Review

Lester Burnham lebt den amerikanischen Traum: Verheiratet, Tochter, ein Haus mit Vorgarten, ein schicker Wagen und ein gutbezahlter Job. Er ist aber alles andere als zufrieden, was sich darin äußert, als das er die morgendliche Masturbation unter der Dusche als Höhepunkt des Tages erachtet.
Seine Frau Carolyn, die frustriert ob ihrer schleppenden Immobiliengeschäfte den hiesigen Branchenprimus gottesgleich anbetet, findet für ihren Mann keine Beachtung mehr. Zu guter Letzt ist da seine Tochter Jane, die ohne emotionale Bindung zu ihrem Vater, ihr eigenes Leben lebt.
Mit Anfang vierzig steht Lester also vor einer Sinnkrise und löst sich allmählich von den lähmenden Zwängen, die ihm seine Umgebung oktroyiert. Auslöser der Entwicklung ist seine Begegnung mit Angela Hayes, der frühreifen Freundin seiner Tochter, die fortan seine heimlichen Träume und Sehnsüchte dominiert.
Lester kündigt seinen Job, weil er den Wert seiner Arbeit als nicht genügend gewürdigt erachtet, fängt in einer Fast-Food-Kette an und knüpft Kontakte zum Nachbarsjungen Ricky Fitts, ein Außenseiter, der einen Faible für das filmische Festhalten mehr oder weniger bedeutender Momente hat und der Lester mit Drogen versorgt, die diesen von seinem Alltag ablenken. Sein Vater, ein Militäroffizier, ist äußerlich gefühlsarm und hat eine tief verwurzelte Aversion gegen Homosexuelle.

Am schockierenden und unvergesslichen Ende des Filmes wird deutlich, dass die Opfer und Täter der Gesellschaft eine bigotte und schizophrene Fusion eingehen und gemessen an ihren Wertvorstellungen mit ihrem Finger auf sich selbst zeigen müssten. AMERICAN BEAUTY zeigt eine Welt, in der die Angst gesellschaftlichen Mustern nicht mehr zu entsprechen zur Selbstverleugnung führt. In der die archaische menschliche Begierde anerkannt zu werden, dazu führt sich an die Erwartungshaltung seiner Umgebung zu ketten und seiner Gefallsucht die Methode der Selbstidolisierung zur Seite zu stellen.
Eine Gesellschaft wird kritisiert, in der Persönlichkeit zwar gefordert wird, aber nur bis zu einem bestimmten Grad ausgelebt werden darf. Ein gewisser Teil bleibt immer privat, was zu einer latenten Einschränkung der individuellen Freiheit führt. Der Wert eines Menschen wird über seine monetären Verhältnisse, seinen Besitz und vor allem über seine Anpassungsfähigkeit definiert.

AMERICAN BEAUTY ist ein gelungener Genre-Mix aus Drama, Satire und Comedy, bei der die bittere Medizin in eine zuckersüße Hülle verpackt, leichter zu schlucken ist. Die Darsteller, vor allem Kevin Spacey, werden ihren vielschichtigen Charakteren, die hier eine emotionale Achterbahn sondergleichen durchleben, vollkommen gerecht.
Über die finale Botschaft des Filmes kann man aber geteilter Meinung sein, denn der Mut auszubrechen, wird hier nicht unbedingt belohnt.
Thematisch könnte AMERICAN BEAUTY als Pilot zu DESPERATE HOUSEWIVES gelten, denn auch hier existiert nur öberflächliches Idyll, dahinter jedoch hochexplosives Konfliktpotenzial.
Wie bei Bertolt Brecht, dessen Werke zu kennen - passend zum Thema - eigentlich mehr als Statussymbol gilt, ist die Halbwertzeit von AMERICAN BEAUTY relativ kurz, zumindest was den gesellschaftlichen Seitenhieb angeht, denn das implizit Geforderte sieht sich heutzutage kaum umgesetzt.

Sam Mendes' erster Kinofilm ist ein herrlicher Abgesang auf die amerikanische Mittelschicht (ohne das obligatorische Hollywood-Happy-End), der der Gesellschaft einen Spiegel vorhält und sich darüberhinaus auf alle homogenen Gesellschaftsformen der westlichen Welt anwenden lässt.

Ein vielleicht etwas pessimistisches und misantrophes Bild, das den Grundton dieser Kritik angibt, aber man muss in die Extreme gehen, um zitierfähig zu bleiben und AUFZUFALLEN.

Details
Ähnliche Filme