick gebrochen haben, denn wer Zombie-Splatter‘n‘Gore-Action erwartet, ist hier an der vollkommen falschen Adresse. Vielmehr handelt es sich um ein stark Slasher-inspiriertes Rachedrama, das Kritik an Autoritäten formuliert (der Name des bigotten Bullen Churchman spricht für sich und die Szene, in der sich ein Punk heftig seiner Verhaftung widersetzt, zählt zu meinen persönlichen Höhepunkten des Streifens) und Heavy Metal durchaus zeitgemäß als Soundtrack zum Aufbegehren liefert.
Die Liste der überlieferten Produktionspannen liest sich jedoch wie Murphy’s Law: Dass Thor als Hauptdarsteller einsprang und nun als Zombie durch die Gegend stakst, ist vielleicht sogar ein Pluspunkt. Ein Wrestler, der mitspielen sollte, wurde jedoch am Flughafen vergessen, Darstellerin Linda Singer („Sommer-Ferien – Total verrückt“), die eigentlich blankziehen sollte, entpuppte sich als 15-Jährige, die daher noch unter Welpenschutz fiel, und überhaupt hatte man ursprünglich einen ganz anderen Film im Sinn, musste sich letztlich aber dem Willen der Produzenten beugen, was die inhaltliche Ausrichtung anbelangt. Auch nach Abschluss der Dreharbeiten riss die Pannenserie nicht: Die Cutter schnibbelten den Trailer aus dem Master und verhunzten den Film zusätzlich. Eigentlich wichtiges Material ging unwiederbringlich verloren.
Dafür wiederum funktioniert „Zombie Nightmare“ meines Erachtens indes doch noch erstaunlich passabel. Ok, ich habe aber auch ein großes Herz für die ‘80er und für bekloppte Metal-Filme, finde Jon Mikl Thor lustig und feiere Fasano für „Freakshow“ alias „Black Roses“. Aber auch das Ensemble kann sich tatsächlich sehen lassen: Zwischen viele Laien mischte sich mit Adam West niemand Geringerer als der Batman der 1960er-Jahre und Shawn Levy, der später eine erfolgreiche Karriere als familienfreundlicher Regisseur („Nachts im Museum“) einschlug, ist ebenso mit von der Partie wie Tia Carrere („Wayne’s World“) am Anfang ihrer Karriere in der Rolle der Amy. Ich möchte daher nicht so hart mit „Zombie Nightmare“ ins Gericht gehen wie manch Kritikerkollege, erinnere mich lieber an seine naiv-charmanten Momente und gehe mit meinem Kumpel Tony die Night rulen.