Review
von Leimbacher-Mario
Staffel 2 - 8,5/10
Staffel 2
Brauner als die AFD
In der zweiten Season der Fake-Doku-Serie "American Vandal" geht es für die zwei uns aus der ersten Staffel bekannten Nachwuchsregisseure an eine neue Schule, an einen neuen "Kriminalfall". Mit mehr Motivation und Moneytoes denn je - denn immerhin hat ihre erste Staffel Netflix gekauft. An einem christlichen Gymnasium ging der Kackbandit um und hat u.a. durch scheinbar vergiftetes Essen die Schulmensa zu einem braunen Stinkfriedhof gemacht. Heißt: etliche Schüler und Lehrer bekamen in der Mittagspause extremen, unaufhaltsamen Durchfall... Wer könnte es also auf seine Mitmenschen abgesehen haben? Und fast noch wichtiger: warum? Wer findet das, außer uns Zuschauern, lustig?
Staffel 2 der fies-feinen Mockumentary ist fast genauso gut wie das Premierenjahr. Und das ganz ohne Sucker Punch. Wieder mit 8 schnell verschlungenen, halbstündigen Folgen. In vielerlei Hinsicht ist dieser "beschissene" Fall sogar noch spannender und wichtiger und witziger. Es fehlt zwar ein herausragender Protagonist wie im Jahr 1 und weil die zwei Chronisten mit diesem Fall selbst nichts zu tun haben, fehlt ein wenig der persönliche Zugang und deren charakterliche Weiterentwicklung, doch insgesamt bleibt das ziemlich genial. Das Konzept, das Thema, die Atmosphäre.
Von der Nutzung des iPhone-Glitchs zur Beweisauswertung bis zur glaubhaften Erklärung, warum Staffel 2 nun aufwändiger produziert werden kann und die Macher von den Schülern erkannt werden - das ist witzig, pfiffig und nachvollziehbar. Der punktiert angebrachte Metahumor sitzt wieder wie angegossen, selbst wenn mit den Nummer 2-Wortspielen etwas übertrieben wird. Aus einem bizarren Fall wird wieder überraschend viel Spannung, Überraschung, Ekel und Witz gezogen, sodass man davon eigentlich nur Personen abraten kann, denen Grundgedanken über gemalte Penisse oder in diesem Fall Kackstreiche schon völlig gegen den Strich gehen.
Ansonsten ist es wie ein schmackhaftes Ü-Ei. Spiel, Spaß, Spannung. Und gegen Ende sogar noch mit ein paar mustergültigen Gedanken zum Leben in der gläsernen Generation X. Das Gesamtbild stimmt, erst recht mit dann erfolgreich angeschnittenen Themen wie der unfairen Behandlung von Sportlern, dem Geltungsbedürfnis einer ganzen Generation und der Scheinheiligkeit der sozialen Medien. Wahrhaft tiefsinnig für eine Doku über Scheisse neben den Chicken Nuggets.
Fazit: eine unterhaltsame und erschreckende Darmspülung für eine Schule, ein System, ein Land - "American Vandal" ist auch in seinem zweiten Jahr bissig, witzig, eklig. Und sogar gegen Ende erstaunlich nachdenklich, weise und emotional. Ein cleveres Statement durch den Hinterausgang! (8,5/10)