Tobe Hooper muss seinerzeit geahnt haben, dass im Bundesstaat Texas rein gar nichts stimmt und weil die Polizei hier mindestens beide Augen zudrückt, entstand so etwas wie das Kettensägenmassaker. Als Bestätigung dessen erlangte die Stadt Amarillo im Potter County 1999 traurige Berühmtheit durch eskalierende Ereignisse, welche Spielfilmdebütant Jameson Brooks überraschend stilsicher inszeniert.
Amarillo, Texas, 1997: Punk Brian (Dave Davis) fällt durch seinen Iro auf und ist den Footballspielern im Ort, die als Preps bekannt sind, ein Dorn im Auge. Während Brian und Freundin Rome (Lorelei Linklater) sich den übrigen Punks im Ort angeschlossen haben, kommt es immer wieder zu Auseinandersetzungen zwischen den jugendlichen Gruppierungen. Doch dann setzt ein Ereignis die Spirale der Gewalt so richtig in Gang…
Erinnerungen an Filme wie „Warriors“ oder „Outsiders“ drängen sich zunächst zwangsläufig auf, denn mehr Kontraste könnten kaum aufeinanderprallen. So ergibt sich recht früh eine Montage, die den Vergleich vom Pogo mit den harten Körpereinsätzen beim Football nicht scheut. Man fragt sich allerdings, was es mit den Sequenzen des Anwalts vor Gericht auf sich hat, der ein merkwürdig anmutendes Plädoyer hält, welches noch auch aus der Zeit der Sklaverei stammen könnte.
Was eine Weile wie eine beinahe dokumentarisch erscheinende Milieustudie daherkommt, entpuppt sich als Kriminaldrama, welches versucht, möglichst pragmatisch zu bleiben und die Moralkeule im Baseballstadium zu lassen. Natürlich könnte man eine Anhäufung von Klischees kritisieren, da die Punks viel Alkohol zu sich nehmen, entsprechende Konzerte besuchen, regelmäßige Arbeit scheuen, in einer Art Fabrikverschlag hausen und nicht jeden Sonntag als Messdiener aufkreuzen.
Eher könnte man ankreiden, dass die vermeintlich sportlichen Nobeljungs ein wenig zu einseitig präsentiert werden, wobei Autor Brooks nach eigenen Angaben im Ort recherchiert hat, was die Angelegenheit doppelt tragisch erscheinen lässt.
Neben der erfolgreichen Gegenüberstellung von Kontrasten, einer grundsolide geführten Kamera und einem ausgezeichneten Schnitt, sind es primär die Darsteller, die mithilfe des starken Scores für eine recht dichte Atmosphäre sorgen und die Authentizität befeuern.
Die Chemie zwischen Davis und Linklater ist klasse, Glenn Morshower überzeugt mithilfe der verlässlichen Synchro von Ronald Nitschke als Anwalt und auch einige Nebendarsteller, welche im letzten Drittel während einer Gerichtsverhandlung deutlicher in den Vordergrund treten, liefern überzeugend ab.
Was wie eine nahezu beliebig anmutende Sozialstudie beginnt, entpuppt sich als Plädoyer für Toleranz. Nicht nur bezogen auf Texas, wo es viele Trumpelpfade gibt. Jameson Brooks kratzt gewaltig am American Dream und garniert sein Debüt mit spannenden, aber auch sehr menschlichen Momenten, ohne dabei in pathetische Momentsituationen abzudriften.
Und warum nicht eine Punkband einfach mal „White slavedriver“ taufen…
7 von 10