In allen Belangen kontrastreiches Rahmenprogramm zu sowohl den jüngsten anderen Arbeiten von Regisseur Herman Yau speziell als auch den Anforderungen des Marktes allgemein; angesichts der sich über die letzten Jahre steigernden Profitabilität und Rentabilität des Chinesischen Kinos sind Außenseiterprojekte wie der der Gewalt huldigenden und auch sonst dem Exploitiven nicht abgeneigten Filme wie Sleep Curse nicht nur erst seit kurzem so überhaupt nicht mehr gefragt und so auch nicht mehr produziert. Ein Verweigern des Speziellen angesichts der Befriedigung der Wünsche und Bedürfnisse der zahlungskräftigen Massen, wobei das vorliegende Exemplar das Gegenteil von Yaus genau diese Ansprüche erfüllenden, den Chinamarkt exakt bedienenden Big Budget Actionthrillers Shock Wave und darüber hinaus auch ganz allein auf weiter Flur ist. [Sein eigener Nessun Dorma, 2016 ist vergleichsweise harmlos und wirkt wie von vornherein entschärft; wobei für den Heimvideomarkt auch eine 2min längere Fassung existiert.]:
1990. Der Neurowissenschaftler Lam Sik-Ka [ Anthony Wong ] wird von der früheren Freundin Monique [ Jojo Goh ] gebeten, sich der schweren Erkrankung ihrer Familie anzunehmen, ist ihr Vater doch seit längerem unfähig, vom Wach- in den Schlafzustand zu fallen, was diesen zunehmend körperlich zehrt und an die Psyche geht. Lam, der beruflich auf diesem Thema forscht und privat auch involviert ist, nimmt sich der Angelegenheit nicht ohne eigenen versteckten Nutzen an.
'Ausgezeichnet' mit dem Freigabe- und inoffiziellen Gütesiegel des Cat III, der für die entsprechende kleine Klientel schon Aufmerksamkeit und Obacht gebend genug im seiner Verleihung ist, wird hier ähnlich wie auch im Einzelgänger Gong Tau (2007) ein Subgenre von Horror- und damals auch noch Sexspektakeln Ende der 80er und zumeist Anfang der 90er gleich reanimiert und zelebriert. Ein alle Jahre wieder quasi, in dem mit zeitlichen Abstand und im Grunde überaus rar und vereinzelt etwas ausgelebt, nicht auf- oder gar wiederbelebt wird, dass früher und damals zu selige Vorzeigen (neben Heroic Bloodshed & Wuxia) mit ursächlich dafür war, dass das HK-Kino überhaupt in westlichen Kreisen populär wurde und als El Dorado für die frisches, lebendiges, waghalsiges kinematographisches Ereignis sondergleichen stand.
Damals wie auch heute und dazwischen ist der Film dabei von einem Regisseur gedreht, der zeitweise als direkter Vertreter des Genres stand und den schlechten Ruf weghatte; eine früher schon falsche Sichtweise, dessen einseitige Berichterstattung vor allem an The Untold Story (1993) und später an Ebola Syndrome (1996) lag. Yau hat die Freiheiten der Freigabe später auch, aber da für soziale Dramen und politisch aggressive Aufklärung und somit für teils unliebsame, aber umso eindrücklich verabreichte Aussagen und Botschaften genutzt; hier jetzt ist von einer etwaig sublimen oder auch offensiven Deutung selber sicher nichts davon vorhanden und wird ganz einfach losgelassen von Zwängen dem Exzess gehuldigt und der Tabubruch zelebriert. [Im Grunde ist aber sowohl die progressive Arbeit mit diversen der Zensur sicher sauer aufstoßenden Gewaltexzessen als auch die Besetzung mit Anthony Wong, seit seiner ausgesprochenen Worte für die Umbrella-Revolution und gegen die chinesische Politik eine Persona Non grata, eine klare Ansage gegen das Regime, dessen indirekten Anforderungen und Zwängen – einhergehend der Verzicht auf einen profitablen Markt – man somit bewusst und dennoch offensichtlich widerspricht .]
Ungeachtet aller anderen Qualitäten, über die noch zu sprechen sein wird, ist auf jeden Fall die Außenwirkung des Filmes beachtlich, die formale Gestaltung des Szenarios, die den Regisseur nicht nur zurück zu seinen 'Wurzeln', sondern auch in ein anderes Land und gar in eine andere Zeit, das Jahr 1990 nämlich und dann noch einmal ein Vierteljahrhundert zurück führt, und wo der eher als optisch bieder angesehene Filmemacher hier tatsächlich wert auf die Gestaltung legen muss, und darauf achten, was und wie er es filmt. Die Rückkehr in eine gänzlich andere Ära, die zwar 'nur' drei Jahrzehnte (bzw. dann auch acht Dekaden) nicht mal her ist, aber dennoch gleichzeitig zu einem vergangenen Jahrtausend gehört und angesichts bekannter Bilder vor Augen (damaliger Filme, Serien, Fotos, Erinnerungen etc.) auch komplett anders wirkt, wird hier von Beginn an durch die sorgfältige Darstellung geschaffen und mit kleineren Momenten schon erzeugt, allen voran die ersten Aufnahmen der Videokamera, welche das Geschehen aus der Perspektive einer von einem Kind bedienten Maschine aufnimmt und direkt in die Vergangenheit holt und dort gelebte Gegenwart erzeugt.
Der innerhalb der Handlung belegte Sprung dann in die Zeit der Kriegswirren zurück ist im Grunde im selben Stil gehalten wie damals platziertes, anfangs Wert auf Drama und Dokumentation, später sich nicht mehr darum kümmerndes, stark gelbstichiges und somit fast selber krank aussehendes Exploitationgeschehen der Marke Men Behind the Sun (1988 - 1994) in dessen Dreiteiler, wobei v.a. die artifizielle, also gekünstelte, notgedrungen klein und klamm gehaltene Kulisse und dessen isolierende und repetitive Innenwirkung mitsamt einer recht eindeutigen 'Zeichnung' der Japanischen Besatzer (allesamt seelenlose Ausbeuter, Mörder, Vergewaltiger und Kinderschänder) und ihrer Gräueltaten hier das niedere Pfund ist, mit dem der Filmemacher wuchert und um die Eröffnung verschiedener Deutungen auch nicht verlegen ist. Vom 'wissenschaftlichen' zum mysteriösen und dann zum 'historischen' Horror und wieder zurück zum körperlichen die Verbindung mehrerer Einzelstücke zu einem großen Ganzen, wo am Ende hin buchstäblich die Effekte (gespaltene oder abgetrennte Köpfe, abgeschnittene Geschlechsteile, von Kugeln zerfetzte Rümpfe, Selbstverstümmelung, Kannibalismus usw.) explodieren.
Von der Geschichte der Stammautorin Erica Li (und Eric Lee) her sowie gerade dem Ausflug nach Malaysia sowie dem Unbeschreiblichen (oder wie es einer der Forschungsdirektoren umschreibt: dem Unnatürlichen) erinnert man speziell an die Reisen von Kuei Chi-hung, der ebenso pseudowissenschaftliches, real basierendes, religiös untermauertes Verhalten und Gedenken durchmischte und daraus seine Albträume direkt für den Zuschauer auf die Leinwand sog; Extremes wie The Boxer's Omen (1983) oder Bewitched (1981), jeweils furchterregend, verstörend, größenwahnsinnig und surreal bis hin zur absurden Komik belegt.