Termination. Welch wohlklingendes Wort für jeden, der bis zu diesem Punkt gelangt ist und immer noch genug Gehirnzellen übrig hat, einen halbwegs klaren Gedanken zu fassen. Man schreckt plötzlich aus dem Halbschlaf auf wie beim „Amen“ in der Christmette. Termination. Ach! Die baldige Erlösung scheint auf einmal in greifbarer Nähe. Ist Charles Band etwa endlich gewillt, die unverbesserlichen Komplettisten unter uns in die Freiheit zu entlassen? Ist das Marionettenkreuz ein für allemal in seine Einzelteile zerlegt? Entbindet er uns von der Qual, der Demontage seiner Puppen-Chroniken weiter beizuwohnen? Gönnt er uns das süße Ende, den Licht am Ende des Tunnels?
***Breaking News: Charles Band kündigt neue Solo-Filme mit Blade und Dr. Death an***
Neeeeeeinnnnn!
Zu früh gefreut: „Puppet Master: Axis Termination“ bezieht sich dann wohl von Rechts wegen lediglich auf den Abschluss der vorliegenden Trilogie. Vom Ende der Puppenfilme hat ja keiner was gesagt. Terminiert werden hier keine zukünftigen Geschäftspläne, sondern in erster Linie die beiden Protagonisten des Vorgängers „Axis Rising“. Da schafft man es diesmal tatsächlich, die Hauptdarsteller des letzten Teils nach fünf Jahren wieder zurückzuholen – ein Kunststück immerhin, das beim letzten Mal nicht gelang – und dann werden sie gleich in der ersten Szene unsanft über den Jordan befördert. Dahingemeuchelt durch die billigsten CGI-Kalibereinschläge, die das menschliche Auge je sah. Byebye, Danny und Beth. Euer Leben hatte letztlich keinen richtigen Sinn. Warum wart ihr nochmal gleich dabei?
Charles Band tut wirklich alles dafür, sein Triptychon der Puppenkriege, das zu Beginn der Planungsphase in seiner Fantasie wahrscheinlich wie ein Gemälde von Otto Dix ausgesehen haben muss, zu zerstückeln wie einen Klumpen Hackfleisch in der Pfanne. Kaum zu glauben, dass dieses grelle Getöse zur gleichen Phase gehört wie der Auftakt unter der Regie von David DeCoteau, der zwar inhaltlich unheimlich langatmig geriet, in der visuellen Gestaltung aber durchaus einigermaßen anspruchsvoll (immer im unmittelbaren Vergleich, versteht sich; wir wollen ja hier keine falschen Erwartungen wecken). Seit Band das Ruder wieder übernommen hat, streben Anspruch und Ordnung aber zunehmend ins Chaos. Es fühlt sich ungefähr so an, als müsste man hilflos dabei zusehen, wie ein kleines Kind ungestört Tomatensoße über das Originaldrehbuch von „Das dreckige Dutzend“ kleistert.
Obgleich der Regisseur und Produzent in Interviews wie üblich beteuerte, er habe hier den wohl besten Teil der Reihe zu verantworten, dürfte sein Interesse an seiner eigenen Marke wohl nie so gering gewesen sein wie hier. Die Finanzierung legt er in die Hand erwartungsfroher Fans bei IndieGoGo, zwecks Vermarktung über seinen Full-Moon-Streamingkanal zerlegt er den Schlussteil der Trilogie in eine weitere Sub-Trilogie zur Häppchen-Auswertung für die Abonnenten, was den dramaturgischen Aufbau des Skripts letztlich dermaßen zerbröselt, dass man das Gefühl hat, eine ziemlich obskure Webserie zu verfolgen, bei der Affen in Ketten das nächste Kapitel in die Schreibmaschine hämmern, während das aktuelle Kapitel gerade läuft. Was die bisherigen Geschehnisse angeht, wird ohne Rücksicht auf Verluste Tabula Rasa gemacht… mal wieder. Diesmal müssen wir uns mit einer Gruppe mental Begabter anfreunden, angeführt von einem Kleinwüchsigen mit russischem Akzent. Und was ist das bloß für eine Gruppe. Weil die gesamte Crew von „Axis Rising“ wohl immer noch darunter litt, dass Stephanie Sanditz im letzten Teil nicht ihre Bluse aufknöpfen wollte, wurde als Ersatz nun ein „sexuelles Medium“ ins Skript geschrieben, damit Alynxia America einen Großteil ihrer Auftritte als oben ohne tanzender Hintergrundschmuck verbringen kann. Tania Fox und Kevin Scott Allen führen die Tradition überzeichneter Nazi-Comicreliefs fort, während Paul Logan die G.I.Joe-Rolle übernimmt. In einer Statistenrolle als „Flamboyant Nazi #1“ entdeckt man sogar David DeCoteau, Regisseur von „Axis of Evil“. Es sind eben die kleinen Freuden, an die man sich klammern muss.
Klar mitverantwortlich für die katastrophalen Eindrücke, die „Puppet Master: Axis Termination“ sogar im Trilogie-internen Vergleich hinterlässt, ist auch gerade das Zusammenspiel von Kamera, Beleuchtung, Kostümen und Produktionsdesign. Es ist fast so, als seien die Macher bei Dario Argento in die Ballettschule eingebrochen und hätten sämtliche Farben mitgehen lassen. Rot, grün, blau… in hautzersetzender Überdosierung werden die armen Darsteller von der Seite angestrahlt und geradezu ersäuft in der Tunke. So radioaktiv kann auch Rob Zombies farbenfrohe „Munsters“-Adaption nicht geworden sein. Unvorteilhaft wirkt sich solche Beleuchtung bei weitem nicht nur auf die Falten der Darsteller aus; auch die Bügelfalten der frisch aufgehängten Nazi-Banner kommen durch das Farbspiel ganz besonders deutlich zur Geltung. Ein Großteil der genutzten Kostüme wurde vermutlich kurz vorher noch im örtlichen Walmart besorgt. Und die wirklich unschöne Digitaloptik wäre drauf und dran, die ganze Angelegenheit wie eine Reality Show wirken zu lassen, wäre das Treiben auf dem Fernseher nicht so surreal.
Was die Spezialeffekte angeht, brüstete man sich bei der Crowdfunding-Kampagne damit, nach langer Zeit endlich wieder richtige Stop-Motion-Effekte einzubauen. Und da, tatsächlich! Pi mal Daumen zwei kurze Einstellungen von sich streckenden, bückenden oder aufstehenden Puppen mit je etwa einer halben Sekunde Dauer haben es tatsächlich in den Film geschafft. Wenn man da mal nicht soeben einen hochgestreckten Daumen aus David Allens Grab hat aufsteigen sehen. Abseits dieser Highlights, die man nur mit Streichholz zwischen den Augenlidern nicht im Wimpernschlag verpasst, sind die Effektmacher nach elf (!) Teilen endlich mal auf die Idee gekommen, ein paar Darsteller als Blade, Tunneler & Co. zu verkleiden, sie über ein Green-Screen-Feld turnen zu lassen und sie in verkleinerter Form in den Film zu kopieren. Unglaublich im Grunde, dass das so lange gedauert hat… alles Weitere wird wie gewohnt mit klassischen Drähten und sonstiger Mechanik gelöst. Es rummst wenigstens mal etwas lauter (auch dank der Ballermänner von Blitzkrieg und Bombshell), und wenn Weremacht zubeißt, wird es sogar mal ein bisschen blutig. Allgemein hatte so mancher älterer Teil durchaus weniger Action zu bieten, was aber nicht bedeutet, dass dem Kriegsspektakel auf dem Cover-Artwork auch nur in irgendeiner Weise Rechnung getragen wird.
Die Puppen sind in „Puppet Master: Axis Termination“ aber auch gar nicht das Problem. Im Gegenteil, wie verlorene Welpen wirken sie, die man einfach nur beschützen möchte, weil selbst sie in ihrer nicht gerade mit vielen Höhen gesegneten Existenz noch nicht so viel Elend gesehen haben. Der Abschluss der Axis-Trilogie ist an Faulheit und Zuschauer-Verachtung kaum zu überbieten. Man glaubt beinahe, die trotzige Reaktion eines Filmemachers zu sehen, dem man über all die Jahrzehnte nie das Budget gewährte, um das Epos zu erschaffen, das er seinen Schöpfungen immer gewünscht hatte. Dabei ist Kreativität nicht an ein Budget geknüpft. Jeder Fan der ersten Stunde hätte auch ohne das Grün von Dollarbündeln allen Respekt der Welt übrig gehabt, wenn wenigstens die Liebe zum Detail durchgerungen wäre. Diesem Film jedoch Respekt zu bekunden, ist nahezu ein Ding der Unmöglichkeit.