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„Mein Papi“ ist ein Kurzfilm Jörg Buttgereits, der im Gegensatz zu seinen ersten Spielereien mit Super 8 Kameras, die dann als „Kurzfilme“ angepriesen wurden, durchaus einen ernsten Hintergrund hat. Jörg Buttgereits Vater lebte von 1936- 1993, wurde also nur 57 Jahre alt.
Er war Bierfahrer bei Engelhardt, einer damals großen und wichtigen berliner Brauerei, die es heute gar nicht mehr gibt. Bereits 1973 klagte er über starke Kopfschmerzen, er sieht schlechter und verliert seinen Orientierungssinn. Schlussendlich wird aus seinem Kleinhirn eine Zyste entfernt. 1985 ist die Zyste nachgewachsen. 1989 stirbt Frau Buttgereit ab Krebs.
Am 08.03.1993 findet Jörg Buttgereit seinen Vater tot im TV-Sessel vor. Er starb bei Kaffee und Kuchen und hatte offensichtlich einen Herzinfarkt.

Ich möchte dieses Filmchen von Jörg Buttgereit nicht mit Punkten werten. Zu weit weg bin ich vom Familienleben der Familie Buttgereit, dass uns Jörg offensichtlich allzu gern unter der Nase halten möchte.
Ohne diesen Film also qualitativ zu bewerten, der durchaus einen einfachen Mann gewidmet sein mag, dessen Person ich durchaus gerne und auch unbekannter weise Gedenken möchte, war ich doch eher irritiert. Ein dicker Mann (ja, dick war er, jeder konnte das sehen) stirbt, nachdem er zum zweitenmal etwas mit dem Herzen hatte. Da wuchs was im Gehirn, was mal entfernt wurde, aber dann wohl doch nicht die offizielle Todesursache von Herrn Buttgereit war. Jörg breitet es aber aus, die Zyste. Er stellt sie bildlich dar. Warum tut er das? Jörg Buttgereit muss dann dem mehr oder weniger interessierten Zuschauer auch (fast pro forma) verraten, dass auch seine Frau Mutter 1989 starb, die an Krebs litt. Freilich widmete er seiner Frau Mutter nicht einen seiner Kurzfilme.
Was mich richtig irritierte war die Vorwegbemerkung Buttgereits , alles heimlich gefilmt zu haben. Wow! Jörg ist also ein richtiger kleiner verdeckter Verhüllungsjournalist, oder was?
Da geht er also jahrzehntelang gegen seine eigene Familie vor und sammelt fleißig Material!

Irgendwie ist das jetzt alles so traurig und jämmerlich, dass ich aufhören muss über so was zu schreiben. „Mein Papi“ hat mich zunächst beeindruckt. Ich fands gut, so einen Mann zu würdigen, den sonst vielleicht niemand würdigt. Dann kam mir jedoch ein Gedanke: Was würde ich selbst tun, wenn mich ein Familienmitglied Jahrzehntelang filmen würde und das Material später heimlich veröffentlichen würde? Gott ja, was würde ich kotzen!
Lassen wir es also dabei. Jörg Buttgereits Handeln ist für mich nicht nachvollziebar. Ich lasse diesen Kurzfilm, der ansonsten durchaus beeindrucken kann, lieber unbewertet.

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