Review

Was für ein Brett!

Zunächst war ich skeptisch, ob eine Fortsetzung zu "Blade Runner" (den ich zu meinen absoluten Lieblingsfilmen zähle) überhaupt sein muss. Doch da hier Denis Villeneuve Regie führte, hatte ich schon eine gewisse Erwartungshaltung - und die wurde beiweitem übertroffen. Diese Bilder, dieser Sound, diese hypnotisierende Kraft - ein überwältigender Rausch der Sinne.

Was Denis Villeneuve hier zelebriert hat, ist mMn mit Worten schwer zu beschreiben. Man muss diesen Film selbst gesehen, erlebt und gefühlt haben. Nicht nur audiovisuell, sondern auch emotional wird man hier buchstäblich hineingesogen und in eine andere Welt katapultiert. Eine Welt, in der sich die Menschen ihre eigene triste Hölle geschaffen haben und in der die künstliche Intelligenz anfängt zu rebellieren, weil sie etwas entdeckt hat, was die Menschen offenbar schon längst aus den Augen verloren haben: Das Wunder des Lebens, der Existenz und des eigenen Bewusstseins - und Poesie.

In fast schon schwerelos ruhigen Einstellungen lässt Kameramann Roger Deakins Licht und Schatten mitteinander tanzen. Ein kinetisches Wechselspiel der Formen und Farben, untermalt von einem unglaublich kraftvollen und sphärischen Soundtrack. Mit diesen Stilmitteln beschwört Denis Villeneuve eine mystische, fast schon sakrale Atmosphäre herauf und nimmt den Zuschauer mit auf einen Flug ohne Haltegurt.

Ryan Gosling erweist sich einmal mehr als Traumbesetzung, mit seiner minimalistischen Art, die doch sehr aussdrucksstark ist. Besonders hervorheben möchte ich auch Sylvia Hoeks, die mit ihrer Intensiven Darstellung des Todesengels LUV eine Glanzleistung abliefert und ebenso faszinierend, wie bedrohlich wirkt. Überhaupt der ganze Cast ist schlicht brilliant. Man spürt, dass die Darsteller in ihren Rollen aufgehen. Sie spielen sie nicht einfach, sondern sie leben sie. In der traumhaft ästhetischen Bildgestaltung verschmelzen sie förmlich mit der Welt, in der diese Geschichte spielt.

Trotz der epischen Langsamkeit, mit der Villeneuve den Film dahingleiten lässt (Sergio Leone lässt grüßen), vergeht die Zeit fast wie im Flug. Wenn dann Harrison Ford auf der Bildfläche erscheint, schlägt die Inszenierung dezent humorvolle Töne an. Für einen Moment erdet Harrison Ford die cineastische Traumreise, mit seiner lakonischen und bodenständigen Art.

Im Finale entfesselt der Film noch einmal eine ungeheure Kraft, die den Zuschauer atemlos und mit voller Wucht in den Sitz presst, um ihn schließlich sprachlos (und in meinem Fall zu Tränen gerührt) zu entlassen - mit einem der schönsten und emotional aufwühlensten Momente, die ich seit langen in einem Film gesehen habe. Das ist mehr als ein Film, vielmehr eine spirituelle Erfahrung - die pure Magie der Filmkunst!

Denis Villeneuve hat hier seine ganz eigene Interpretation der "Blade Runner"-Geschichte kreiert, die unverkennbar von Ridley Scotts Stil inspiriert ist und seine Vision konsequent und stimmig weiterdenkt. Und doch geht er einen ganz anderen Weg, setzt neue Akzente und schafft ein weiteres Werk für die Ewigkeit.

Kleines (aber feines) Detail am Rande: In einer Szene hört man dezent leise, aber deutlich erkennbar die Maschinengeräusche aus dem Inneren des Raumfrachters "Nostromo".

Epische 10/10

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