kurz angerissen*
Xavier Gens' durchaus ambitionierte Parabel auf Völkerverständigung und Isolation scheitert bereits im Ansatz an seiner abgedroschenen erzählerischen Perspektive. Diese ist natürlich von der Ich-Perspektive aus Albert Sánchez Piñols Vorlage geerbt und auch inhaltlich begründet. Man kann den grüblerischen Denker mit Tinte und Feder regelrecht vor sich sehen; jenen stillen Beobachter, der sich voller Furcht seinen Weg zu Draculas Schloss bahnte, oder jenen, der an Bord des Walfangschiffs von Captain Ahab ging, um unglaubliche Abenteuer auf hoher See mit einem riesigen Wal für die Nachwelt zu dokumentieren. Er spricht zu uns wie zu einem guten Freund – verletzlich, offen und gierend nach Empathie.
Mit den richtigen Dialogen, Schauspielern und entsprechenden Bedingungen am Set (Kulisse, Beleuchtung, Kamera...) ließe sich aus diesem Ansatz natürlich immer noch einiges herausholen. „Cold Skin“ allerdings macht die Kunst der Konfrontation mit der eigenen Natur wider aller Bemühungen nicht greifbar. Weil er schlichtweg nicht unter die Haut geht.
Vielleicht ist schon das gewählte Bild nicht ganz geschickt gewählt: Fischmenschen wurden bereits mehrfach für ähnliche Zwecke genutzt, erst kürzlich wieder im oscarprämierten „The Shape Of Water“. Mit mäßig computeranimierten Horden nächtlich attackierender Wasserkreaturen kann man nur als Verlierer vom Platz gehen. Wenn nicht einmal die äußere Form der Parabel etwas Neues ist, wie kann es da der Inhalt sein?
Für die menschlichen Figuren gilt dies im gleichen Maß. Der brummige Einzelgänger, den Ray Stevenson zu spielen hat, ist mit all seinen Eigenschaften nicht der Erste seiner Art. Es hat nichts Originäres an sich, mehr über ihn und sein Verhältnis zu den Wesen zu erfahren. Das ist fatal, weil das über die nächtlichen Attacken strukturierte Drehbuch darauf ausgelegt ist, in jeder Nacht eine neue Facette des Charakters zu enthüllen. Auch Aura Garrido, die ein auf dem Leuchtturm geduldetes weibliches Exemplar der Angreifer spielt, kann nur wenig dazu beitragen, in dem Zusammenstoß der Kulturen eine bislang unentdeckte Besonderheit zu finden. Sämtliche Figuren stehen so im Dienste ihrer Rollenstereotypen. Es gelingt ihnen nicht, einmalige Charaktere zu erzeugen, von denen man etwas lernen könnte, das es in keinem Film zuvor jemals gegeben hätte.
So erstickt „Cold Skin“ letztlich an seinen eigenen hohen Ansprüchen, die er nicht erfüllen kann, weil in allen Disziplinen die letzte Besonderheit fehlt: Im Drehbuch, in der Charakterzeichnung und erst recht im Filmende, das so viel aussagt und doch so wenig.
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