Wurden hier Rotzigkeit und Rotz verwechselt?
Immer wenn ein neuer, junger und aggressiv daherkommender deutscher Film im Kino auftaucht, kriegt er meinen persönlichen "Victoria"-Fluch & -Segen auferlegt. Einerseits gut, weil ich dann vielen einheimischen Filmen die Chance geben, die sie verdienen. Andererseits auch unfair und bescheuert, da nicht jeder Film dieser Last standhält und mit dem Meisterwerk vergleichbar ist. Trotzdem: auch andere Filme wie "Der Nachtmahr", "Tschick", "Plan B" oder "Wir sind die Nacht" haben gezeigt, wie es hierzulande genremäßig gehen kann. "Axolotl Overkill" reiht sich für mich qualitativ nicht in diese illustre & abwechslungsreiche Reihe ein. Selbst wenn wohl keine ihr Buch besser und passender hätte verfilmen können als Helene Hegemann selbst. Es geht um Mifti, eine verwöhnte und gleichzeitig verzogene bzw. gar nicht erzogene Teenagerin in Berlin, die sich immer mehr von einem "normalen" Erwachsenwerden abkapselt. Es wird gefeiert, geschwänzt, gefickt und gekokst - und das mit gerade ein mal 16 Jahren... Wildes Berlin indeed. Stylisches Mäandern, langweiliges Gammeln.
Positiv an "Axolotl Overkill" sind vor allem seine faszinierende Hauptdarstellerin, ein brennend heißer Soundtrack und seine etwas experimentelle Art. Letzteres positiv wie negativ zugleich. Das ist mehr als es einem während des Films in den Sinn kommt. Denn erzählerisch wie emotional, ließ mich dieses Anti-Alles-Ding ziemlich kalt. Egal wie fiebrig die Partyszenen sind, egal wie kreativ der Exzess und genial die Jasna Fritzi Bauer - "Axolotl Overkill" kam mir viel leerer vor als er sein will, viel langweiliger als es seine Laufzeit anzeigt und viel aufgesetzter und unspontaner als er vorgibt zu sein. Cool oder jung oder hip ist das nur sehr angestrengt. Oft sogar eher zum Fremdschämen. Mifti gibt kaum Fläche zur Projektion oder Sympathie, was zwar Sinn der Sache ist, jedoch nicht gerade zu einem positiven Filmerlebniss beiträgt. Hinzu kommen mehr Witze die ins Leere gehen als die, die sitzen. Etliche Einzelszenen, an denen man nach und nach das Interesse verliert. Ein spezieller Coming-Of-Age-Film, der vielleicht seine Kultanhänger finden wird. Doch ich rollte unendlich öfters die Augen oder schüttelte den Kopf als ich lachte oder mir sagte "Wow". Am Ende bleibt eher Experiment oder langes Musikvideo als überzeugendes Werk.
Fazit: zeitweise frech, anders, mutig - und trotzdem die meiste Zeit quälend langatmig, auf der Stelle tretend und redundant. Zum Teil auch möchtegern-aufmüpfig und hip. Bemerkenswertes deutsches Kino, aber kein guter Film. Trotz einer bockstarken Jasna Fritzi Bauer, die sich die Seele aus dem Leib spielt. Wirkt vielleicht nach mehrmaligem Sehen tiefergehnder - doch Lust habe ich darauf nicht...