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Der 12jährige Cole (Judah Lewis) wohnt in einer typisch amerikanischen Vorstadtsiedlung, wo die Rasenflächen sauber geschnitten sind und man die Nachbarn noch persönlich kennt. Seine Träume und Wünsche drehen sich wie die der meisten Vorpubertierenden um Zeichentrickserien, Fernsehstars und schnelle Autos, in seinem Fall jedoch auch um die Mittzwanzigerin Bee (Samara Weaving), eine spitznasige Blondine in Hotpants, die als sein Babysitter fungiert. Denn Hauptfigur Cole ist trotz flotter Eltern ein schüchternes Bürschchen ohne Selbstvertrauen, das von seinen Mitschülern nicht für voll genommen und öfters mit Eiern beschmissen wird. Da tut es freilich gut, abends von einer Vorstadtschönheit ins Bettchen gebracht zu werden, noch dazu wenn diese wortreich das geschundene Seelchen streichelt. Da aber auch 12jährige dann und wann unternehmungslustig werden, beschließt Cole eines Abends - angestachelt durch das gleichaltrige Nachbarsmädchen - länger wach zu bleiben, um mitzubekommen, was sein blonder Schwarm denn nachts so treibt. Die sitzt mit ein paar Freunden im Wohnzimmer und spielt Flaschendrehen. So weit, so gut. Als sie aber einem Mitspieler unversehens zwei Messer in den Schädel rammt, erschrickt unser junger Zaungast fast zu Tode - sein Babysitter, dem er bisher auch intimste Gedanken anvertraut hat, ist in Wirklichkeit eine eiskalte Killerin, die offenbar nach einem satanischen Ritual mordet. Da gibts eigentlich nur eins: Zurück unter die Bettdecke, aber schnell!

Längst hat das zielgruppengerechte Marketing auch die Filmindustrie entdeckt, und so ist die vorliegende Kinder-Komödie Babysitter auch ganz auf den Horizont 12- bis 14Jähriger zugeschnitten. Dagegen ist prinzipiell auch nichts zu sagen, würde nicht Netflix diesen seichten Streifen - wieder einmal! - unter einem falschen Etikett (nämlich: Horror) vermarkten. Denn Horror - und damit neben vielem Anderem: Unbehagen und Spannung - sind diesem Filmchen vollkommen fremd. Oben geschilderte Messerszene dagegen gehört zum Genre Slasher (huch!) und entwertet sich selbstredend gleich von selbst durch unrealistische, wie aus einem Wasserrohrbruch herumspritzende Blutfontänen. Auf diese Szene muß man immerhin 28 von insgesamt 88 Minuten warten, danach bemüht sich das Drehbuch, Cole möglichst kindgerecht dramatisch überleben zu lassen, denn die vier anderen jungen Leute unter Bees Anführerschaft sind natürlich auch alle böööööse und würden ihn selbst gern verhackstücken.

Folglich muß Hasenfuß Cole über sich selbst hinauswachsen und seinen Häschern (unter denen sich ein Quoten-Schwarzer und eine Quoten-Asiatin befinden) entkommen, was ihm bar jeder Logik, jeder erwartbaren Handlungsfolge und gegen alle physikalischen Gesetze vorhersehbarerweise auch gelingt. Angesichts dieser Prämissen ist es natürlich müßig, über die vielen Sinnlosigkeiten dieses Streifens zu diskutieren (von den möchtegern-lustigen Dialogen mal ganz abgesehen), aber ein paar davon sollen durchaus Erwähnung finden: warum sind eigentlich Coles Eltern nachts nicht zuhaus, mag man sich fragen, oder auch was es mit dem seltsam niedrigen Keller auf sich hat, in dem man nur kriechend vorwärts kommt und in dem es von wohlgenährten(!) riesigen Vogelspinnen nur so wimmelt (was fressen die dort eigentlich?). Ungeklärt bleibt auch, wieso die Verfolger zunächst dem vorgeblich friedlich im Bett schlummernden, in Wahrheit zitternden Cole zunächst nur Blut abzapfen und ihn erst dann verfolgen, als er aus dem Fenster zu türmen gedenkt. Daß sie dies nie zugleich tun, sondern immer hübsch einer nach dem anderen, ist vermutlich auch purer Zufall, ermöglicht es dem wackeren Cole jedoch, ein ums andere Mal seine Verfolger loszuwerden. Erst ganz zum Schluß muß er sich - wie in einem seiner Computerspiele - einem Endgegner stellen, welcher in diesem Fall - na wer wohl? - sein Babysitter ist. Aber wie das ausgeht, sei auf keinen Fall verraten...
Immerhin nimmt sich der Film zu keiner Zeit selbst ernst, was zu den ganz wenigen Positiva gerechnet werden muß.

Fazit: Unspektakulär zusammengeschusterte Kinderkomödie ohne jeglichen Anspruch zur Erbauung ähnlich des Hauptdarstellers zu kurz gekommener 12- bis 14Jähriger, die sich jener Zielgruppe teilweise in beschämend billigster Art und Weise anbiedert; für Erwachsene trotz der wenigen (und entschärft dargestellten) Slasher-Einlagen nicht empfehlenswert. 2 Punkte.

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