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Brian de Palma wurde immer wieder gerne mit Hitchcock verglichen und manchmal sogar darauf reduziert. Das dies nicht der Fall ist, dürfte er mehr als einmal bewiesen haben, aber einen Film wie "Dressed to kill" konnte man zumindest nicht zwingend als den Versuch eines Imagewechsels deklarieren. Zu groß ist die Nähe zu seinem Vorbild, aber genau diese Tatsache schießt den Film in die oberste Liga im Thrillergenre. Auch die Verbindung zum Giallo ist klar zu erkennen, was man an einigen Kamerafahrten und auch am Härtegrad festmachen kann. Trotzdem hat er hier keine Kopie, sondern eher eine Art "Best of" abgeliefert.
Die Polizei ist nicht im Bilde und man wohnt den Ermittlungen von Privatpersonen bei. Eine Unschuldige wird verdächtigt und wir erkennen "Psycho" in den Motiven. Schwarze Handschuhe und ein Rasiermesser als Mordwaffe sind am Start und zusätzlich finden wir viele sexuelle Hintergründe, die für 1980 äußerst skandalträchtig auf die Leinwand fabriziert wurden. Trotzdem erkennen wir in jeder Sequenz de Palma wieder, der seinen Filmen grundsätzlich eine eigenständige Note mit auf den Weg gibt.
Die Spannung ist auf einem verdammt hohen Level und die Szene in der U-Bahn ist einfach nur fantastisch und dürfte Kollege Fulci in seinem "New York Ripper" inspiriert haben. Insgesamt gibt es eine unglaublich hohe Anzahl an einzelnen Szenen, die einem für immer im Gedächtnis bleiben. Sei es die Kamerafahrt in der Kunstgallerie, die Traumsequenzen oder das packende Finale.

Mit Michael Caine, Nancy Allen, Angie Dickinson und Keith Gordon hat man zudem noch ein fantastisches Ensemble zusammengestellt, wobei ich Letztgenannten gerne öfter mal gesehen hätte, da ich ihn schon in "Christine" unheimlich stark fand.
Vergessen darf man auch nicht den fantastischen Score von Pino Donaggio, der den gesamten Film prächtig gestaltet. Man konnte ihn zwar nicht als Haus und Hof Komponist von de Palma bezeichnen, aber die beiden haben doch sehr sehr häufig zusammengearbeitet. Insgesamt mag ich die Arbeiten des Italieners, der auch für den Score von "Wenn die Gondeln Trauer tragen" und "Aura" verantwortlich war.

Einigen Zuschauern wird mit Sicherheit der Einstieg in den Film sehr langatmig vorkommen, aber auch hier wird die Nähe zu "Psycho" mehr als deutlich. Zudem ist er niemals uninteressant oder langweilig, da er viel zu bieten hat. Wer allerdings Filme schaut und einfach nur wartet das da irgendwas passiert, ohne einen Blick für Tempo und Details zu haben, wird mit den ersten 30 Minuten nicht sonderlich warm werden.
Insgesamt kann man den Film auch wieder nur Leuten empfehlen, die sich mit älteren Filmen beschäftigen. Anderen dürften die Schnittstakkatos der Neuzeit, schon die Birne zu sehr aufgeweicht haben.

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