Seit seiner Nebenrolle in „The Expendables 3“ scheint sich Antonio Banderas mit dem Studio Millennium Films zu verstehen: In schneller Folge spielte er in deren B-Reißern „Security“, „Acts of Vengeance“ und „Bullet Head“ Hauptrollen.
Bei „Acts of Vengeance“ schien Drehbuchautor Matt Venne leicht von der Kapitelstruktur Quentin Tarantinos inspiriert worden zu sein, denn auch dieser Film ist in Einzelabschnitte unterteilt, die allerdings fast chronologisch erzählt werden. Eigentlich ist nur der Anfang eine Vorblende, erklärt durch das Voice-Over des rächenden Helden Frank Valera (Antonio Banderas), der früher mal erfolgreicher Rechtsanwalt war. Den Klischees folgend ist dabei natürlich wenig Zeit für die (gut betuchte) Familie, wobei der Film – Moral lass nach – schlussendlich zeigt, warum man nicht zu wenig Zeit mit den Liebsten verbringen sollte: Sie könnten nämlich nach einer Talentshow der Tochter ermordet werden, wenn der Papi zu spät kommt, weil er noch länger im Büro geschuftet hat.
Obwohl Frank den zuständigen Ermittler Lustiger (Jonathon Schaech) drängt, findet sich kaum eine Spur auf den Täter und der Fall wird zu den Akten gelegt. Frank lässt seiner Trauer dadurch freien Lauf, dass er sich die Hucke vollsäuft und sich selbige anschließend im Freefight-Oktagon vollhauen lässt. Da dies wörtlich zu nehmen ist, gibt es keine große Action zu sehen, denn Frank steckt als großer Schmerzensmann nur ein, auch bei einer späteren ungemütlichen Begegnung mit Zuhältern auf der Straße, wonach er die Blutung einer Wunde mit einem Buch provisorisch stoppen muss. Dabei handelt es sich um „Selbstbetrachtungen“ des römischen Kaisers Mark Aurel, das zum Leitmotiv des Helden wird: Nicht nur leiten Zitate aus dem Buch jedes Kapitel ein, Frank konvertiert auch zum Stoizismus (ursprünglich sollte der Film auch „Stoic“ heißen) und schweigt andauernd, ganz im Gegensatz zu seinem früheren, geschwätzigen Anwaltsdasein.
Ein Zitat aus den „Selbstbetrachtungen“ treibt ihn dann auch zur Mördersuche an, nach dem man nur den Schuldigen bestrafen müsse, nicht etwa sich selbst. Also forscht er in eigener Sache nach dem Täter, wobei er auch bereits ist Leuten auf die Zehen (oder gleich in die Fresse) zu treten…
So gehört zur Vorbereitung auf die Rache auch ein entsprechendes MMA-Training, bei dem die Lehrmeister in einer netten Geste von Regisseur Isaac Florentine und Fight Choreographer Tim Man gegeben werden. Ganz so viel Training hatte der reale Banderas freilich nicht, weshalb er bei komplizierteren oder gefährlicheren Situationen (etwa beim Ansetzen eines Flying Arm Bar) gedoubelt wird. Für Florentine-Verhältnisse hält sich der Film in Sachen Action ziemlich zurück: Die meisten Straßenkeilereien und Kämpfe im Ring sind sehr kurz; lediglich zwei Szenen fallen heraus. In der einen serviert Frank fachgerecht eine Bande von Autodieben ab. Die andere ist der Showdown, in dem es natürlich obligatorisch ist, dass auch der Finalgegner ein MMA-Experte ist, wenn der Held schon so viel in der Disziplin trainiert hat. Dementsprechend kommen viele MMA-Moves zum Tragen, was bei einem Straßenkampf vielleicht nicht realistisch ist, aber es ist stark choreographiert und gelungen inszeniert. Dabei fährt Florentine seinen gewohnten, etwas comichaften und vom Hongkong-Kino inspirierten Stil zugunsten einer etwas realistischeren und bodenständigeren Inszenierung herunter.
Denn „Acts of Vengeance“ will eben nicht nur ein einfacher Genrereißer sein, sondern eben auch ein Rachedrama. Schließlich war Antonio Banderas vor seiner Karriere als Hollywood- und Genrestar gefeierter Schauspieler für Pedro Almodóvar und so ein Talent will man dann auch ausnutzen. So leidet sich Banderas auch durchaus formidabel durch die erste Filmhälfte, eher er dann zum stoischen Rächer wird und überzeugt durchweg als Mann, dem man alles genommen hat. Den Film muss er nämlich weitestgehend alleine tragen: Karl Urbans Rolle ist gar nicht mal so groß, Paz Vega als hilfsbereite Krankenschwester bleibt immer nur eine wiederkehrende Randnotiz und andere Akteure, wie Jonathon Schaech, Cristina Serafini und Robert Forster, haben noch weniger zu tun.
Dummerweise bleibt das Drama an der Oberfläche: Dass jemand, dessen Familie brutal ermordet wurde und der sich die Schuld daran gibt, zu saufen anfängt, den Lebensmut verliert und irgendwann im Job nicht mehr funktioniert, ist für sich keine spektakuläre Erkenntnis, aber mehr hat der Film nicht zu sagen. Auch die Stoiker-Idee des schweigenden Helden und der dadurch notwendig werdende Off-Kommentar beißen sich ein wenig, zumal die erzwungene Stille des Helden manchmal unfreiwillig komisch oder unpassend wirkt, etwa wenn er Situationen durch Nichtkommunikation verkompliziert oder durch sein Schweigen angeblich seine anderen Sinne schärft und ein derartiges Auge für Details entwickelt hat, dass er die Wahrheit aus den Gesichtern von Verdächtigen herauslesen kann.
Das muss er nämlich auf der Suche nach dem Täter tun, für dessen Identität der Film mehrere Möglichkeiten anbietet: Ein Zufallsverbrechen, die Tatsache, dass Ort des Mordes mitten im Einzugsbereich einer russischen Gang lag oder vielleicht sogar ein Feind aus Franks Umfeld? Tatsächlich ahnt man schon ein wenig wer der Täter sein könnte, doch immerhin wird dessen Motiv recht nachvollziehbar erklärt. Dummerweise sind die Ermittlungsarbeiten bis dahin kaum der Rede wert, da Frank nur hier mal den Tatort untersucht, dort mal einen Verdächtigen befragt und oft Riesenglück hat, sodass er in wenigen Schritten zur richtigen Lösung kommt, was dementsprechend wenig spannend ist.
Von Isaac Florentine wird das Ganze zwar trotz niedrigem Budget (man sieht dem Film an, dass Bulgarien die USA doubelt) handwerklich ganz sauber in Szene gesetzt, doch der Mix aus Rachedrama, Martial-Arts-Action und Krimiermittlungen ist weder Fisch noch Fleisch, bedient keines seiner Genres so richtig und kann daher in keiner Disziplin so wirklich überzeugend. Nette Ideen wie das Mark-Aurel-Leitmotiv und die beiden größeren Kampfszenen peppen den Film auf, doch in seinen Ambitionen des tiefergehenden direct-to-video-Rachefilms scheitert „Acts of Vengeance“ wie das ähnlich gelagerte Nicolas-Cage-Vehikel „Tokarev“.