kurz angerissen*
"Schöne Tage" wie in Lynne Ramsays melancholischer Ballade der Verzweiflung, die wörtlich übersetzt eigentlich auf den Namen "Du warst niemals wirklich hier" hört, hat man schon viele kommen und gehen sehen. Neu oder innovativ ist weder die Thematik noch sind es die Charaktere, das Drehbuch oder der Regiestil. Vielleicht fühlt sich der ins Subjektive eindringende Schnitt deswegen auch wie ein Déjà-Vu an, wie eine Konstellation, die man als Einziger genau so schon einmal erlebt hat. Joe Binis fragmentarischer Schnitt modelliert das gesamte Filmmaterial zu einem unwirklichen Tagtraum, der sich als das Innenleben eines traumatisierten Kriegsheimkehrers entpuppt.
So gelingt es der Regisseurin, trotz der bekannten Referenzen von "Taxi Driver" bis "Leon - Der Profi", einen zutiefst persönlichen und somit einzigartigen Blick auf eine Welt zu werfen, die vom Fundament aus völlig verdorben scheint. Joaquin Phoenix' beispiellose Gabe, zerrissene Figuren mit unergründlicher Tiefe auszustatten, wird von allen Bestandteilen dieser Produktion gefördert: Obwohl er sich in einer längeren Ahnenreihe vergleichbarer Darstellungen befindet, ist sein bärtiger Aufräumer ein schwer zu greifendes Unikat, das durch die Inszenierung zum schattenhaften Phantom stilisiert wird. Stumpfe Gewalt spielt sich im Kopf des Betrachters ab, wird auf der Leinwand aber nur selten ausgespielt; die Depressionen der Hauptfigur schlagen sich in permanenter Selbstgeißelung nieder, die sich frisch zu den Narben der Vergangenheit gesellen, aber was ihn zu dem Mensch hat werden lassen, der im Angesicht der Welt so viel Agonie empfindet, wird allenfalls fragmentarisch angedeutet.
Trotz der vielen gewollten Bruchstellen in der psychologischen Beurteilung des Mannes ist es ein Leichtes, seine Qual nachzuvollziehen. Wenn man nur aufmerksam genug ist, setzt sich aus der symbolisierten Nahbetrachtung von Details ein schlüssiges Gesamtbild zusammen, das die intendierte Wirkung von "A Beautiful Day" voll und ganz zur Blüte kommen lässt.
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