Konzentration aufs Wesentliche: Bereits mit dem einschlägigen Titel ihres Rachefilms macht die französische Autorin und Regisseurin Coralie Fargeat keinen Hehl daraus, dass es einmal mehr ums halbnackte Überleben geht. Auf audio-visueller Ebene wird überwiegend geklotzt statt gekleckert.
Eine Villa inmitten einer Wüste: Yuppie Richard und seine Geliebte Jen (Matilda Anna Ingrid Lutz) verbringen hier einige Tage, als Richards Jagdkollegen Stan und Dimitri früher als geplant eintreffen. Nach kleinen Feierlichkeiten wird Jen am nächsten Tag vom verschmähten Stan vergewaltigt, nach kurzer Flucht wird sie an einem Felsabgrund gestellt und hinunter gestoßen. Doch Jen überlebt und sucht nun ihrerseits nach Jagdmaßnahmen…
Vielleicht sollte man nicht unnötig auf medizinische Unwahrscheinlichkeiten herumreiten (zumal es sich um eine vergleichsweise schmale Dame handelt), doch ein Sturz aus Minimum 15 Metern Höhe mit Rückenlandung auf einem spitzen Ast, welcher anschließend aus der Bauchdecke hervorragt? Allein durch die Wucht des Aufpralls müsste das Genick mindestens angeknackst sein, ganz zu schweigen von der Wirbelsäule und dem ungeheuren Blutverlust. Andererseits, hier wird mehr Blut vergossen, als die Individuen eigentlich im Körper haben.
Bis es soweit ist, dreht Fargeat gekonnt an der Spannungsschraube, wobei die klaren, teils grellen Farben im netten Kontrast zur latent bedrohlichen Stimmung stehen, welche vom unerwarteten Besuch der Fremden ausgeht. Die Vergewaltigungsszene beschränkt sich glücklicherweise aufs Notwendigste, wogegen im Verlauf die eine oder andere explizite Gewalteinlage auszumachen ist. Spätestens, als Scherben eine halbe Fußsohle auftrennen und das Blut literweise aus Einschusswunden sickert, werden Splatterfans mit stark getricksten Einlagen bedient.
Zudem gibt es einige, nun ja, audio-visuelle Eruptionen. Beeindruckend ist das, als Bluttropfen wie riesige Farbbomben dicht neben einer Ameise hernieder gehen, weniger schön ist das genüssliche Zerkauen eines Schokoriegels in Nahaufnahme, einschließlich vieler Krösel zwischen den Zähnen. Wiederum gekonnt sind die kleinen Farbspielereien gegen Finale, welches gegen Ende einem Lauf im blutgetränkten Labyrinth gleicht.
Storytechnisch sind indes nur wenige Überraschungen zu erwarten. Nicht umsonst wird die Wirkung einer Droge beschrieben, die anschließend in der Halskette unserer Wüstenamazone landet und wer seine Gegner unterschätzt, wird eben in einem unkonzentrierten Moment überrascht. Flott und größtenteils spannend geht das Treiben dennoch über die Bühne und bei freizügigen Szenen wird gar auf Gleichberechtigung geachtet.
Darstellerisch sticht natürlich Frau Lutz deutlich hervor, indem sie mit ordentlichem Körpereinsatz und glaubwürdiger Mimik performt, wogegen die Herren, nicht zuletzt aufgrund mangelnder Figurenzeichnungen ein wenig blass und austauschbar bleiben.
Neben der starken Kamera fällt der gut abgestimmte Score auf, der sich mit einigen basslastigen Sequenzen und manchen leichten Synthiebeats an Musik der 70er und 80er orientiert und oftmals an Goblin“ erinnert.
So ergibt sich unterm Strich ein mit 108 Minuten anfangs ein wenig zu ausladender Rachefilm, dem während der eigentlichen Hatz zu keiner Zeit die Puste ausgeht.
Neben einigen spannenden Einlagen wird jede Menge Blut vergossen, optisch vermögen einige Spielereien Glanzpunkte zu setzen, nur der Verlauf überrascht insgesamt eher selten.
Genrefreunden harter Kost definitiv zu empfehlen.
7 von 10