Wenn das Tor zur Hölle verschlossen ist, kehrt das Böse zur Erde zurück.
Und in der Fortsetzung zum Italo-Horror-Hit Dèmoni (Dämonen 2; in Good Old Germany wurde die Reihenfolge der Filme nämlich vertauscht) kommt das Böse aus dem Fernseher und korrumpiert die labile, arglose und heftig mit Stimmungsschwankungen kämpfende Sally (Coralina Cataldi-Tassoni, Opera) just an ihrem Geburtstag! Die hübsche junge Dame verändert sich fortan sehr zu ihrem Nachteil und attackiert alles, was ihr vor das geifernde Dämonenmäulchen respektive die krallenbestückten Dämonenpfötchen stolpert. Bald ist im modernen Hochhaus, in dem sie das Appartement bewohnt, wo die Geburtstagsparty steigen sollte, die Hölle los, sehr zum Leidwesen der Mieter und Besucher, die da unter anderem wären: Die hochschwangere Hannah (Nancy Brilli, Camping del terrore) und ihr Mann George (David Edwin Knight), Fitnessbudenbetreiber Hank (Bobby Rhodes, L'ultimo cacciatore) und seine muskelbepackte Klientel, das Luxus-Call-Girl Mary (Virginia Bryant, The Barbarians), eine allein lebende Frau (Anita Bartolucci) mit ihrem Hund, sowie die kleine Ingrid (Asia Argento (La chiesa, Trauma, La sindrome di Stendhal, Il fantasma dell'opera) in ihrem Spielfilmdebut) samt Eltern (Antonio Cantafora und Luisa Passega).
Ich muß gestehen, daß ich Dèmoni 2... l'incubo ritorna früher wesentlich schwächer als den Vorgänger fand, eine Fehleinschätzung, die ich hiermit revidieren möchte. (*) Zwar ist der Film in einigen Bereichen zweifellos schwächer, aber das macht er durch seine anderweitigen Stärken wieder so sehr wett, daß sich beide Dèmoni-Filme letztendlich nichts schenken und sich auf Augenhöhe gegenüberstehen. Was gibt es also am Streifen auszusetzen? Nun, der Grundplot ist lediglich eine Variation der bekannten Thematik, wobei der Schauplatz vom Kino in einen Wohnkomplex verlegt wurde. Der Film-im-Film ist eine Art Dokumentation und handelt von vier Jugendlichen, die eine abgesperrte Zone erforschen. Sämtliche Figuren sind einmal mehr dürftig charakterisierte Stereotypen, zu denen man keine emotionale Bindung aufbauen kann. Am ehesten fiebert man noch ein wenig mit George und Hannah mit, der Rest ist kaum mehr als uninteressantes Kanonen- bzw. Dämonenfutter. Wie bei Dèmoni gibt es auch hier wieder einen ärgerlichen Nebenhandlungsstrang; der ist diesmal sogar noch dämlicher (Sally Ex-Freund Jacob (Bruno Bilotta) ist unterwegs zur Party) und - man höre und staune - crasht mit Karacho zielsicher ins Leere.
Im Vergleich zum Vorgänger wurden auch die Gewaltspitzen gehörig abgefeilt, was Dèmoni 2 trotz beachtlichem Body-Count einiges an Härte nimmt. Der Film wirkt einfach generell zurückhaltender, zahmer und unblutiger. Auch den enthusiastischen Drive von Dèmoni konnte (oder wollte) man hier nicht in diesem Ausmaß reproduzieren; dem Film mangelt es somit ein wenig an Schmackes, an Power, an Schwung. Das könnte natürlich auch damit zusammenhängen, daß Simon Boswells durchaus guter Score dem von Claudio Simonetti nicht ganz das Wasser reichen kann (das geniale Titelstück Démonica ausgenommen), und daß die Popsong-Auswahl, diesmal von Gruppen bzw. Sängern wie The Smiths, The Cult und Peter Murphy, leider eher lahm und beliebig ausgefallen ist. Dem gegenüber steht das zwar episodenhafte, dafür aber auch recht abwechslungsreiche Drehbuch, welches erneut von den Herren Dario Argento (auch Produktion), Lamberto Bava, Franco Ferrini und Dardano Sacchetti verfaßt wurde. Sehr schön ist etwa der ironische Einstieg ins Geschehen mit dem "blutbesudelten" Messer, und auch den Schluß finde ich um einiges besser als das doch etwas platte wenngleich recht garstige Standard-Ende des Vorgängers. Die "Auflösung" hier ist ambitioniert und erfreulich rätselhaft, fast schon visionär.
Wo Dèmoni 2 allerdings wirklich glänzt, das sind die zahlreichen Set-Pieces, die exzellent gestaltet und grandios in Szene gesetzt sind. Man denke nur an die beeindruckende Sequenz, in welcher der Dämon die Wand zwischen Fiktion und Realität durchbricht, aus dem Fernsehen durch das TV-Gerät in unsere Welt herüberwechselt. Oder die sensationelle Einstellung, als das bereits infizierte Geburtstagskind bei Gegenlicht als unscharfe Silhouette aus ihrem Zimmer tritt, mit der leckeren Torte im Vordergrund (für mich eine der schönsten Szenen der gesamten Horrorfilmgeschichte; kein Wunder, daß dieses immens stimmungsvolle Motiv u. a. auch als Poster-Artwork für Italien und Deutschland diente). Oder die Horde Dämonen, die - von unten nach oben gefilmt - das Stiegenhaus herabstürmt, während sich die Kamera leicht zu drehen beginnt. Nicht zu vergessen Hannahs langer Kampf mit dem drolligen Mini-Dämon bei flackerndem Lichtschein, ihre einfallsreiche, unorthodoxe Gegenwehr (Stichwort: Maniküre) und das unrühmliche Ende des fiesen kleinen Rackers. Mich hat diese Sequenz stark an die dritte Episode von Dan Curtis' Trilogy of Terror (1975) erinnert, wo sich Karen Black der außer Rand und Band geratenen Zuni Fetish Doll erwehren mußte.
Im Gegensatz zum Vorgänger gelingen Lamberto Bava hier ein paar nette Suspense-Szenen, der klaustrophobische Aspekt kommt besser zum Tragen, und hin und wieder ist Dèmoni 2 sogar ein wenig unheimlich. Sergio Stivalettis und Rosario Prestopinos Spezialeffekte sind überwiegend top-notch, wobei insbesondere Stivaletti zeigen darf, was er draufhat. Die von ihm kreierten Transformationen, wie Sallys schaurige Verwandlung oder die Metamorphose des Hundes, wissen auch heutzutage noch zu beeindrucken. Weniger gelungen sind das Design und die (trashige) Animation des Mini-Dämons, auch wenn die Sequenz überaus vergnüglich und denkwürdig ist. Die Atmosphäre ist dichter und eindringlicher als bei Dèmoni, und auch die surrealen, alptraumhaften Einschübe stehen dem stylischen, schlichtweg phantastisch aussehenden Streifen gut zu Gesicht. Von den Schauspielern sticht Bobby Rhodes hervor, der mit seiner lautstarken, aggressiven Tour-de-Force-Performance seine Darbietung in Teil eins sogar noch toppt. Auch Asia Argento, damals süße zehn, überzeugt, wobei man nur hoffen kann, daß man sich am Set gut um sie gekümmert hat. Die Szenen, denen sie ausgesetzt wurde, sind teilweise starker Tobak und definitiv der Stoff für Alpträume, wenn nicht gar Traumata.
Alles in allem ist Dèmoni 2... l'incubo ritorna somit ein gleichwertiges Sequel, das im Prinzip eine fast identische Geschichte in einem anderen Rahmen neu erzählt, sich gleichzeitig aber auch vom Vorgänger unterscheidet. Daß einem manche Elemente bekannt vorkommen - zum Beispiel aus Filmen wie Shivers, Trilogy of Terror, Alien, Videodrome oder Gremlins - hat mich dabei nicht im Geringsten gestört, erscheinen sie doch in neuem Zusammenhang fast schon wieder originell. Mit diesem Film hat die Dèmoni-Reihe auch schon ihren Abschluß gefunden, was jedoch findige Produzenten und Verleiher nicht davon abhielt, die populäre Reihe inoffiziell "fortzusetzen". Die Ausnahme ist natürlich Michele Soavis großartiger La Chiesa (The Church aka Demons 3, 1989), welcher ursprünglich ja als dritter Teil der Dämonen-Saga konzipiert war, auf Drängen Soavis dann aber eigene Wege beschritt. Umberto Lenzis stimmungsvoller Black Zombies (1991) heißt im Original zwar Demoni 3, hat mit der Reihe aber in etwa so viel zu tun wie Bruno Matteis Terminator II (Contaminator, 1989) mit James Camerons Science-Fiction-Kult. Ansonsten geistern noch folgende Filme als "Sequels" herum: Lamberto Bavas La Casa dell'orco (Ghosthouse 2 - Das Ungeheuer lebt aka Demons 3: The Ogre, 1988), Michele Soavis La Setta (The Sect aka Demons 4, 1991), Lamberto Bavas La Maschera del demonio (Black Sabbath aka Demons 5: The Devil's Veil, 1989) und Luigi Cozzis Il Gatto nero (Dead Eyes aka Demons 6, 1989).
(*) Da ich im Folgenden einige Vergleiche zwischen den beiden Filmen anstelle, empfiehlt es sich vielleicht, vorher meinen Text zu Dèmoni (1985) zu lesen.