Review

Uff, wird viel gestorben, hier. Erschossen mit Pistole, Gewehr oder Pfeil, erstochen, erwürgt, erhängt. Und weil es sich um einen Autoren-Western handelt, wird die Gewalt nicht ästhetisiert. Es gibt keine spannenden Shoot-Outs, keine coolen Typen mit tief hängenden Colts, keine staubigen Mainstreets, keine Saloons mit der üblichen Besetzung von den Huren bis zut Pokerrunde und auch keinen Tumbleweed.
Der Film beginnt mit einem richtig miesen Überfall einer Bande Komantschen auf eine brave Siedlerfamilie, bei der Vater und drei Kinder gemeuchelt werden. Nur die Mutter, Rosalee Quaid (Rosamund Pike), überlebt.
Cut: Ein Indianer nebst Familie wird auf ziemlich raue Art und Weise von Soldaten eingefangen. Soll uns sagen: Beide Seiten agieren voll ungezügelten Hasses.
In der Folge geht es dann darum, das der Anführer der Soldaten, Captain Blocker (Christian Bale) den aus humanitären Gründen aus der Haft entlassenen Chief Yellow Hawk samt Familie in dessen alte Heimat bringen/begleiten soll. Blocker erweist sich allerdings als ziemlicher Indianerhasser. Wohl aus seiner Geschichte heraus, denn ein Rassist ist er nicht, wie eine ziemlich berührende Szene mit einem seiner schwarzen Soldaten später beweisen wird.
Der Film erzählt seine Geschichte relativ gemächlich, aber trotz über zwei Stunden Laufzeit in jeder Sekunde faszinierend. Die Atmosphäre ist dabei zumeist drückend, belastet vom Hass, vom Tod, der nie weit ist, von den Schlachten, Kämpfen und Gräueln der Vergangenheit sowie der mangelnden Aussicht auf Besserung.
Hoffnung scheint dann in den Charakteren von Bale und Pike auf sowie Wes Studi als krebskrankem Chief. Aber obwohl Bale mal wieder absolut oscarreif agiert, ebenso wie Pike in der ersten Hälfte des Films, als das Drehbuch ihr noch was zu spielen gibt, ist es mir in Nachhinein ein Rätsel, welche Worte oder Taten eigentlich aus dem Indianerfresser einen versöhnlichen Mann werden lassen, der den Häuptling als seinen Freund betrachtet. Gleiches gilt im Grunde genommen für die Pike als Quaid, die allerdings nicht als vom Hass zerfressen sondern als vom Massaker an ihrer Familie traumatisierte Frau gezeichnet wird. Dafür lässt sie sich dann aber ziemlich schnell von den Indianerinnen ein Kleid schenken.
Vielleicht hab ich ja was verpennt, dann korrigiere man mich, aber bei beiden sehe ich den Sinneswandel durch absolut nichts begründet. Meiner Meinung nach verhindert nur das exzellente Schauspiel, dass dieser Umstand deutlicher auffällt.
Apropos auffallen: Noch nie habe ich einen Film gesehen, in dem beim Sprechen so viele Silben verschluckt wurden. Ohne Untertitel wäre ich echt aufgeschmissen gewesen, keine Ahnung, ob das in der deutschen Synchro zum Tragen kommt. Aber der Slang kommt wahnsinnig eindrücklich daher und wirkt irgendwie ungeheuer authentisch, obwohl ich keine Ahnung habe, ob Silbenschlucken im Wilden Westen en voque war.
Trotz der fehlenden inhaltlichen Kohärenz, beeindruckt der Film zutiefst und bietet gleich reihenweise Szenen, die im Gedächtnis bleiben (die ich hier als guter Nichtspoilerer aber mal unterlasse zu benennen).
Sein Bemühen indes, keine Seite zu dämonisieren, aber auch keine zu idealisieren, ist zwar ehrenhaft, aber eigentlich sehe ich das ja so: Indianer haben immer recht, die Weißen nie. Denn sie sind die Invasoren, die Landdiebe, die Mörder, die Vergewaltiger. Insofern finde ich den Drehbuchtrick, dass die Comanche um des Gleichgewichts willen als fiese im Gesicht bemalte Mörderbande herhalten müssen, doch fragwürdig.
Ach, eins noch. Der aus meiner Sicht völlig unterbewertete Genialist Ben Foster schafft es, seine kleine Nebenrolle mal wieder höchst eindrucksvoll zu gestalten, was im Übrigens genau so für Jesse Plemons gilt.
Sieben Punkte.

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