Das „Aliens“ heute die größere Popularität als der puristische erste Teil aus dem Jahr 1979 genießt, wird gerne dem „höher, schneller, weiter“ – Motto angelastet, dem sich James Cameron scheinbar verpflichtete, in dem er mehr Action, mehr Spannungsmomente und vor allem mehr „Aliens“ aufbot. Das solche Inszenierungsmethoden vordergründig aufgehen und dem Actionliebhaber kindliche Freude ins Gesicht zaubern, erklärt nicht, warum der zweite Teil der „Alien“- Saga, Ridley Scotts Erstentwurf qualitativ nicht nachsteht. Im Gegensatz zur landläufigen Meinung, Cameron wäre die Sache völlig anders angegangen, hat er Scotts Vorstellungen sehr genau erfasst und „Aliens“ auch in dessem Geist umgesetzt.
Als Scott 1979 das „Alien“ auf die Menschheit losließ, bewies er damit ein sehr genaues Gespür für die damalig aufkommenden Ängste. Die Gefahr vor dem Unbekannten beschäftigte die Menschheit zwar schon immer, aber diese hatte eine neue Qualität bekommen - der Schutz der eigenen Privatsphäre schien erstmals ernsthaft gefährdet. Die neuen Computertechnologien, die damals im Vergleich zu heute noch in den Kinderschuhen steckten, ließen die Fantasien blühen und erzeugten eine Vielzahl Szenarien, die den „gläsernen Menschen“ heraufbeschworen.
„Alien“ lässt sich nicht ohne Grund zwei Drittel des Films Zeit, eine hoch technologisierte und nach allen Seiten abgesicherte Welt zu demonstrieren. Computer und Maschinen haben den größten Teil der Arbeit übernommen, die vom Menschen nur noch geleitet und überwacht werden muss. Doch das „Alien“, das als Bedrohung lange nicht erkannt wird, birgt bei Scott nicht die eigentliche Gefahr, sondern der „menschliche Faktor“. Macht- und Geldgeilheit, aber auch der alltägliche Egoismus kann durch keine Maschine absorbiert werden, deren Mechanismus immer von einem menschlichen Hirn erdacht worden sein muss.
Dadurch kehrt sich die scheinbare Sicherheit der Mechanisierung in ihr Gegenteil, weil sie dem Menschen, der selbst nicht diese Technologie beherrscht, suggeriert, abhängig von Einzelnen zu sein. Ganz pragmatisch verdeutlichte sich das in damals verbreiteten Ängsten hinsichtlich eines möglichen Atomkrieges. Die Auslösung eines solchen, wurde zwar von unzähligen technischen „Schutzschildern“ abgesichert, hing aber letztlich nur am Fingerdruck eines Menschen (interessanterweise hat sich diese Situation bis heute nicht geändert, spielt aber in Bedrohungsszenarien kaum noch eine Rolle).
Durch die Hinzufügung des „Alien“ gelingt eine Versinnbildlichung dieser Urängste. Die Tatsache, dass dieses Wesen einerseits in der Lage ist, in uns einzudringen, andererseits keinerlei Intention zu haben scheint, außer dem Willen sich ernähren und fortpflanzen zu wollen, macht es so unberechenbar. Es gibt keinen Schutz vor diesem Wesen, da es sich jeglicher menschlicher Vorstellungskraft hinsichtlich Moral und Sozialisation entzieht. Für das menschliche Hirn, das immer alles katalogisieren und einordnen möchte, ist das „Alien“ ein Virus, dem es nichts entgegensetzen kann. Nur Ripley (Sigourney Weaver) begreift das in letzter Konsequenz – und genau hier setzt James Cameron an.
Die ersten 90 Minuten von „Aliens“ ähneln dem ersten Teil in vielerlei Hinsicht und bei genauer Betrachtung handelt es sich um eine Variante zu Scotts Film. Auch Cameron lässt sich sehr viel Zeit, bevor das „Alien“ das erste Mal auftaucht, und auch hier wird sehr lange die Sicherheit einer schönen, neuen Computerwelt demonstriert, die inzwischen auch Land auf fremden Planeten erschließen hilft. Das die Truppe von „Marines“ hier ein muntereres Völkchen abgibt, als die Crew aus dem ersten Film, erhöht natürlich den Unterhaltungsfaktor, aber das ändert nichts daran, dass auch hier wieder eigene Interessens-Süppchen gekocht werden und die Gefahr durch die „Aliens“ schlicht nicht erkannt wird.
Der Unterschied liegt im Erfahrungshorizont von Ripley, weshalb für den Betrachter schon die Zeit vor dem eigentlichen „Alien“-Angriff bedrohlich wirkt. Cameron spielt hier mit dem Vorwissen des Zuschauers, der im Gegensatz zu den im Film agierenden Personen, Ripley glaubt und auch die Gefahr kennt. Das ergibt sich – trotz kleinerer Anspielungen – nicht aus dem Film selbst und es wäre interessant zu beobachten, wie ein Erstseher ohne Vorkenntnis auf die erste Hälfte des Films reagiert.
Cameron durfte von dem Wissen des Betrachters ausgehen, weshalb er bewusst nochmals die Geschichte bis zur ersten Begegnung mit dem „Alien“ - nur äußerlich abgewandelt - „nachspielt“, aber wie er dann die zweite Phase seines Films einleitet, ist einfach fulminant. Während Scotts Film in einem lang gezogenen Kampf endet, stellt Cameron quasi in Sekunden alles auf den Kopf. Die schwer bewaffnete Militärtruppe kommt gar nicht zu einem Einsatz, sondern wird so schnell dezimiert, dass nur noch ein kleiner wimmernder Haufen übrig bleibt - plakativ verdeutlicht durch Bill Paxtons Wandel vom Großmaul zum Angsthasen. Die Illusion der Sicherheit kehrt sich in ihr Gegenteil um – die Überlebenden befinden sich in einem unübersichtlichen labyrinthischen Gebilde, dass keinerlei Rückzug bietet und jederzeit einen Angriff der „Aliens“ ermöglicht.
Die Art wie die Überlebenden in dieser Situation versuchen, Ruhe zu bewahren, um sich einen Rückzugsraum auch nur für kurze Zeit zu erarbeiten, stellt den Höhepunkt des Films dar. Geradezu archaisch mutet der Versuch an, einen Raum zu schaffen, der nicht unmittelbar von den Aliens okkupiert werden kann. Wenn Ripley sich zu der kleinen Newt (Carrie Henn) unter die Pritsche legt und dabei ihre Waffe ablegt, schwört James Cameron damit ein Bild herauf, dass es inmitten des totalen Chaos und der unmittelbaren Lebensgefahr gar nicht geben kann. Zwei Menschen finden Ruhe, weil für einen Moment die Illusion der Sicherheit entsteht - ein Gefühl, dass sich auch auf den Betrachter überträgt.
Der Ursprung der dann beginnenden Zerstörung geschieht – wie schon in Scotts Erstfilm – durch Menschenhand, aber wie die Wagenburg immer weiter aufgebröselt wird, ist schlicht genial. Durch den Einsatz ihrer technologischen Möglichkeiten hatten Ripley und die übrig gebliebenen der Marine-Crew die Zugänge zu dem Bereich, in dem sie sich befinden, abgeschottet. Dabei kamen auch je zwei Roboter- Kanonen zum Einsatz, die an zwei Hauptzugängen Eindringlinge automatisch beschießen. Die Eingeschlossenen selbst haben nur ihre Anzeigegeräte, die ihnen übermitteln, ob sich ein Lebewesen nähert. Anstatt den Angriff der „Aliens“ zu zeigen, fällt Camerons Blick immer wieder auf diese Geräte, die verdeutlichen, in welchem Masse sich die vermeintlichen Schutzschilder in Nichts auflösen – selten war es spannender, einem Anzeigebalken dabei zuzusehen, wie er abnimmt.
Auch wenn hier das militärische Gerät in seiner letztendlichen Nutzlosigkeit gezeigt wird, so liegt es dem Film fern, den Militarismus als solchen zu kritisieren. Cameron gibt den überlebenden Mitgliedern der Einheit die Möglichkeit, zumindest im Rückzug ihre Würde zu bewahren. Allerdings nimmt er ihnen jede Möglichkeit des aktiven Handelns – dafür ist alleine Ripley zuständig. Der dritte und zeitlich kürzeste Teil des Films zeigt den Kampf zwischen Ripley und den Aliens – und so legendär diese Konstellation auch ist, so hat sie am stärksten durch den veränderten Zeitgeist gelitten.
Dass eine Frau als Einzige das Heft des Handelns an sich reißt und es alleine gegen den übermächtigen Gegner aufnimmt, war Mitte der 80er Jahre noch revolutionär, aber aus heutiger Sicht fehlt diesem Part des Films das klaustrophobische Element. Erst in dieser Phase bekommen die Aliens ein Antlitz und durch die „Mutter“ sogar eine Personifizierung. Cameron hält sich glücklicherweise nicht allzu lange damit auf und lässt den Film schnell wieder in einen Endkampf münden, der an das Ende von Ridley Scotts erstem Film erinnert.
Zusammenfassend ist die Zeitlosigkeit des zweiten „Alien“ – Films darin begründet, dass James Cameron Ridley Scotts Sichtweise treu geblieben ist und dessen Intention konsequent weiterentwickelt hat. Er nahm nicht nur dessen Zerstörung vermeintlicher Sicherheiten wieder auf, sondern führte diese Situation ins Extrem, indem er die Protagonisten mit dem Totalverlust von Sicherheit konfrontierte. Typisch für James Cameron ist dabei, dass er bei seiner Umsetzung auf populäre Stilmittel des Action-Kinos zurückgreift. Aber er begeht dabei diverse Fehler nicht. Sämtliche Schiessereien sind begründet und haben im Gesamtkontext einen eher seltenen Charakter. Sein größter Verdienst liegt aber darin, trotz der „vielen“ Aliens, deren Mythos nicht zu zerstören. Die zahlenmäßige Zunahme steigt proportional zu dem Bewaffnungsgrad der Menschen. Dadurch bleibt die Wirkung identisch zu der im ersten Teil. Ihr geheimnisvoller Charakter bleibt bewahrt, genauso wie das Gefühl, die Viecher nicht mehr loswerden zu können… (9,5/10).