Review

Jeder Actor will irgendwann auch mal Regisseur sein und George Clooney erfüllt sich jetzt seinen Traum.
Die (unauthorisierte) Autobiographie (!!!) des in unseren Breiten unbekannten US-TV-Moderators Chuck Barris sollte es sein, ein schier wahnwitziges, wenn nicht halbwegs unverfilmbares Stück Literatur. Schrill, skuril, unglaubwürdig, was will man mehr.

Und es rollt vor den Augen des Pubikums ein Film ab, wie man ihn lange (oder noch gar nicht) zu Gesicht bekommen hat. Die per Off-Kommentar erzählte Lebensgeschichte eines Mannes, der eigentlich nur Karriere machen und viele Frauen ins Bett bekommen wollte. Der Fernsehgeschichte schrieb, indem er ein Dutzend und mehr Gameshows erfand, darunter das auch bei uns bekannte "Herzblatt"; der sich nicht binden wollte und doch keine Ruhe fand und deswegen (laut eigener Aussage) von die CIA angeheuert und zum Killer ausgebildet wurde, um dann diverse Menschen gemäß Auftrag zu killen. Der schließlich im Verfolgungswahn beinahe verendete. Wie es mit ihm zu Ende ging? Man weiß es nicht. In der letzten Szene des Films sieht man den echten Barris, er lebt also noch. Keine Killer unterwegs heute.

Verkörpert wird Barris von Sam Rockwell, der in unseren Graden wohl nur in Nebenrollen aufgefallen ist, nicht gerade ein Schönling, sondern eher ein Widerling. Rockwell spielt ihn mit Charme, mit Hintersinn und gleichzeitig als das Arschloch, das er war, genial und zerrissen gleichzeitig. Mit Selbstaufgabe und dem Vorteil, als unbekanntes Gesicht nicht auf einen Typus festgeschrieben zu sein.
Ihm zur Seite steht als seine Dauerfreundin Drew Barrymore, die sich durch drei Jahrzehnte mit Barris jubelt und quält, der perfekte Ausgleich in punkto widersprüchlichem Charakter: genauso unberechenbar wie er.
Außerdem haben es sich diverse Stars nicht nehmen lassen, als Nebenfiguren in Erscheinung zu treten. Clooney selbst spielt mit ekligem Oberlippenbart den CIA-Anweber und Ausbilder, der alles über Barris zu wissen scheint, während Julia Roberts unter Aufgabe jeglichen Star-Status eine geheimnisvolle Agentin und Killerin gibt. Ebenfalls als Killer unterwegs ist Rutger Hauer, der das Leben von der philosophischen Seite angeht.
(Wer gut aufpaßt, kann dann die Oceans Eleven-Combo noch komplettieren, denn in einer Herzblatt-Sequenz sitzen als Kandidaten tatsächlich Brad Pitt und Matt Damon auf den Hockern - und werden nicht gewählt!)

Was den Film in der Rezeption so schwierig macht, ist, daß er für kein spezielles Zielpublikum inszeniert ist. Barris Lebensweg ist halbwegs wahnwitzig, wenn nicht unglaubwürdig in punkto Killerjobs und die Hauptfigur des Films ist halt ein Arschloch, nicht in der reinsten, sondern in der sympathischen Form, aber eben doch ein Arschloch. Er ist nicht sonderlich lieb als Kind, als junger Mann, als Star und am Ende nach seinem Zusammenbruch ist er immer noch nicht geläutert. Er ist schlauer geworden, nicht weniger zynisch und mögen kann man ihn deswegen noch lange nicht. Insofern bleibt der Film sich treu.
Die Menschen wollen sich mittels eines Films dann doch lieber unterhalten oder träumen, doch Barris malt uns vom TV-Geschäft und dem Leben als solchem ein derart düster-nihilistisches Bild, das es schwerfällt, sich ein Durchschnittspublikum vorzustellen, das diesen Film nicht "doof" findet.

Noch schwerer wird es durch Clooneys Absicht, die ganze Palette der Filmemacherkunst jetzt mal so richtig auszuprobieren, koste es was es wolle. Überblendungstricks, verstellbare Sets, körnige 60's und 70's Bilder in den Killerszenen, schrille Intensität in den Fernsehaufnahmen, Gegenlicht, Off-Comment, schräge Kamerawinkel, abstrakte Komposition, dazwischen immer wieder Interviewschnipsel aus der Realität mit Wegbegleitern des echten Barris. Das ist tabula rasa und gleichzeitig das Erlebnis, weswegen man ins Kino gehen sollte. So kreiert er einen halb wahnwitzigen Rausch von Bildern, abgedreht und dennoch nachvollziehbar.

Barris wirkt gebrochen, am Anfang ein bißchen, später immer mehr - vor allem, wenn ihm visionär die brutale Realität des Tötens immer wieder zu Kopf steigt. Eingebettet ist darin die Auslöschung der CIA-Gruppe durch einen Maulwurf, der es auch auf Barris abgesehen hat, der, zumindest im Film, zwischen souveräner Agententätigkeit und psychotischen Angstzuständen hin- und herschwankt.

Zieht man ein Fazit, dann haben hier einige Leute viel gewonnen. Clooney kann man bescheinigen, sein Handwerk gelernt zu haben, denn er hext uns hier einen Reigen vor, an den sich viele nicht getraut hätten. Rockwell dürfte jetzt fit für mehr Hauptrollen sein, nur dürfte er sie mit seinem Gesicht nicht allzuoft bekommen.
Und der Zuschauer gewinnt, wenn er die finstere Weltanschauung des Films beiseite schieben kann und nicht nur mit vorgeformten Erwartungen im Kino sitzt. Sicher ist "Confessions..." kein Meisterwerk, dafür versinkt er mit zu viel Spaß an der Freud in den Mythen und Spinnereien, die Barris selbst verzapft hat, doch abgestumpften Seh- und Erzählgewohnten ist dies ein wohlgemeinter Rundumschlag. Mitten in die Fresse. (7/10)

Details
Ähnliche Filme