Die Entführung einer Air-France-Maschine durch palästinensische und deutsche Terroristen 1976 mit geglückter Geiselbefreiung durch ein israelisches Kommando diente als Vorlage für eine weitere Verfilmung, diesmal durch den brasilianischen Regisseur José Padilha. Dessen bisherige Werke (Narcos, 2015) ließen eher auf einen actionreichen Film schließen, aber weit gefehlt, 7 Tage in Entebbe ist ein verhältnismäßig ruhiger Film, der in angenehm unaufdringlicher Weise die Geschehnisse von der Entführung bis zur Befreiung Revue passieren läßt.
Von den falschen Pässen, mit denen sich die Terroristen Zugang zum Flugzeug verschaffen angefangen bis zur erzwungenen Landung in Uganda, wo ein grotesk übertrieben-freundlicher Idi Amin seine neuen "Gäste" willkommen heißt "in diesem wunderschönen Land" (das in Wirklichkeit aus einem heruntergekommenen Flughafengebäude besteht) über das eher von Unsicherheit geprägte Verhalten der beiden deutschen Entführer (die sich von ihren arabischen Komplizen ein wenig abkommandiert und daher überrumpelt fühlen) bis hin zu den Beratungen der israelischen Kabinettsmitglieder (wo sich ein verhandlungsbereiter Ministerpräsident mit seinem Hardliner-Verteidigungsminister ein Duell liefert) bis hin zur geglückten Landung des heimlich eingeflogenen Spezialkommandos, das letztendlich fast ohne Verluste die Geiseln befreit werden alle Aspekte dieser Operation Entebbe in ruhigem Erzähltempo gewürdigt.
Von besonderem Interesse für den zeitgeschichtlich interessierten Zuseher aus dem deutschsprachigen Raum sind hier natürlich die beiden deutschen Terroristen Wilfried Böse und Brigitte Kuhlmann, damals Mitglieder der sogenannten "Revolutionären Zellen" und damit irgendwo im Dunstkreis des bekannten Baader-Meinhof-Komplexes. Dass diesen beiden die Aufteilung der über 250 Passagiere in (vermeintlich) jüdische und nicht-jüdische Passagiere (letztere wurden freigelassen) übertragen wurde, ließ damals wie heute fatalste Erinnerungen an die Selektionen in NS-Konzentrationslagern aufkommen. Dennoch bricht Padilha nicht den Stab über Wilfried Böse, sondern läßt den durch Daniel Brühl (mit Vollbart) eher ruhig und nachdenklich dargestellten Terroristen seine eigene Version der Dinge aussprechen: Er sei Revolutionär und kein Nazi. Berührt hat Böse die Thematik durchaus, wohl auch mehr als er nach außen hin zeigen wollte. Einige Tage später wird ihm diese seine Logik dann von einem französischen Flugkapitän, der freiwillig bei den Geiseln geblieben ist, auf geradezu humoristische Weise ad absurdum geführt: "Ich bin Ingenieur. Ein Ingenieur ist soviel wert wie fünfzig Revolutionäre" sagt der Franzose zu dem stumm mit einer Waffe dastehenden Deutschen, während er sich um die verrotteten sanitären Anlagen kümmert. Eine Szene mit Symbolkraft - eine Wertung mag der Zuschauer selbst treffen. Die in der Populärkultur im Gegensatz zu Andreas Baader weitgehend unbekannte Figur des Wilfried Böse scheint - dem Film nach - ein ambivalenter Mensch gewesen zu sein: zum Schluß verzichtet er auf die anbefohlene Geiselerschießung - und wird selbst erschossen.
Weniger Screentime hat Rosamund Pike als Brigitte Kuhlmann, die zum Schluß eine eher befremdliche Szene an einem Münzfernsprecher hat, als sie eine Art Abschiedstelefonat führt und erst im Nachhinein klar wird, daß das Telefon tot ist.
Zu gefallen wußte auch das fast schon persönliche Duell der beiden maßgeblichen israelischen Politiker, wobei der zögerliche Yitzhak Rabin, der auch an seine weitere Karriere denkt, hier durch die Darstellung von Lior Ashkenazi Sympathiepunkte einfahren kann.
Ob diese Begebenheiten und die vorher geschilderten Sätze tatsächlich so gefallen sind oder hier eine gewisse Interpretation des Regisseurs vorliegt, entzieht sich meiner Kenntnis.
Verzichtbar scheint mir dagegen der als künstlerisches Element eingefügte Gruppengesang einer Tanzkombo, die den Film eröffnet und beschließt: den hätte man weglassen können, er scheint nur einer künstlichen Dramaturgie geschuldet (eine Tänzerin ist die Freundin eines jungen israelischen Soldaten, der nach Entebbe eingeflogen wird), eine Dramaturgie die der interessante Film eigentlich gar nicht nötig gehabt hätte. Durch weitgehenden Verzicht auf Action oder Militär-Glorifizierung ein durchaus sehenswerter Streifen. 6 Punkte.