„Ein Schloss ohne Gruft, das ist wie ein Einhorn ohne Horn!“ stellt Professor Ambronsius treffsicher fest.
Als im Jahre 1922 der erste Vampir das Licht der Leinwandwelt erblickte, nämlich Max Schreck in Murnaus NOSFERATU, wurde ein Genre aus der Katakombe des geschriebenen Mythos zum Leben erweckt, was bis heute die Freunde der bewegten Bilder fasziniert. Insbesondere durch Christopher Lee, der 1958 mit THE HORROR OF DRACULA von Terence Fisher, den blutsaugenden Grafen verkörperte, konnte der Vampirfilm mit Lee als Dracula, bis in die Mitte der 70iger Jahre, einen wahren Boom feiern.
Dass das Vampirgenre jedoch nicht nur zur schaurigen Unterhaltung dienlich war, erkannte Roman Polanski Mitte der 60iger Jahre und versenkte den Holzpflock in des Mythos Herz, um eine waschechte Persiflage des Genres zu kredenzen.
TANZ DER VAMPIRE
Ambronsius (Jack MacGowran) ist ein schusseliger Professor für Vampirismus, der von der Königsberger Universität verbannt wurde, weil er tolldreist die Existenz von Vampiren propagierte. Mit seinem Assistenten Alfred (Roman Polanski) reist er nach Transsylvanien, um für seine Studien die Existenz von Vampiren zu belegen. Beide kommen ziemlich durchgefroren im Gasthaus des Wirts Shagal an und bemerken, dass überall Knoblauch von der Decke baumelt. Für Professor Ambronsius ist der Fall klar: Vampire!
Doch der Wirt und die Gäste bestreiten vehement die aufkommenden Vermutungen des Professors: „Eine Schloss? Hier gibt es kein Schloss! Hier gibt es ja noch nicht einmal eine Mühle!“
Alfred hat derweil jedoch ganz andere Sorgen, denn er hat sich in die sehr attraktive Sarah (Sharon Tate), die Tochter des Wirts verliebt, welche jedoch prompt von Graf von Krolock (Fredy Mayne) gebissen und entführt wird. Der Wirt tritt die Verfolgung von Krolock an, doch wird er selbst zum Vampir dabei. Indem Ambronsius und Alfred den Vampirwirt Shagal verfolgen, gelangen sie ins Vampirschloss des Grafen Krolock. Dort erwartet sie nicht nur ein vorerst sehr höflicher Graf, sondern auch sein sehr schwuler Sohn Herbert (Iain Quarrier), Komplikationen bei der Familiengruftbegehung und schlussendlich ein Ball...
Eine Story, die scheinbar keine Überraschungen zu bieten hat. Dem ist auch fürwahr so, doch stellt dies die Grundfeste von Polanskis Vampirpersiflage dar. Vielmehr sorgen gewitzte Dialoge und urkomische Situationen für die notwendige cineastische Erfrischung und lösen das statisch und klischeebeladene des Blutsaugerfilms, was in seiner tradierten Inszenierung festgebissen scheint, in humorvolle Situationskomiken auf. Leider geht in der deutschen Synchro eine entsprechende Situation verloren, nämlich wo der Vampirwirt Shagal die Magd Magda beißen will und sie ihm das Kreuz vor hält. Hierbei meint Shagal: "You've got the wrong vampire." Klar funktioniert das Kreuz bei Shagal nicht, denn er ist offenkundig jüdischer Abstammung, was man an seinen Peies deutlich erkennt.Darstellerisch sticht besonders Jack MacGowran hervor. Durch seine schusselige Darstellung des Vampirjägers und einer hervorragenden Mimik und Gestik hat er die Gunst des Publikums auf seiner Seite. Roman Polanski im Gegenzug agiert nicht sonderlich schlecht, doch er prägt sich nicht besonders in das Gedächtnis des Zuschauers ein. Sharon Tate, als gebissene Jungfrau und potenzielle Grafenbraut, ist die Idealbesetzung für die Rolle. Sie ist nicht nur ungemein attraktiv, sondern verkörpert par excellence das schlummernde Biest, im Körper der Venus! WOW!
Das Setting von TANZ DER VAMPIRE sucht wahrlich seines Gleichen und ist brillant gewählt. Die verschneiten Berge und Hütten und das unheilvolle und düstere Schloss des Grafen Krolock sind eine wahre Augenweide und untermalen, die zumeist perfekt agierenden Akteursqualitäten von MacGowran und Co. sehr gut. Krzysztof Komeda spendiert einen hervorragenden Score, der sowohl Witz als auch gruselige Passagen des Films vorzüglich untermalt.
Fazit:
TANZ DER VAMPIRE ist ein absoluter Klassiker, der brillant, niveauvoll und intendiert mit der Tradition und den Klischees rund um das Vampirgenre bricht. Ein köstlicher Hauptdarsteller, ein perfektes Setting und ein stimmiger Score machen diesen Film nicht nur für Genrefreunde sehr sehenswert! 10 Punkte