Drehbücher von der so genannten Blacklist, Hollywoods Liste der vermeintliche besten, noch nicht verfilmten Drehbücher, sind stets mit Argwohn zu betrachten, denn einige davon wurden bereits gnadenlos in den Sand (um)gesetzt. Regisseur Jamie M. Dagg, der mit „Mekong Rush – Renn um dein Leben“ ein Debüt mit ordentlich Tempo vorlegte, setzt nun auf eine betont ruhige Herangehensweise.
In einer Kleinstadt in Alaska kommt es zu einem Dreifachmord, begangen vom Auftragskiller Elwood (Christopher Abbott), der kurz darauf im Motel des ehemaligen Bullenreiters Sam (John Bernthal) absteigt und sich mit ihm anfreundet. Zwischenzeitlich drohen Geheimnisse der frischen Witwen (Imogen Poots, Rosemarie DeWitt) aufzufliegen…
Eine Kleinstadt und ihre Mysterien waren schon einige Male ein Leitthema beim Neo Noir und auch hier droht das düstere Ereignis eine Lawine von Kettenreaktionen auszulösen.
Allerdings macht das Skript keinen Hehl aus den meisten Begebenheiten und offenbart früh, wer eine Affäre hat, wer den Auftragskiller anheuerte und insbesondere wie jener tickt, wenn ihm einer krumm kommt. Im Grunde werden eventuelle Überraschungen früh vorweggenommen und so liegt die Betonung eher darauf, ob und zu welchem Zeitpunkt die ohnehin schon problembehafteten Figuren gewissermaßen ihre letzte Ölung erfahren.
Das düstere Alaska taugt sehr gut als Austragungsort schwelender Konfrontationen und potenzieller Entladungen. Die teils malerischen Landschaften werden oftmals in düsteres Licht getaucht, zeitweise regnet es Bindfäden und nachts sind ohnehin alle Katzen grau.
Der von Streichern dominierte Score hält sich angenehm zurück und obgleich die Kamera oftmals lethargisch lange Einstellungen liefert, bleibt sie stets in der passenden Distanz zu den Figuren.
Diese werden durch die Bank glaubhaft verkörpert. Speziell Bernthal strahlt eine angenehme Ruhe aus, während ihm die Folgen seiner ehemaligen Tätigkeit deutlich anzumerken sind. Als Gegenpol performt Abbott ebenfalls stark. Der unberechenbare Killer, der meistens zurückhaltend freundlich agiert, zuweilen jedoch zu unkontrollierbaren Wutausbrüchen neigt, ist hier das Zünglein an der Waage, obgleich sein Gegenspieler das Bindeglied sämtlicher Nebenfiguren ist. Leider fallen die weiblichen Charaktere weniger bedeutungsvoll aus. Wie beim Noir eigentlich üblich, gibt es hier keine starke Persönlichkeit, die im Hintergrund die Strippen zieht.
Mit seinem zweiten Spielfilm liefert Dagg einen ruhig erzählten, auf die Figuren konzentrierten Psychothriller ab, der handwerklich recht solide in Szene gesetzt ist, storytechnisch eher wie eine Sammlung von Versatzstücken und Klischees anmutet.
Folglich sind kaum Überraschungen auszumachen, Spannungsmomente sind rar gesät und auch der Showdown findet keine Mittel zur dramaturgischen Steigerung.
Für Fans der ruhigen Gangart okay, eine Offenbarung stellt sich gemäß der Backlist beileibe nicht ein.
Knapp
6 von 10