>>>Mit Spoilern<<<
1984 gelang Regisseur James Cameron mit seiner Low-Budget-Produktion "The Terminator" ein Riesenhit, der auf der ganzen Welt zu einem Publikumsrenner wurde und sowohl ihn als auch seinen Star Arnold Schwarzenegger ganz unerwartet über Nacht zum Star machte. Während der österreichische Muskelimport sogleich als "Conan, der Zerstörer" und als John Matrix in "Phantom-Kommando" weitere Rollen annahm und endgültig zum Superstar wurde, ließ Cameron zwei Jahre auf seinen nächsten Film warten. 1985 schrieb er zwar das Drehbuch zu "Rambo II", die Regie gab er aber trotz eindeutiger Angebote an George Pan Cosmatos ab.
Das nächste Projekt, daß ihm angeboten wurde, war allerdings so verführerisch und so gigantisch, daß Cameron unmöglich "Nein" sagen konnte: man bot ihm an, "Aliens" zu inszenieren, die Fortsetzung des megaerfolgreichen und von vielen noch heute verehrten "Alien". Sieben Jahre zuvor begeisterte der erste Teil von Ridley Scott das Kinopublikum auf der ganzen Welt mit einem unglaublichen Spannungsbogen und für die damalige Zeit sensationellen Tricks. Zudem entführte der Streifen das Publikum in eine neue Welt fernab der sauberen "Enterprise", in der die Darsteller durch Schleim und Dreck wateten und sich nicht auf sauberen Kommandodecks über riesige Leinwände verständigten oder sich mal eben schnell "runterbeamen" ließen.
Diese Stiländerungen machten die Leute neugierig, sie hatten genug von der langweiligen Enterprise und rannten in Scharen in die Kinos - der Film wurde zurecht ein Welterfolg. Und wenn man "Terminator" und "Aliens" direkt miteinander vergleicht, war Cameron geradezu prädestiniert für diesen Film, denn ähnlich wie sein „Terminator“ ist auch „Aliens“ eine düstere, actionreiche, atmosphärische und brutale Zukunftsvision, voll von originellen Ideen, innovativen Einfällen und beeindruckenden Effekten.
Aufgrund des Erfolges von Teil 1 macht der lange Zeitraum zwischen Teil 1 und 2 zunächst stutzig, da ansonsten Fortsetzungen ja bekanntlich immer so schnell wie möglich hinterher geschossen werden. Sieht man aber das fertige Resultat, ist unschwer zu erkennen, wieviel Vorausplanungen und unterschiedliche Drehbuchentwürfe notwendig waren, um dem Film eine möglichst ebenbürtige Fortsetzung folgen zu lassen. Keines dieser vielen Drehbücher gefiel den Produzenten wirklich und als man mit Cameron einen fähigen, talentierten und willigen Regisseur fand, der zufällig auch zu seinem genialen Erstlingswerk ein überaus intelligentes Drehbuch selbst verfasst hatte, beauftragte man ihn, sich seinen Film am Besten selbst zu schreiben. Cameron machte sich also an ein Drehbuch, daß qualitativ zum Glück meilenweit von dem zu "Rambo II" entfernt war und sich wieder mehr an seiner düsteren Zukunftvision "Terminator" orientierte.
Während man in seinem Debüt nur wenige Minuten und in Rückblenden (bzw. "Zukunftsblenden") dieser wirklich miserablen, düsteren Zukunft ausgesetzt war, mußte man sich in "Aliens" 154 Minuten (Director's Cut) in eine solch unangenehme, höchst bedrohliche Welt begeben. Und die ist tricktechnisch noch besser, noch düsterer und ausgefeilter inszeniert worden als jemals zuvor. Während Cameron für sein beachtliches Debüt nur knapp 6 Millionen Dollar zu Verfügung hatte und damit Großes inszenierte, konnte er hier die für damalige Verhältnisse beeindruckende Summe von 18 Millionen Dollar auf den Putz hauen, was die Erwartungen an den Film nicht gerade senkte.
Trotzdem kam es zu Auseinandersetzungen am Set, zweimal verließ Cameron die Crew und wollte aussteigen, zudem wollte das Studio einen männlichen Helden in der Hauptrolle, Cameron bestand aber auf Sigourney Weaver, die in Teil 1 zu überzeugen wusste. Schließlich gab man nach, willigte bezüglich Weaver ein und gab den Startschuss zu einer grandiosen Produktion.
Und die Wahl des Regisseurs kann man nur als puren Glücksgriff bezeichnen, denn zu einem so gigantischen Film wäre wohl außer Cameron niemand fähig gewesen. Und ohne lange drum herum zu reden: Cameron ist eine alptraumhafte und unglaublich bedrohliche Zukunftsvision gelungen, die den beeindruckenden Vorgänger in jeder Beziehung sogar noch überbietet. Dies schien lange Zeit aufgrund der Perfektion des ersten Teils unmöglich zu sein, aber Cameron belehrte alle eines Besseren und schaffte mit dem Budget von 18 Millionen Dollar einen Film, der mindestens nach dem Dreifachen aussieht und einen mit seiner optischen Wucht, der gewaltigen Actionszenen und der unglaublichen Spannung förmlich umhaut.
Und dabei beginnt "Aliens" recht gemächlich. Man findet die Raumkapsel, in der Ripley sich seit 57 Jahren im Kälteschlaf befindet, taut sie auf und stellt sie erstmal vor Gericht. Niemand will ihr ihre Geschichte um das außerirdische Monster glauben, zumal auf dem angeblichen Heimatplaneten der Aliens seit langem Siedler leben, die eine künstliche Atmosphäre schaffen sollen, die die Lebensbedingungen verbessert. Als diese sich prompt nicht mehr melden, schickt man einen Rettungstrupp von etwa 20 Marines los - und auch Ripley beschließt nach heftigen Diskussionen, noch einmal an den Ort des Grauens zurückzukehren! Auf den Planeten, auf dem sie damals mit ihrer Crew das Alien mitgenommen haben und kurzerhand fast alle auf grauenvolle Art verreckt sind! Ihre Kenntnisse und Erfahrungen sollen sich im Verlauf des Films mehrmals für viele Soldaten und sie selbst als überlebenswichtig erweisen!
Bis man die ersten Aliens zu sehen bekommt und der eigentliche Teil des Films, die wirklich beeindrucke zweite Hälfte beginnt, die den Kampf der Marines gegen die Übermacht der Aliens zeigt, sind bereits 75 Minuten vorbei (Director's Cut). Aber auch dieser recht lange Zeitraum ist keinesfalls langweilig gestaltet worden. Er ist eine gekonnte Einführung, die es ermöglicht, den Film auch genießen und verstehen zu können, ohne das man den ersten Teil gesehen hat. Am Anfang werden die Ereignisse auf der "Nostromo" noch einmal angeschnitten, wodurch das Verständnis bezüglich der Rolle von Ripley und einigen anderen Sachen erstaunlich leicht fällt. Zudem nimmt man sich Zeit für die Charakterentwicklung. Ripley entwickelt sich zwangsläufig zwischen den ganzen harten, sprücheklopfenden Marines zu einer Kämpferin und legt ihre Opferrolle ab.
Auch im späteren Verlauf des Films mimt sie den stärksten Part von allen, selbst die kampferfahrenene Marines sind alle monotone Opfer. Auch mit einigen dieser Marines beschäftigt man sich für kurze Zeit, um dem Zuschauer kurz ihre Situation darzustellen und dem Zuschauer so eine bessere Identifikation zu ermöglichen. Das ganze Treiben vor der Landung auf den alienverseuchten Planeten ist teilweise humorvoll unterlegt und hat den oben angesprochenen Informationsgehalt, weswegen die 75 Minuten wie im Flug vergehen und den Zuschauer mit den nötigen Informationen versorgen, ohne daß es langweilig wird.
Als man dann schließlich zur Landung ansetzt, zeigt sich endlich, wofür hier 18 Millionen Dollar ausgegeben wurden. Gigantische Sets, die die schleimigen, düsteren und unheimlichen Gänge der zerstörten Raumstation darstellen sollen, aufwendige und für die damalige Zeit exzellente Tricks und Action bis zum Abwinken sorgen ab diesem Zeitpunkt dafür, daß auf 75 informative, einführende und unterhaltsame Minuten nun 80 Minuten pure Hochspannung und Action ohne Ende folgen.
Und diese ohrenbetäubende Action ist der mit Abstand größte Unterschied zu Teil 1. Während man im ersten Teil auf engstem Raum und völlig unbewaffnet gegen ein fremdes Monster kämpfen mußte und dieses nur mit Grips und Intelligenz besiegen konnte, dürfen die stumpfsinnigen Marines, die ihren Gegner mehr als unterschätzt haben, erst einmal ihr beeindruckendes Waffenarsenal verballern, bevor sie von Hunderten von Aliens zerfleischt werden, die es sich auf dem Planeten gemütlich gemacht haben und bis auf ein kleines Mädchen alle Siedler getötet haben. Und hier setzt Cameron dann endgültig eigene Aspekte und neue Maßstäbe, denn ihm gelingt ein genialer Schachzug, wodurch das Unglaubliche geschieht: er schafft es, die beeindruckende, bis zu diesem Zeitpunkt in der Filmgeschichte unerreichte Atmosphäre und Spannung des ersten Teils auf seine Fortsetzung zu übertragen, aber dennoch ein gewaltiges Actionfeuerwerk zu zünden, bei dem einem Hören und Sehen vergeht!
Ab Minute 75 ist man einer unglaublich bedrohlichen, wuchtigen und schon fast pervers gruseligen Martialschlacht ausgesetzt, die in der Filmgeschichte bis heute ihresgleichen sucht. Die Soldaten, die kurz vor der Landung noch ihre prolligen, machohaften Sprüche losgelassen haben, marschieren durch die dunklen Gänge und damit gleichzeitig in ihr sicheres Verderben. Denn die (erstaunlich lebensechten!) Aliens haben sich dem Planeten angepasst und lauern in den Wänden, unter und über den Soldaten und schaffen es so, in einem einzigen Gefecht fast den gesamten Trupp zu umzingeln und zu dezimieren.
Der Sound ist ohrenbetäubend, die Action gewaltig und die Atmosphäre, von der man schon dachte, sie sei nicht mehr zu übertreffen, steigert sich immer weiter. Diese Mischung aus so dermaßen deftiger Action und so ungeheuer großer Spannung hat man danach wohl nur noch bei "Speed" gesehen, ansonsten blieb diese Kombination bis heute einzigartig! Allerdings fehlte dem wiederum die düstere Atmosphäre, die sich auch im zweiten Teil der Sci-Fi-Horror-Saga breit macht.
Ich hatte die Sets ja schon kurz erwähnt, auch hier kann man nur ein riesengroßes Kompliment an die Macher aussprechen, denn die dunklen, unheimlichen und schleimigen Gänge tragen natürlich maßgeblich zur Atmosphäre bei. Als Zuschauer kann man sich kaum eine ekelerregendere und ungünstigere Umgebung vorstellen, um auf Massen von Aliens zu stoßen.
Ein weiterer Pluspunkt, der zur Atmosphäre beiträgt, ist der gewaltige Score, der während der Gefechte und auch zwischendurch ertönt und für weitere Schocks sorgt. Besonders in den Schockszenen kommt er sehr gut zur Geltung, aber auch in den ohrenbetäubenden Schießereien geht er nicht unter oder gerät in den Hintergrund, sondern entfaltet als kräftige Untermalung zum Geschehen seine volle Wirkung.
Und dann natürlich zum Wichtigsten überhaupt: den Aliens. Schon das im ersten Teil war für damalige Verhältnisse unglaublich gut gemacht worden, aber die Viecher im zweiten Teil übertreffen das erste an Realismus um Welten. Die Gesichtszüge sind selbst in der Dunkelheit und den schnell geschnittenen Szenen recht gut zu erkennen und die Bewegungsabläufe wurden verbessert, sodaß sich die Aliens nun wie Raubtiere bewegen. Sie krabbeln unter der Decke, pirschen sich langsam an ihre Beute heran, umzingeln sie lautlos und schlagen dann erbarmungslos zu. Auch in Teil 2 zeigt sich H.R. Giger für die Aliens verantwortlich und man kann auch hier nur sagen: eine großartige Leistung, die Aliens so eindeutig zu verbessern.
Am besten sahen sie natürlich in Teil 4 aus, allerdings waren sie dort auch größtenteils computeranimiert. Hier vertraute man noch auf die klassischem Methoden und hat alle Aliens ein mühevoller Handarbeit selbst hergestellt. Betrachtet man diese Tatsache, kann man erneut nur staunen, daß Cameron diesen gewaltigen Film mit nur 18 Millionen Dollar geschaffen hat.
Und nachdem man diese Monster zum ersten Mal gesehen hat, ist nichts mehr wie es war. Wenn die sogenannten "Motion Tracker", kleine Bewegungsmelder, zu piepen beginnen, man die Aliens aber nicht sehen kann, weiß man als Zuschauer genau, daß sich diese schlauen Biester wieder etwas Neues einfallen lassen haben und jede Sekunde zuschlagen werden. Dieser unglaubliche Spannungsaufbau läuft bis heute außer Konkurrenz.
Und wie oben erwähnt mimt erneut Sigourney Weaver den Part der Ripley. Cameron sei Dank, kann man nur sagen, denn die Weiterentwicklung ihres Charakters zur knallharten Kämpferin stellt Weaver absolut glaubwürdig dar. Nicht eine Sekunde zweifelt man an ihrer Ausdrucksstärke, all die unglaubliche Angst und die rasende Wut bringt sie realistisch und klischeefrei rüber. In der Rolle der Ripley könnte ich mir sowieso keine andere als Sigourney Weaver vorstellen.
Sie ist mir ihrer knallharten Rolle als Fighterin Ripley zum Markenzeichen der starken Frauenrolle geworden und hat sich in einer Männerdomäne erfolgreich durchgesetzt. Ihre Leistung im zweiten Teil halte ich für die beste, da hier die größte Wandlung festzustellen ist. Wie froh bin ich, daß sich Cameron erfolgreich für sie eingesetzt hat. Eine Wahnsinnsfrau!
Und ansonsten sieht mal lauter bekannte Gesichter, muß über die Namen aber zunächst ein bißchen grübeln, sofern sie einem denn einfallen. Und wenn man dann drauf kommt, stelt man fest, daß viele schon in "Terminator" mitgespielt haben. Sie Hauptrolle unter den Marines, Corporal Hicks spielt Michael Biehn, der im ersten "Terminator" den Kyle Reese verkörpert.
Der Androide Bishop wird von Lance Henriksen verkörpert, der mit der Serie "Millenium" bekannt geworden ist, aber ebenfalls im ersten "Terminator" dabei war.
Und auch Bill Paxton, bald mit "Frailty" (seine Regiedebüt) im Kino und mit "Titanic" bekannt geworden, spielt sowohl in "Terminator" als auch in "Aliens" mit. Auch diese bekannten Gesichter, die sich in kleinen Rollen verstecken oder schnell zu Alienfutter werden, tragen zum Unterhaltungswert bei, denn es ist wirklich verwunderlich, wer da so alles dabei ist!
Fazit: Kritiker auf der ganzen Welt überschlugen sich vor Begeisterung und man kann nur sagen: zurecht! Denn Cameron ist das Unglaubliche gelungen: er schaffte es tatsächlich, die unglaubliche Spannung und die düstere Atmosphäre des ersten Teils, die bis zu diesem Zeitpunkt einmalig war, zu erhalten und mit ohrenbetäubender Action zu kreuzen. Dieser atemberaubende Mix ist bis heute unerreicht, da es nie wieder gelang, Action und Spannung so erfolgreich und genial zu vermischen. Die Aliens sind um Welten besser animiert als die erste Kreatur und wirken durch ihre Echtheit noch furchteinflößender und bedrohlicher. Und der Score ist ebenfalls atemberaubend und ist die perfekte Untermalung zu dem 80minütigen NonStop-Actiongewitter! Und da der Film wegen all dieser Aspekte zu einem unglaublichen Erlebnis wird, das den ersten Teil in nahezu jeder Beziehung sogar noch übertrifft, greife ich hier ganz ohne Bedenken zur Höchstwertung!