Genau vier Jahre nachdem William Friedkin mit „The French Connection“ einen der wichtigsten Polizeifilme schuf, erteilte 20th Century Fox John Frankenheimer („The Train“, „Ronin“) den Auftrag den Erfolg fortzusetzen.
Der versierte Filmemacher verlegte den Schauplatz von New York nach Marseille ohne mit Friedkins Bildkomposition zu brechen und vor allem ohne auf Gene Hackman („Unforgiven“, „Crimson Tide“) zu verzichten, der hier gut wie selten in seiner Karriere performt und dafür immerhin eine Golden Globe-Nominierung erhielt.
Sein Ego, der Cop Jimmy „Popeye“ Doyle, hat sich nach den Vorfällen des Originals kein Stück verändert. Er ist höchstens noch reizbarer, jähzorniger und unkontrollierbarer geworden. Dennoch schickt sein Vorgesetzter ihn nach Marseille, damit er dort zusammen mit dem Rauschgiftdezernat endlich den Drogenhändler Alain Charnier (Fernando Rey, „Laßt uns töten, Companeros“, „The French Connection“) dingfest macht. Dessen Syndikat in Frankreich funktioniert nach wie vor tadellos und kann dank gut geschmierter Polizeibeamte auch ganz problemlos seine Geschäfte abwickeln. Weil ihn zudem niemand identifizieren kann, muss Doyle selbst ohne Sprachkenntnisse nach Europa reisen und wird dort von Inspector Henri Barthelemy (Bernard Fresson), dem Chef des Rauschgiftdezernats, gleich frostig empfangen. Denn der möchte mit dem großmäuligen Ami gar nicht zusammenarbeiten und erst recht nicht dessen Handlungsweisen nachvollziehen. Überhaupt scheint niemand Doyle in dieser Stadt zu verstehen...
Mit „French Connection“ geht John Frankenheimer anderen Wege als seinerzeit Friedkin. Den enorm dreckigen, schmuddeligen Bilderstil behält er zwar bei, zeigt dabei ein durch und durch negatives, versifftes und in höchstem Maße heruntergekommenes Marseille und gönnt Doyle seinen ihn ergänzenden Gegenpol in Person von Barthelemy, zwischen denen sich eine Art Hassliebe entwickelt, ansonsten ist Doyle hier aber komplett auf sich allein gestellt und folgt damit seiner persönlichen Philosophie eben alles selbst in die Hand zu nehmen. Seinen Schreibtisch erhält er neben dem Klo, das Essen schmeckt ihm überhaupt nicht und als er dann bei einer Razzia auch noch den Tod eines Undercover-Cops verschuldet, weil er über die Aktion nicht komplett im Bilde war und selbst agiert anstatt wie befohlen nur zuzuschauen, platzt ihm der Kragen. Seine Polizei-Leibwächter schüttelt er ab. Allein auf sich gestellt, versucht er selbst Ermittlungen anzustellen, was für ihn schwere Folgen haben soll. Charniers Männer entführen ihn, spritzen ihm Heroin, machen ihn abhängig und pressen alle Informationen aus ihm heraus...
Die Rückkehr in eine seiner besten Rollen schien Hackman richtigen Spaß gemacht zu haben. Wie er hier hartnäckig, ja obsessiv, sich des Gedankens verschreibt Charnier nicht einfach nur festzunehmen, sondern unter der Aufbietung aller seiner Kräfte ihn zu zerstören, ist beängstigend glaubwürdig. Vorlaut, tendenziell rassistisch, beleidigend und voller Vorurteile poltert er durch das schmierige Marseille und zieht damit mehr Aufmerksamkeit auf sich, als ihm gut tut, wobei insgeheim das genau der Plan Barthelemys ist: Er will ihn als Lockvogel einsetzen und das soll auch klappen.
Frankenheimer setzt in Folge den Schwerpunkt nicht auf die Action, auf die man bis zum Schluss warten muss, sondern Doyles durch Fremdeinwirkung eingeleitetes Junkietum und der dann folgende, harte Entzug durch Barthelemy, der sich insgeheim schuldig an dem Malheur fühlt - überragend intensiv gespielt wie inszeniert.
Zunächst Doyle dabei zuzusehen, wie er sich unter den Drogen die ihm gespritzt werden, windet, bis er schließlich zu einem verdreckten Wrack voller Infektionen in den Ellenbeugen auf einem pekigen Bett lethargisch vor sich hin starrt und nur noch nach dem nächsten Schuss bettelt, geht unter die Haut, zumal Frankenheimer den Verwesungszustand seines Körpers minutiös dokumentiert.
Doch seine nach mehreren Wochen dann folgende Freilassung vor dem Polizeirevier, nachdem man ihm den „goldenen Schuss“ setzte, an die sich direkt der Hardcoreentzug in einer kleinen Kellerzelle anschließt, steht dem in nichts nach. Doyle tobt, heult und windet sich. Um zu vermeiden, dass sein Zustand nach außen dringt, verbietet Barthelemy ihm einen Arzt, versucht ihn abzulenken oder mit Ersatzstoffen (u.a. Alkohol) von seiner Sucht zu befreien. Der Höllentrip zwingt Doyle fast zur Selbstaufgabe und soll nach ein paar Wochen seinen Wunsch den sadistischen Charnier zur Strecke zu bringen, nur noch quadrieren.
Doyles Entwicklung grenzt „French Connection 2“ dann auch von seinem Vorgänger ab und lässt ihn nicht wie einen müden Aufguss der bekannten Elemente dastehen. Die Fortsetzung geht einen Schritt weiter und ist gar kein reinrassiger Polizeithriller mehr, sondern geht mit seiner pessimistischen Grundierung unter die Gürtellinie, fordert auch mehr von Hackman selbst und schickt ihn dann später in seine Vendetta, die endlich die Action bereithält und seine ungestümen, impulsiven Reaktionen zum Erfolg führt. Sein ist die Rache und als er sich endlich soweit fühlt, schlägt er ohne Rücksicht und Gnade zurück. Als er den Ort seiner Drogenfolter ausmacht und es abfackelt, läuft ihm ein Mann Charniers über den Weg. Pech für ihn...
Insbesondere der harte Shootout am Hafen in einem Wartungsdock, wo die Polizei Charniers schwer bewaffneten Männern gegenübersteht und Doyle, während Balken auf sie herabstürzen, den verletzten Barthelemy aus einem gefluteten Dock herauszieht, sind meisterhaft inszeniert, weil Frankenheimer diesen Ort sehr effektiv ausnutzt und um Realismus bemüht bleibt. Selbst Doyles fulminanter Endspurt, der mit den Endcredits dann so abrupt abschließt, und über eine tolle Perspektivenauswahl verfügt, kann da nicht mehr ganz mithalten.
Der Vergleich beider Teile fällt letztlich schwer und abwiegen kann man sich auch kaum miteinander, auch wenn sie beide die brillante Atmosphäre in Verbindung mit einer denkbar idealen Ausnutzung schmuddeliger Kulissen vorweisen können.
John Frankenheimer ist mit seiner Fortsetzung allerdings weniger daran gelegen Großstadtcops bei ihrer aussichtslosen Arbeit zu zeigen, sondern der facettenreichen, faszinierenden Figur Doyle einen eigenen Film zu widmen. Dessen Handlungen gehen über die Grenzen des ersten Teils hinaus, weil Doyle durch seine Foltererfahrungen auch die letzten Hemmungen verliert und gewaltbereit sein Ziel rücksichtslos verfolgt.
Phasenweise von Nihilismus durchzogen, schickte Frankenheimer sich hier an einen extrem niederschmetternden Thriller zu drehen, in dem sich Doyle orientierungslos in einer ihm fremden Welt, auf sich allein gestellt, erfolglos freizuschwimmen versucht und damit fast seinen eigenen Untergang einleitet, an dessen Ende ihn genau das erwartet, was er am meisten verabscheut.
Fazit:
Denkbar gut gelöste Fortsetzung eines Klassikers von John Frankenheimer, der sich nie eine Blöße gibt, bewusst die Stärken des Originals mitintegriert und Doyle in einen ungeahnten Albtraum schickt. Die atmosphärische Inszenierung, das vor allem von Gene Hackman überzeugende Schauspiel und nicht zuletzt die intensiven Filmminuten während Doyles Drogenrausch und dem später folgenden Entzug machen „French Connection 2“ zu einem würdigen Nachfolger. Nicht zuletzt Frankenheimers ideenreiche Umsetzung, die leider erst kurz vor Ende sich richtig entfaltet, machen den Film immer wieder sehenswert. Erdrückend, mitreißend und auf seine Weise verdammt fieser Thriller, dem es wahrlich nicht um Beschönigung geht. Einer der besten Schwarzmaler des Polizeithrillers!