Review

kurz angerissen*

Sympathisch wirken sie nicht unbedingt, die halsbrecherischen Abenteurer, denen dieser Film gewidmet ist; zumindest nicht auf die mutmaßliche Couchkartoffel, die sich "Jungle" vom sicheren Sofa aus anschaut und vermutlich nie selbst einen Fuß in den Dschungel gesetzt hat. Müssen sie aber auch nicht, denn aus den euphorisierten Zuneigungsbekundungen Gleichgesinnter irgendwo im grünen Nirgendwo von Bolivien wird in Windeseile Darwin'scher Psychoterror - zunächst im Rahmen einer Vier-Personen-Gruppendynamik jenseits zivilisatorischer Schutzpfeiler, dann als nackter Überlebenskampf eines Einzelnen gegen die Natur.

Greg McLean benötigt kaum Spezialeffekte oder andere Katalysatoren, um die Bedrohung greifbar zu machen. Es reicht schon zu verstehen, dass die Unwirtlichkeit der Wälder alleine den Tod bedeuten kann. Daniel Radcliffe, der bereits mit "Swiss Army Man" Erfahrungen in der Wildnis machen konnte, meistert sein schauspielerisches Survival-Programm mühelos und reißt in allen Facetten seiner Darstellung mit - zuerst als naiver Träumer, dann als übermütiger Entdecker (mit einer gewissen Arroganz gegenüber jenen, die mit seinen Trieben nicht mithalten können), schließlich als Überlebenskünstler wider Willen. Traumsequenzen direkt aus dem Gehirn des übermüdeten und delirierenden Backpackers treiben die Immersion weiter voran, dabei hätte es dieser visuellen Reize nicht einmal unbedingt gebraucht; schon durch den situationsbedingten Wandel in der Denkweise der Hauptfigur erreicht der Film eine hohe Intensität, durch die grundverschiedenen Ansätze in jedem der drei Akte zudem einen hohen Grad an Abwechslung.

"Jungle" ist am Ende nicht unbedingt ein Portrait menschlichen Überlebenswillens, sondern eher eine Würdigung seiner besonderen sozialen Ausprägungen. Er bewundert die Selbstlosigkeit, mit der sich ein Mensch für das Leben eines anderen Menschen einsetzen kann, nicht aber ohne auch einen Blick auf die Abgründe der menschlichen Natur zu werfen. Und die Texteinblendung vor einem Abspann, normalerweise das lästige Anhängsel einer jeden "True Story", hat einen Film rückblickend noch nie so sehr in einem anderen Licht erscheinen lassen. Auf der sicheren Couch bleibt so immerhin ein mulmiges Gefühl zurück.

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