Hochgelobtes, oscardekoriertes Drama mit kleineren Schwächen
Ein typisches amerikanisches Ehepaar in einer mittleren Lebenskrise ist zu sehen. Lester und Carolyn Burnham ( wirklich grandios: Kevin Spacey und Annette Bening ) haben jegliche Liebe in den letzten Jahren auf dem gemeinsamen Weg Weg verloren. Er ist von Kündigung bei einer Werbeagentur bedroht, sie ist als Maklerin erfolglos. Doch das Leben hat noch einiges vor mit den Burnhams...Lester wird nach seiner Kündigung ein neuer Mensch und versucht, seine Jugendlichkeit zurückzugewinnen, während seine Frau eine Affäre mit einem schmierigen, aber erfolgreichen Immobilienverkäufer beginnt. Lesters Affäre ist eher pädophil, schwärmt er doch für die lolitagleiche Freundin seiner Tochter. Nebenbei erfahren wir auch einiges über die Nöte der Tochter der Burnhams und deren erster großer Liebe, dem Sohn des Nachbarn, welcher wiederum mit Drogen handelt, um sein kostspieliges Hobby – den Film – zu finanzieren. Zuletzt noch mit dabei der Vater dieses Jungen, der sein Coming-Out hat...und alle Geschichten dieser Figuren laufen in einem dramatischen Finale ineinander.
Kritik ist zum Glück immer mit der Erlaubnis versehen, subjektiv sein zu dürfen. Und so muß man nicht einstimmen in den Kanon derer, die den Film uneingeschränkt bejubeln. Sind die Oscars wirklich verdient? Nun, ich stimme bei den beiden für das beste Drehbuch und den besten Hauptdarsteller zu, aber der beste Film des Jahres 1999...das finde ich nicht. Denn es hat einige kleinere Schwächen, verteilt über die Länge des Streifens, die ihn von einer Höchstwertung trennen. Aber auch das ist, zum Glück, nur eine subjektive Einschätzung, und man mag da gerne widersprechen. Dennoch sind die Szenen rund um die Tochter der Burnhams eher zäh, und auch die Figur des etwas wunderlichen Freunds der Tochter nimmt sehr viel, zuviel, Raum im Film ein. Man hätte lieber mehr Szenen einer Ehe gehabt, denn die Dialoge der Burnhams miteinander als auch die einzelnen Auftritte dieses doch so typischen Ehepaares sind grandios. Hätte sich der Film mehr diesen beiden gewidmet, dann wäre die Bestnote berechtigt.
Doch das bisher Gesagte klingt zu negativ, da ist es an der Zeit, auch Lob zu verteilen. Lob gebührt vor allem dem Drehbuch, denn intelligente Stories sind selten geworden in den Zeiten des amerikanischen Popcornkinos. Anspruch...uahhh, da wendet sich das Publikum mit Grausen. Doch es ist kein schwieriges Drehbuch, oder gar sperrig und unzugänglich, sondern einfach nur eine Story aus dem Leben der Nachbarn, die nicht unbedingt in Amerika wohnen müßten...es könnte auch die Familie Gruber aus dem Münchener Vorort Feldafing sein, die in einem schönen Häuschen ihrer faden Existenz nachgeht. Lob weiterhin für die Filmmusik, die sich weich anschmiegt und die entscheidenden Momente der Story deutlich in den Vordergrund rückt. Aber Lob vor allem für Kevin Spacey, der den normalen Vierziger aus der Mittelschicht wirklich großartig verkörpert. Der Mann könnte einfach nur eine Filmlänge dastehen, es wäre immer noch eine Freude, ihm zuzusehen. Angesichts der überwiegenden guten Momente nun tritt der mißlungene Teil des Films in den Hintergrund, und so kann man sich uneingeschränkt über zwei Stunden bester Unterhaltung freuen – 8/10.