Entfesselte Alpträume
"Gerald's Game" surft gerade auf der dritten Frühlingswelle der Stephen King-Verfilmungen und auf dem Brett steht dickgedruckt Netflix. Der Gruselthriller basiert auf einer kleineren und schwächeren King-Novelle, setzt diese jedoch fein und treu um. Dabei galt sie lange als unverfilmbar. Es geht um ein Ehepaar, das in ein abgeschiedenes Landhaus fährt, um dort ihrer kritischen Ehe mit fesselnden Sexspielchen neuen Schwung zu verleihen. Doch dann nimmt der Herr des Hauses eine blaue Pille zu viel und kriegt einen Herzinfarkt, während die psychisch ohnehin schon angeknackste Dame ans Bett gefesselt ist. Und das ist erst der Anfang dieses paralysierenden Alptraums...
"Das Spiel" zeigt mal wieder, dass Regisseur Mike Flanagan das Genre versteht und Emotionen mit Gänsehaut verschmelzen lassen kann. Carla Gugino liefert eine vereinnahmende Performance ab, ihr Karrierehöhepunkt mit Abstand. Ihre Figur samt psychischer Probleme und dramatischer Vorgeschichte ist der Kern der Erzählung. Ein feministischer Überlebens- und Befreiuungskampf auf mehreren Ebenen. Von ihren Ängsten, von ihren Fesseln, von ihren Männern. Da können sogar ein starker, wenn auch minimal überhasteter Final-Twist und ein alptraumhafter Engel des Todes in der dunklen Ecke wenig dran ändern. Kurz, knackig, sexy, überraschend. Mit emotionalem Anker, der einen tief hinabzieht.
Fazit: klein aber oho. Exzellente Charakterstudie und Gänsehaut-Thriller in einem. Eine der besseren King-Verfilmungen der letzten 10 Jahre.