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Während die Hauptpersonen nach der Befreiung ihrer Sexualität streben, sucht Regiseur Brian DePalma in "Dressed to Kill" nach der perfekten Optik, die er auch oft erreicht.

Kate ((Angie Dickinson) ist unglücklich in ihrer Beziehung, weshalb sie den Psychiater Robert Elliott (Michael Caine) aufsucht. Besonders ihre unerfüllten sexuellen Begierden, angesiedelt zwischen Vergewaltiung und Befriedigung, lassen sie leiden, weswegen sie außerehelichen Kontakt sucht. Schließlich geschieht ein Mord und die Frage ist: Wer hats getan?

Brian DePalma hat sich hier bei einem großen Vorbild bedient. Er zitiert Hitchcocks "Psycho" fast getreu in der ersten halben Stunde. Hier, wie dort, lädt eine Frau moralische Schuld auf sich. Anstatt einem Mord in einer Dusche, geschieht er hier in einem Aufzug, von der Größe vergleichbar einer Duschkabine. Auch hier sieht dieser äußerst eindrucksvoll aus. Und genau auf der Optik liegt DePalmas Hauptaugenmerk. Er schafft sehr ausdrucksstarke Bilder, wie den oben erwähnten Aufzugmord, das Finale im Gewitter und natürlich immer, wenn die vermeintliche Mörderin zu sehen ist, meistens in verwischten, unscharfen Bildern, Einzelheiten sind von ihr nicht zu sehen, und dennoch oder gerade deswegen, lässt ihre Erscheinung den Zuschauer unruhig werden.
DePalma findet aber auch die richtigen Bilder, wenn es darum geht, durch kleine Gesten Gefühle auszudrücken, was doppelt wichtig ist, da in der ersten halben Stunde kaum gesprochen wird, sondern das wankende, unsichere Innenleben Kates im Vordergrund steht. (Umso härter wird für den Zuschauer dann der erste Twist.) Durch die Verweigerung eines Kusses ihres Ehemanns und sein darauf folgendes beiläufiges Wangentätscheln legt einem die Beziehung offen. Ähnlich später im Museum, als Kate sich an den Fremden heranmacht, indem sie ihren Handschuh abstreift und Nahbarkeit zeigt. Ebenfalls sehr ansprechend ist Dickinsons Körper, der in voller Pracht in der Duschszene am Anfang zu bewundern ist.
Dieses Betrachten und befriedigen der eigenen Weiblichkeit bleibt einer Person im Film aber verwehrt, woraus sich größte Probleme ergeben. Es geht um die Suche nach sich selbst, um das Finden der eigenen Sexualität, um das Gefangensein im eigenen Körper. Kate Blick ist voller Bewunderung für das kleine Mädchen, dass im Museum ihren Eltern entwischt und wegläuft, da sie keine Lust mehr hat, Bilder zu betrachten. Diese Entscheidungsfreude und Durchsetzungskraft wünscht Kate sich auch.
Robert Elliott, der Psychiater, der eigentliche Fachmann in diesen Fragen, kann kaum helfen, auch er selbst ist unsicher, wirkt gehemmt, weiß nicht, wie er sich den sexuellen Avancen seiner Patientinnen widersetzen kann. Michael Caine spielt ihn bestens, er gibt der Rolle eine leicht arrogante, erst besonnene Seite, bis auch er den Halt verliert.

"Dressed to Kill" ist ein extrem spannender, verstörender Film, der mit Hilfe einer meisterhaften Optik versucht, in den Abgrund menschlichen Verhaltens zu blicken. "Psycho"-Kenner werden an der Spannung an manchen Stellen nur den halben Spaß haben, werden aber mehr als entschädigt durch die gelungene Umsetzung.

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