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„Ihr habt genug Scheiße gebaut mit euren Verhaftungen! Das hört jetzt auf!“

Noch vor seinem Okkulthorror-Meisterwerk „Der Exorzist“ revolutionierte US-Regisseur William Friedkin den Polizeifilm: Der auf einem Roman Robin Moores sowie wahren Begebenheiten beruhende Action-Krimi/-Thriller „French Connection“ alias „Brennpunkt Brooklyn“ schlug 1971 ein wie eine Bombe, verhalf Friedkin und Hauptdarsteller Gene Hackman zum Durchbruch und vermengte modernes Actionkino mit ungemütlichem Realismus. Ernst Tidymans Drehbuch wurde von niemand Geringerem als Howard Hawks überarbeitet und schließlich von Friedkin dramaturgisch punktgenau, jedoch mit Raum für Improvisation verfilmt.

Die New Yorker Drogenfahnder „Popeye“ Doyle (Gene Hackman, „Bullen - Wie lange wollt ihr leben?“) und Russo (Roy Scheider, „Atemlos vor Angst“) schieben Tag für Tag ihren ebenso langweiligen wie aussichtslosen Dienst. Ab und zu gehen ihnen kleine Fische ins Netz, gegen den Moloch New York mit all seinen zerrütteten Existenzen und der entsprechenden Kriminalität können sie jedoch nichts nachhaltig ausrichten. Als sie eines Tages jedoch Wind davon bekommen, dass der Franzose Charnier (Fernando Rey, „Navajo Joe“) eine große Menge Rauschgift nach New York einzuschmuggeln plant, wittern sie die Chance auf einen empfindlichen Gegenschlag und hängen sich an die Gangster. Das verläuft indes alles andere als zwischenfallsfrei, sodass ihnen letztlich der Fall vom FBI weggenommen wird. Doch Doyle hat Blut geleckt und bleibt auf eigene Faust dran, um die Kriminellen im Moment der Übergabe zu überführen und den Deal zu vereiteln...

Auf einen langsamen, wortkargen Auftakt in Kombination mit aufsehenerregend authentischen Aufnahmen New Yorks, seines Elends und Drecks, folgen Skizzierungen der Cops und ihres Berufsalltags. Doyle und Russo sind nicht viel mehr als Witzfiguren und Versager mit Hang zu Rassismus und Diskriminierung, die weitestgehend desillusioniert ihren Dienst verrichten. Dass sie nicht wirklich in der Lage sind, am Status Quo der Drogenkriminalität und -abhängigkeit etwas zu ändern, scheint ihnen bewusst zu sein und für einen tiefsitzenden Frust zu sorgen, weshalb man sein Mütchen immer mal wieder an Schwächeren kühlt, die als Ventil herhalten müssen. Die Polizei taugt hier mitnichten als Identifikationsfigur bzw. -institution, zumindest nicht ohne Weiteres.

Im wahrsten Sinne des Wortes Fahrt nimmt die Handlung auf, als sich Doyle wie ein Besessener ohne Rücksicht auf Kollateralschäden an den Franzosen und dessen Handlanger hängt, dabei notfalls auch über Leichen geht. In Erstaunen versetzen schließlich die Verfolgungsjagden zu Fuß und per Kfz, das Duell zwischen entführter Hochbahn und Automobil ist legendär, Unfälle und Schießereien fordern Opfer. Das ist nicht nur zum Niederknien rasant inszeniert, sondern auch höchst spannend, „French Connection“ bis zu seinem offenen Ende komplett ohne längen - stattdessen ein Paradebeispiel für Timing in Action-Thrillern. Kein Dialog ist zu viel, zudem verzichten Friedkin und die Autoren auf jegliche überflüssige Information. Übrig bleibt ein Destillat des dreckigen New-York-Polizeifilms. Dieses ist zugleich eine Art Sittenporträt der Ostküsten-Metropole zu Beginn der siebziger Jahre und vermengt Zeit- und Lokalkolorit derart, dass er auch stets historisch interessant bleiben wird. Ferner stellt „French Connection“ den gesellschaftlichen Status der Fahnder dem ausschweifenden Leben der Gangster gegenüber, woraus die Motivation der Cops entsteht: Ihr Antrieb ist die Wut - nicht etwa der Glaube, etwas Sinnvolles für die Gesellschaft zu leisten

Damit widersteht „French Connection“ auch jeglicher Glorifizierung des Polizeidiensts, bleibt stattdessen eine beinahe fatalistische Momentaufnahme, die urbane Strukturen als von Kriminalität und Zerfall durchsetzten Moloch und Polizisten als machtlose Papiertiger, die der Soziopathie anheim- und Wahn und Manie verfallen, zeichnet. Friedkin und sein Team gewannen mit diesem Fall einen enormen Einfluss auf die weitere Entwicklung des Genres und schufen einen zeitlosen Klassiker, der inhaltlich mehr Fragen aufwirft als er beantwortet (oder zu beantworten vorgibt) - und sich damit wohltuend von vielen anderen Genre-Produktionen absetzt.

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