Spätestens seit seiner Zeit beim FBI und Militär ist Joe von Narben geprägt – innerlich wie äußerlich. Und so ein Wrack ruft man an, wenn es um Kidnapping Minderjähriger geht, denn Joe kennt keine Furcht. Sein neuester Auftrag lautet, Nina, die kleine Tochter eines Politikers, aus einem Kinder-Bordell zu befreien. Die Befreiung gelingt, doch schon kurze Zeit später merkt Joe auf brutale Weise, dass er damit in ein politisches Komplott geraten ist, welches ihm nicht nur kurzerhand Nina wieder entreißt sondern ihn auch auf völlig unbekanntes Terrain zieht…
„Der Taxi-Driver des 21. Jahrunderts (The Times)“ steht vollmundig auf dem Cover zu „A Beautiful Day“ und, ja, es stimmt irgendwie, denn wie einst Martin Scorsese und Robert De Niro gehen heute Lynne Ramsay und Joaquin Phoenix dorthin, wo es richtig weh tut. Eine zutiefst traumatisierte Hauptfigur, die die schmerzhaften Geister der Vergangenheit nicht abschütteln kann. Ein kleines Mädchen gebrochen mit den Mitteln der modernen Sklaverei. Eine gesichtslose Großstadt voller Tristesse, dunkler Gassen und Ekel. Doch auch rein filmisch wird dem Zuschauer einiges zugemutet, denn Struktur, Tonfall und Kameraführung unterwandern stetig die üblichen Mainstream-Sehgewohnheiten (die mittels Hammer[!] ausgeführte eruptive Gewalt wird nie direkt gezeigt sondern quasi nur über „Umwege“ wie bei der per Überwachungskameras gezeigten Befreiung Ninas oder dem nur im Spiegel stattfindenden Kampf mit dem Polizisten) und so ist „A Beautiful Day“ trotz oberflächlicher inhaltlicher Parallelen mit modernem Rächer-Kino à la „The Equalizer“ – einem ähnlichen Gang in die Werkzeug-Ecke des örtlichen Bauhauses – keinesfalls in einem Atemzug zu nennen. Wer ein Topping zu der nur mittelmäßigen „Death Wish“-Neuauflage sucht, ist hier definitiv falsch. Zynische One-Liner kennt der wortkarge Joe nicht, dafür verstörende Selbstmord-Gedanken und genuschelte Sinnlos-Phrasen. Nein, „A Beautiful Day“, der trotz aller verstörenden Details auf seine Art sehr feinfühlig geraten ist, ist quasi Anti-These zum heutigen Hochglanz-Actionkino und bestenfalls eher als herbe Charakterstudie goutierbar. Und Joaquin Phoenix ist sehr präsent als physisch wie psychisch von Narben geprägter (Fast-)Penner, der ähnlich fatalistisch an seinen Job herangeht wie einst Warren Oates in Sam Peckinpahs „Bring mir den Kopf von Alfredo Garcia“. Fazit: wahrlich nicht jedermanns Sache, aber mit entsprechender Vorwarnung sehenswert. Bildformat: 2,35:1. Des weiteren mit Judith Roberts, Ekaterina Samsonov, John Doman u. a.
Ab 06. September 2018 auf DVD und BD erhältlich
© Selbstverlag Frank Trebbin