Kann eine Fortsetzung besser sein als das Original?
Wenn diese Frage gestellt wird, kommt früher oder später auch "Aliens" von James Cameron ins Gespräch. Und das geschieht nicht ohne Grund, ist aber auch nicht die ganze Wahrheit.
Cameron geht mit seinem Sequel in eine andere Richtung als Ridley Scott sieben Jahre zuvor in seinem Meisterwerk "Alien", schlägt aber keineswegs den falschen Weg ein. Die Exposition ist deutlich kürzer, die Anzahl der handelnden Personen verdoppelt und die Action steht weit mehr im Vordergrund. Aber trotz der reichlichen Actionszenen des Films, bleibt die düstere Atmosphäre aus dem ersten Teil im Geiste erhalten. "Aliens" bricht nicht mit "Alien", nimmt aber eine andere Perspektive ein.
Die Charaktere in "Aliens", also hauptsächlich die Marines, werden kürzer eingeführt als die Crew der Nostromo und weisen weniger Nuancen auf, was allerdings kein Nachteil ist, sondern sich in den Film einpasst. Ripley wird weiter als starker Frauencharakter ausgebaut und bekommt durch ihre unterschwellige Anziehung zu Corporal Hicks (Michael Biehn aus "Terminator") und ihre Beziehung zu Newt, eine weiblichere Komponente, die im dritten Teil weiter ausgebaut wird. Bishop relativiert das düstere Androiden-Bild aus dem Vorgänger und der Konzern scheint weniger bedrohlich, da er personifiziert worden ist.
Spätestens bei einer Rezension über "Aliens" muss man die verschiedenen Versionen der Filme erwähnen, die Kinofassung und den Director's Cut. Waren die neu eingefügten Szenen bei "Alien" noch recht unbedeutend, werden bei "Aliens" längere Passagen mit mehr direktem Inhalt eingefügt. Die Kinofassung des Films ist meiner Ansicht nach die bessere, weil sie den Spannungsbogen gekonnter spinnt. Einzig und allein die Szene, in der man erfährt, dass Ripleys Tochter tot ist, trägt wirklich etwas zu dem Film bei und lässt den finalen Kampf metaphorischer erscheinen. Menschenmutter gegen Alienmutter, ein Kampf um die Daseinsberechtigung des Menschen. Die anderen Szenen - etwa die in der Kolonie, bevor die Marines kommen, oder die Selbstschussanlagen - bremsen den Film in seinem stringenten Spannungsaufbau.
Die Effekte sind noch heute sehenswert und insgesamt bietet Camerons Film die besten Aliens der Reihe (und die meisten!); vor allem die Szene mit der Königin hat (Action-)Filmgeschichte geschrieben. Schauspielerliche Qualitäten (unter den Soldaten ist Bill Paxton hervorzuheben), perfektes Handwerk, Spannung und jede Menge Action lassen "Aliens" neben "Terminator" (1984) zu Camerons bestem Film werden werden. Sobald die Marines die verlassene Kolonie erreicht haben, lässt die Spannung im Film nicht nach (zumindest in der Kinoversion) und den Zuschauer erwarten unfassbare visuelle Höhepunkte. Einzig und allein John Mc-Tiernans "Predator" (1987) kann sich mit Camerons Action- und SF-Horror-Meisterwerk auf eine Stufe stellen.
"Aliens" ist nicht besser als sein Vorgänger, aber auch nicht schlechter. Auf seine Weise ist er perfekt und der einzige Alien-Teil, den man eigentlich immer ansehen kann.
9/10 Punkten.