kurz angerissen*
Der Extreme-Close-Up auf das starrende Auge, den Cattet und Forzani so gerne nutzen, hat Thriller und Science Fiction bereichert, Horror und Western. Warum sollte man sich bei seiner Reproduktion also auf den Giallo beschränken?
Mit seinem Drittwerk „Leichen unter brennender Sonne“ bleibt das französische Paar seinen Fetischen treu und zitiert auch weiterhin Vertreter des Giallo, bricht aber ansonsten radikal mit der bisher gewohnten Genre-Einbettung. Eine Erhöhung auf den bronzefarbenen Schieferklippen der sattgrünen Küstenlandschaft von Korsika wird zum Zentrum einer Belagerungssituation erklärt, das Refugium eines Malers verwandelt sich in ein Western-Fort und schon sind wir mitten in einem Genre, das mindestens seit Leone prall gefüllt ist mit zugekniffenen Augen und unsichtbaren Kugeln, die zwischen ihnen die Plätze tauschen.
Keine Frage, hier arbeiten Crash Zooms, Dolly Zooms, harte Gegenlichtaufnahmen und schnelle Schnitte in hoher Taktfrequenz daran, den Orientierungssinn des Rezipienten durcheinander zu bringen. Statt Blut spritzt auch mal Gold, Glitter oder Farbe; schwer zu sagen, wenn man von der knallenden Sonne am hellblauen Himmel geblendet wird. Bondage-Szenarien und noch weitaus extravagantere S/M-Fantasien werden in ästhetischen Montagen zum Kunstwerk ausgestaltet, während auf der Tonspur wie üblich das Leder in ohrenbetäubender Lautstärke knarzt. Dazu springt die Chronologie im Dreieck: Der schmerzerfüllte Todesschrei einer angeschossenen Polizistin wird wie ein Zeitstempel eingesetzt, anhand dessen ersichtlich wird, wie die Regisseure die Uhr an einem gewissen Punkt immer wieder zurückdrehen, um die Schlüsselszene noch aus einer weiteren Perspektive zu beleuchten.
Auf den Inhalt kommt es nicht an, sondern auf die Wirkung. Und die ist wie gewohnt angesiedelt zwischen konkurrenzloser Extravaganz und vollkommener Redundanz. Wenn Cattet und Forzani einem Medium neben dem Film besonders nahe stehen, dann wohl der Malerei: Für manchen ein Meisterwerk des Action Painting, das unheimlich viel über die Handlungsmuster seines Erschaffers verrät, für andere ein undurchdringliches Gewirr aus sinnlosen Farbklecksen. Diesmal aber mit einem ganz frischen Motiv, dem Start einer neuen Phase womöglich – sofern ein Künstlerfond weiterhin bereit ist, derart kompromissloses Experimentieren zu subventionieren.
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