„Der Ewige Jude“ ist mit ziemlicher Sicherheit der wohl menschenverachtendste Film aller Zeiten und die offenste, aggressivste antisemitische Propaganda überhaupt im Nationalsozialismus. Den Auftrag für die Produktion des Films gaben Adolf Hitler und Joseph Goebbels persönlich, schenkten dem Projekt sehr viel Aufmerksamkeit und hatten beide großen Einfluss auf den Entstehungsprozess. Als äußere Form wählte man die Dokumentation und verzichtete auf eine Spielfilmhandlung, als Sprecher verpflichtete man den Wochenschausprecher Harry Giese (eine Stimme die dem deutschen Volk sehr vertraut war) und die Regie übernahm Routinier Fritz Hippler.
Eberhard Taubert schrieb ein vor Gift und Galle nur so sprühendes Pamphlet wie es antisemitischer gar nicht sein könnte – innerhalb der knapp bemessenen Laufzeit schafft es Taubert flächendeckend sämtliche Klischees, Halbwahrheiten und dreiste Lügen in episodische Abhandlungen zu zwängen und stellt beinahe die gesamte Bandbreite der Vorurteile gegenüber Juden dar. Das Ganze wird garniert mit zahlreichen Statistiken, historischen Beispielen oder alltäglichen Situationen, wobei natürlich alle Details in falschem Licht gezeigt werden oder schlichtweg gelogen sind. Taubert war wohl die prädestinierte Wahl als Drehbuchautor, so war er bereits seit 1933 intensiv beschäftigt mit antisemitischer Propaganda.
Fast zeitgleich wurden kurz zuvor die beiden antisemitischen Spielfilme „Jud Süß“ und „Die Rothschilds“ ins Kino gebracht um der brachialen Hass-Tirade „Der Ewige Jude“ den Weg zu ebnen. Dieses Konzept ging nur teilweise auf, denn obwohl die Spielfilme große Erfolge verbuchen konnten und alle Kinos mit Kopien der dazu gehörigen Dokumentation überflutet wurden, so war der Erfolg zunächst doch eher verhalten. Selbst den Bürgern von 1940, die schon viel erlebt hatten, war ein so unverblümt volksverhetzender Film zu viel und die darin geforderte Ausrottung des jüdischen Volkes – damit wollte man sich nicht unbedingt auseinander setzen.
Und genau hier liegt die extremste Schwäche des Films: Ein Propagandafilm, zu dessen Konsum das Volk erst gezwungen werden muss? Im Gegensatz zu Leni Riefenstahl bietet Hippler keine monumentalen Aufnahmen und keine innovativen Elemente, Veit Harlan war ebenfalls ein wesentlich besserer Regisseur und erreichte mit seinen subtileren Werken wie zum Beispiel „Jud Süß“ einen wesentlich höheren propagandistischen Effekt. Die Schuld ist jedoch nicht beim Regisseur zu suchen sondern schlichtweg bei den fanatischen Auftraggebern, die hier ihre Karten voll auf den Tisch legten.
Die Bilder der Tier-Schlachtungen, welche rituelles jüdisches Schächten zeigen, sind überaus explizit und zeigen schonungslosen Tier-Snuff. Vor allem aufgrund des hier gezeigten Materials geriet der Film in die öffentliche Diskussion und steigerte somit seine Popularität. Mit seinem zynischen Kommentar und der Montage verschiedenster Bilder nimmt „Der Ewige Jude“ schon ein paar Funktionsweisen des Mondo-Genres vorweg. Größtenteils entstanden die Aufnahmen in polnischen Ghettos, allerdings wurde auch viel Archivmaterial verwendet und auch berühmte Persönlichkeiten oder Filmszenen eingebunden.
Jegliche Formen der audiovisuellen Manipulation werden, zugegebenermaßen geschickt komprimiert, angewendet; man schöpfte in jeglicher Form aus den Vollen, sorgte bewusst dafür, das es keine Steigerung geben konnte. Zum Beispiel sind die Metzger beim Schächten nicht gerade zimperlich, offensichtlich sind die Aufnahmen manipuliert: Die grinsenden Gesichter werden raffiniert beleuchtet und wirken dämonisch, geradezu sadistisch vergnügt. Gemeinsam mit den grausamen Schlacht-Details sollen solche Szenen ganz offensichtlich die rohe Gefühlskälte der Juden darstellen. In der Tat ist das Schächten auch heute noch umstritten und in Deutschland verboten, da keine Betäubung beim Tier vorgenommen wird. Tierschützern dürften auch heute noch die hier gezeigten Szenen die Zornesröte ins Gesicht steigen lassen.
Um den Geschäftssinn der Juden zu verteufeln nennt der Film einige Beispiele von berühmten jüdischen Betrügern oder nutzt andere historische Aufhänger als Belege für die rassistische Ideologie. Die Musik von Franz R. Friedel leistet ihr übriges um die düsteren Bilder adäquat zu untermalen, von einer besonderen Leistung lässt sich aber nicht reden. Zwar erfüllt der Score seinen Zweck, wirkt aber bei genauerer Betrachtung eher austauschbar und wenig anspruchsvoll.
Oftmals werden religiöse Bräuche diffamiert und immer wieder wird auf das Körperbild der Nationalsozialisten verwiesen, berühmte Persönlichkeiten wie Ernst Lubitsch werden haltlos verunglimpft, Ausschnitte aus neutralen Filmen wie Fritz Langs „M“ ebenfalls missbraucht. Insgesamt bemüht man sich um ein breit gefächertes Aufgebot an jüdischen Prominenten, die man erwähnte und eventuell auch kurz kommentierte.
Afroamerikanische Musik und auch andere Kunst, wie zum Beispiel die Bilder von Picasso und anderen Größen werden schlicht als „entartet“ abgetan, selbst über Kleidung und Hygiene fallen mehrere abfällige Bemerkungen. Das verwendete Filmmaterial zeigt oftmals verwahrlost Menschen die verwirrt in die Kamera grinsen, schmutzige und zahnlose Gesichter und lumpenhafte Kleidung. Für den nichts hinterfragenden Zuschauer können solche Aufnahmen, da sie authentisch wirken und dementsprechend ausgesucht wurden, durchaus die Meinungsbildung untermauern, da man wirklich sorgfältig an die Montage ging und diese von großer Professionalität spricht. Die Szenen aus dem Ghetto wirken bedrängend, erzeugen ein stetiges Unwohlsein, können aber einen halbwegs kritischen Betrachter nicht einen Moment um den Finger wickeln. Nur wer sich wirklich auf den Film einlässt und schon vorher von einschlägigen Vorurteilen geprägt ist wird sich in seiner Meinung von einem Film wie „Der Ewige Jude“ wirklich beeinflussen lassen.
Der Film endet mit einem Aufmarschjunger Arier in Uniformen, das körperliche Idealbild der Hitlerjugend wird hier nochmals in einen drastischen Kontrast zu den vorher gezeigten kränklichen Juden gezeigt. Kurz vorher sieht man noch Ausschnitte aus einer berühmt-berüchtigten Rede Hitlers vom 30.01.1939 in Nürnberg, wo der Diktator mit wahnsinniger Inbrunst die Vernichtung der jüdischen Rasse forderte.
„Der Ewige Jude“ ist in Deutschland und in einigen anderen Ländern verboten und darf nur in besonderem Rahmen gezeigt werden. Letztendlich bleiben die Filme des Nationalsozialismus aber unerlässlich für die politische Bildung, nur mit Kenntnis jener Werke kann dem geschichtlich Interessierten das volle Ausmaß der deutschen Propagandamaschinerie bewusst werden.
Fazit: Von all den Filmen, die aus Propagandazwecken im nationalsozialistischen Deutschland gedreht wurden, erscheint mir „Der Ewige Jude“ als der widerlichste und schockierendste. Keinerlei Kunstanspruch ist vorhanden, nur pure Hetze auf ein ganzes Volk wird hier betrieben und die geschichtlichen Hintergründe zeigen, dass das Konzept nur ansatzweise aufgegangen ist.
2,5 / 10