Ein achtminütiger Kurzfilm über Buttgereits Vater, der im Laufe seines Lebens eine Zyste aus seinem Gehirn entfernt bekam, danach unter Gleichgewichtsstörungen litt, stark zunahm und schließlich 1993 nach einem Herzanfall von seinem Sohn tot im Fernsehsessel gefunden wurde.
Was für den kleinen Jörg in den Siebzigern und frühen Achtzigern als Scherz für seinen Freundeskreis begann, den Vater heimlich mit der Kamera zu filmen, wird durch die nachträgliche Veröffentlichung nach dessen Ableben wohl zu so einer Art Auseinandersetzung mit der eigenen Trauer und dem Verlust eines geliebten Mitmenschen. Wie für Buttgereit üblich ist das Bildmaterial auf Super 8 gedreht worden und dementsprechend dunkel und trist. Auch die Musik ist, wie bei dem Berliner Undergroundfilmer nicht anders zu erwarten, melancholisch und schwermütig, aber auch sehr einprägsam. Eine etwas makabere Art, eine Person, die einem so nahe stand, in dieser Form ein Denkmal zu setzen: Ihn erst im Unterhemd und beim Futtern vor der Glotze zu zeigen, dann Zysten und Gehirnmasse aus der Pathologie einzublenden, den Vater mit immer fülligerem Leibesumfang zu filmen und am Ende eine Standaufnahme eines Mittagschläfchens als symbolisches Bild seines Todes zu verwenden. Nicht umsonst kaufen viele Kritiker Buttgereit daher nicht ab, dass es sich um eine ernst gemeinte (teils auto-) biografische Darstellung handelt, eher um eine respektlose und ungebührliche Vermarktung alter Privataufnahmen zu kommerziellen Zwecken. Der Vorwurf lässt sich nicht von der Hand weisen und auch ich sehe diesen morbiden Einblick in Buttgereits Familienleben mit gemischten Gefühlen. Mag er wegen künstlerischer Ambitionen oder seinem realen tragischen Hintergrund auch noch so viele Preise auf internationalen Filmfestivals eingeheimst haben, aber dieser Kurzfilm ist trotz seiner knappen Laufzeit schwerfällig, wirkt beim zweiten Ansehen schon nicht mehr so prägnant wie beim ersten und ist wegen der trivialen Momente aus den heimischen vier Wänden der Buttgereits allzu persönlich. Ein unterbelichtetes Heimvideo als kleiner Kunstfilm über den eigenen verstorbenen Vater ist eine fragliche Angelegenheit. Eine Person fast nur auf ihre lange Krankheit zu reduzieren, wird diesem Menschen eben niemals gerecht. Gehen wir gnädigerweise einfach mal davon aus, dass Buttgereit hier ursprünglich nur seinen eigenen Schmerz ehrlich verarbeiten wollte. Doch warum musste er diese Aufnahmen bloß der Öffentlichkeit zugänglich machen?
5 von 10.