Der Meteorologe Hannes (Sepp Rist) lebt in seiner Wetterstation auf 4400 Meter Höhe. Kontakt nach Unten hat er lediglich über ein Morsegerät, über welches er mit dem Astronomen Armstrong (Friedrich Kayßler) kommuniziert. Dessen Tochter Hella (Leni Riefenstahl) büchst zu einer Fuchsjagd via Ski aus, läßt sich vom Flieger Udet (Ernst Udet) vor den Verfolgern retten, um noch einen Gruß an Hannes abzusetzen, bevor sie zurückkehrt, um ihrem Vater den Plan eines Besuches zu unterbreiten.
Kaum mehr Worte lassen sich an die für sich schwache Handlung von Stürme über dem Montblanc verlieren. Arnold Fanck setzt den Anschein eines Bergdramas ein, um seine Routinen mit einem etablierten Ensemble aufzunehmen. Dahinter verbirgt sich eine Wurzel des selbstzweckhaften Actionfilms. Darüberhinaus bedient sich Fanck freilich einer Bildästhetik, die den Film für Kinofreunde ungemein sehenswert macht.
Kaum kann man diese Bilder von Stürme über dem Montblanc in Worte fassen, wie seine Skifahrer in flotten Schwüngen herabsausen und selbst Zäune nicht zum Hindernis werden lassen. Aus niedriger Perspektive gefilmt, rasen sie auf die Kamera zu, um mit einem Schwung den Schnee in Richtung Objektiv zu wirbeln, gerade so, wie man es heute immer noch drehen würde. Am beeindruckensten sind aber sicher die geheimen Hauptdarsteller aus der Natur. Felsformationen an Originalschauplätzen, die in dieser Höhe den Blick auf monumentale Wolkengebilde herab ermöglichen, deren wallendes Spiel mächtig erscheint wie eine walzende Lawine.
Ferner scheinen sich Fancks Motive auf seine Zeit im Internat Fridericianum in Davos zu begründen. Als kränkelnder Knabe aufgenommen durchlebte er hier eine auf Abhärtung konzentrierte Ausbildung, welche sich die eiskalten Witterungen zu Nutze machten. Folglich verließ Arnold Fanck die Lehranstalt hungrig nach Abenteuern in der Natur.
So gibt sich Hannes nun als kerniger Naturbursche, welcher in zugiger Holzhütte mit dampfendem Körper vor der Waschschüssel steht, um kurz darauf neugierig mit freiem Oberkörper auch noch vor die Türe zu treten. In Siegerpose stützt er sich auf das angewinkelte Knie seines auf der oberen Felskante abgestellten Beines. Der Flieger Udet betäubt den Motor, um in luftiger Höhe bei einem kurzen Segelflug ein paar Worte zu wechseln.
Läßt sich hierbei schon ein Bezug zu den Nationalsozialisten aufbauen, die doch genau diesen monumentalen Heroismus für sich entdeckten, über die Fanck-Elevin Riefenstahl und trotz vorheriger Meinungsverschiedenheit zwischen Goebbels und Fanck auch später letzteren verpflichteten? Trotz der gefährlichen Nähe wirkt Stürme über dem Montblanc doch freier. Dies läßt den Film genaugenommen zu einer einzigartigen Spezies zählen, ist es doch heute kaum möglich, ein solches Werk ohne belastende Vorurteile zu drehen, oder? Es ist ein Bergfilm, kein Heimatfilm.
Arnold Fanck erlaubt sich dabei gar eine ironische Bemerkung, als er die jungenhafte Hella faul im Bette der Berghütte liegen läßt, als sie doch Feuer machen sollte. Sie ist ein moderner Typ Frau, an Sport und Wissenschaft interessiert, so daß die Burschen dieser Konstellation auch den Abwasch selbst erledigen. Es ist eine Gegenemanzipation von Typen, die in der Einsamkeit gelernt haben, für sich selbst zu sorgen und die nicht auf Frauen angewiesen sind. Wie weit, das verschweigt Fanck. Doch vergleicht man mit der männerabschaffenden Frauenbewegung, so ließe sich gar ein sexueller Subtext vermuten, zumal Hella so burschikos auftritt. Durchlöchert würde diese These, wollte man eine völlige Entsexualisierung hierin vermuten.
Angestoßen von einem Mißverständnis in der Höhe verweilend muß sich Hannes nun seinem größten Gegner, der Natur, stellen. Arnold Fanck wiederholt hier das Bild vom lebenserhaltenden Feuer, welches zuvor noch so unwesentlich für Stürme über dem Montblanc erschien. Mit durchgefrorenen Händen kann der Held den Ofen nicht anfachen. Auf seinem nun folgenden Passionsweg nimmt er all die vorher dargestellte Überheblichkeit der über die Natur erhabenden Menschen, die diese spielerisch im Alltag bezwingen, auf seine Schultern. Wird er überleben?
Und finden wir nicht genau all dies auch im modernen Actionfilm wieder? Zehrt dieser nicht von einem Heroen, welcher gestählt seinem Gegner ins Auge blickt, nur um dann über alle Schmerzgrenzen geschunden zu werden und schließlich am Ende seiner Kräfte das Heft in seiner Hand zu wissen?
Mit dieser Erkenntnis sollte deutlich werden, daß Filme wie Stürme über dem Montblanc zwar über das 3. Reich in den Hintergrund gerückt wurden, in ihrem Kern jedoch nicht anders als moderne Abenteuer- und Actionfilme sind.
Statt Explosionen sind es Wolken- und Schneemassen, statt Schießereien und Trickeffekten sind es echte, sportliche Stunts. Das Ende, soviel sei verraten, macht aus dem Helden keinen Übermenschen mehr, weshalb manch jüngere Einzelkämpferfabel fragwürdiger erscheint als Stürme über dem Montblanc. In diesem handelt es sich vielleicht nicht um den ersten Bergfilm, den man sehen sollte, jedoch um ein Werk, welches in der Kinogeschichte beachtet werden will. Als Stummfilm gedreht und später nachvertont sticht Stürme über dem Montblanc als erster Tonfilm Fancks heraus. Gerade die Atmosphäre dieser Wendezeit mit teils wortkargen Passagen und die Handlung unterstreichenden Soundeffekten macht den Film in seiner Wirkung so besonders.