Review

Kevin Spacey und Annette Bening als Vorzeige-Ehepaar in einem typisch amerikanischen Vorstadtbezirk - klingt gut. Thora Birch als deren Tochter, lecker - klingt noch besser. Das beste und überzeugendste aber: Hier wird der Amerikanismus, der "I had a dream" und die berühmte Tellerwäscherstory so richtig schön bloßgestellt. Der Film ist für Bush-Wähler ein Schlag ins Gesicht, insbesondere auch die kruden Erziehungsmethoden des Colonel Frank Fitts (Chris Cooper) - bester Stoff, aus dem Tragikkomödien mit Aussagekraft entstehen können.

Sam Mendes schuf mit wunderschönen Bildern und einer klaren, geradlinigen Erzählstory einen Knaller, der trotz Zynismus sehr sanft verläuft und sehr ruhig darstellt, wie sich so eine typisch aufstrebende amerikanische Familie entwickelt. Ebenso zeigt "American Beauty" den Einfluß von außerhalb. Die kaputte Gesellschaft, die kranken Phantasien anderer, das Mißtrauen, die menschliche Kälte. Es ist ein Film ohne Liebe. Nicht mal das Techtelmechtel zwischen Ricky und Jane, geschweige denn das Lolitagehabe von Angela oder die Affäre zwischen Carolyn und Buddy Kane haben etwas mit Liebe zu tun. Es sind Zweckgemeinschaften, Sehnsüchte, menschliche Abgründe die sich hier auftun. Man "braucht" den anderen, um sein Ego zu befriedigen, das zu bekommen nach dem einem verlangt. Aber Liebe? Sie wird mit keinem Wort erwähnt.

Und trotzdem ist der Film warm und voller menschlicher Nähe zueinander. Insbesondere die Bemühungen Lesters seine Frau wiederzubekommen sind Indiz dafür, daß es doch noch Gefühle gibt, für die es wert ist morgens aufzustehen. Daß die Bemühungen erfolglos sind und die "Frau von einst" längst verloren ist, da sie in ihrer Karrieregeilheit gefangen ist und ihre Fröhlichkeit an die Konsumgesellschaft verloren hat, ist nur noch die Prise Zynismus die diesem Abwasch gefehlt hat.

Das schlimme (im positiven Sinne!) an diesem Film ist: das alles ist so verdammt real, so verdammt nachvollziehbar - es sind wir, die hier beschrieben werden. Die Burnhams, die Fitts, die Gesellschaft - wir sind es, die Mendes vorführt. Er hält uns einen Spiegel vor Augen und fragt: wolltest du so werden? Willst du so enden? All die Wünsche und Sehnsüchte dieser "Filmcharaktere" sind in jedem von uns enthalten. Die hier dargestellten Personen sind keine Superhelden, sie sind ganz gewöhnlich - auch wenn "es nichts schlimmeres gibt als gewöhnlich zu sein".

"American Beauty" stimmt nachdenklich und bewegt. Trotz aller Schwärze in diesem Film geht er uns ans Herz und bewegt uns, reisst uns mit. Insbesondere die Ruhe in zahlreichen Szenen (um das Paradebeispiel aufzuführen: das im Wind flatternde Plastiktütchen) greift uns auf einer emotionalen Ebene an.

Zudem beschert uns der Film die beiden genialsten Zitate des Filmjahres. Einmal Carolyn Burnham beim Schäferstündchen mit Buddy Kane, dem Immobilienking: "Fickt mich, Euer Majestät, fickt mich!" - "Wer ist der König, wer ist der König?" und zum anderen Ricky, als er vom Vater den Faustschlag ins Gesicht bekommt: "Danke, daß Du's mir beibringst. Gib mich nicht auf, Dad!"

Kevin Spacey brilliert ebenso wie Annette Bening. Die Oscars sind wohlverdient.

(10/10)

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