Hillbilly-Antithese zu Ocean's Elfertruppe
Gut, dass Steven Soderbergh wieder Filme macht. Gut, dass er mit eigener Produktionsfirma und freier Hand vermarkten und erschaffen versucht. Gut, dass er auch nach all den Jahren noch seinen Stil und Pfiff inne hat. Und gut, dass "Ocean's Eleven" hiermit einen Cousin aus West Virginia bekommt, der gegensätzlicher kaum sein könnte und trotzdem auf seine Art Spaß macht. Zumindest in seinen besten Zeiten. Denn zwei volle Stunden sind für dieses Heist-Vehikel einige Minuten zu viel, mir wird hier etwas zu viel herumgestottert und das letzte Drittel verschluckt sich an seinen eigenen, überhasteten Twists. Nichtsdestotrotz ist für Heist-Fans dieser eigenwillige Bankraub trotzdem das Highlight des Jahres. Ich bleibe jedoch eher bei der glitzernderen Ocean's-Trilogie. Obwohl man Tatum, Driver und Co. als Semi-Dümmlinge, die den Tresor unter einer Nascar-Strecke ausrauben wollen, sicher nicht unterschätzen sollte...
"Logan Lucky" hat die Sympathie auf seiner Seite. Der Soundtrack ist lässig, Soderberghs Style schmissig und seine Protagonisten sind Außenseiter und schräge Vögel, über die Hollywood normalerweise keine Filme macht. Einfach eine geerdete Antithese zu seinen früheren Coups mit Clooney, Pitt & Co. in Vegas und anderen Glamour-Hochburgen. Und trotzdem sehe ich in dem Herzensprojekt des guten Steven nicht das Meisterwerk, zu dem es viele Kritiker heraufloben. Dazu ist er zu unkonzentriert, zu sehr mit unnötigen Subszenen beschäftigt, es steht zu wenig auf dem Spiel und er bedient sich zu sehr den gewohnten Spielregeln. Selbst wenn das Setting ungewohnt, frisch und mutig "backwoods" ist. Bereuen, mit den kauzigen Brüdern und ihrer seltsamen Bande Zeit verbracht zu haben, tue ich aber sicher nicht...
Fazit: zu lang, selten wirklich lustig, konstruiert und prätentiös zum Teil, zäh sogar mehr als nur zum Teil. Und trotzdem retten die spielfreudige Besetzung, der Hinterwäldler-Charme und wunderbar amerikanische Bilder (in starkem Kontrast zum alles andere als pro-amerikanischen Unterton), dieses bodenständige Gaunerstück.