"Mein Name ist Lester Burnham. Das ist mein Stadtviertel. Das ist meine Straße. Das ist mein Leben. Ich bin 42 Jahre alt. In weniger als einem Jahr bin ich tot. Natürlich weiß ich, dass jetzt noch nicht. In gewisser Weise bin ich bereits tot… Sehen sie mich an. Ich hole mir unter der Dusche einen runter. Das wird der Höhepunkt meines Tages sein. Von jetzt an gehst nur noch bergab… Das ist meine Frau Carolyn. Sehen sie wie der Griff der Baumschere zu ihren Garten-Clogs passt. Das ist kein Zufall."
Kein anderer Film hat mich in den letzten Jahren so tief bewegt, wie Sam Mendes Debütfilm "American Beauty". Es ist die aufwühlende Geschichte zweier Familien, die unter der Schirmherrschaft von Lüge und Schein ein Leben voller Bitterkeit und Unzufriedenheit führen. Und obwohl keiner der Protagonisten wirklich glücklich ist, wird niemals ein Wort über ihre Frustrationen verschwendet. Schuld für ihre Zurückhaltung und Isolation ist die unerbittliche Angst, als anormal zu gelten, die Angst aus dem Rahmen einer Gesellschaft zu fallen, die eine klar definierte Vorstellung von Normalität vertritt.
So führen die Charaktere ein seelisch komatöses Leben, ohne je einen Gedanken an sich Selbst zu verschwenden, in ständiger Verdrängung der Tatsache, dass sie unglücklich sind und das sie jeglichen Funken Lebensfreude verloren haben.
Doch als Lester Burnham ( Kevin Spacey) sich in die Schulfreundin seiner Tochter Janie verknallt, wendet sich alles schlagartig in eine andere Richtung.
Lester, das Paradebeispiel eines unglücklichen Menschen, der ein Scheinleben führt, entdeckt wieder einen Glanz in seinem tristen Alltag und reißt sich aus der Starre eines zwanzigjährigen Komas, um wieder richtig leben zu können. Und mit seiner Befreiung aus dem Kokon der degenerierenden Gesellschaft, reißt er sämtliche Charaktere mit sich. So fängt seine Frau eine Affäre an, ein Mann outet sich, nachdem ein Leben an ihm vorbeigerauscht ist und die künstliche Ordnung der amerikanischen Vorstadtwelt, wird in ein regelrechtes Chaos gestürzt, das die Wahrheit endlich ans Licht bringt.
"Wenn man erfolgreich sein will, dann muss man das Image des Erfolgs ausstrahlen und zwar jeder Zeit."
American Beauty ist eine Parabel über die ewige Suche nach Glück, die irgendwann in der Hektik einer von Perfektion besessenen Welt verloren geht und die ständig verleugnet wird. Der Film ist eine gesellschaftskritische Satire über eine andere Facette des "American Dreams", die zeigt, wie schnell sich Menschen an eine Routine gewöhnen und selbst ihr Privatleben, als einen Beruf ansehen, der noch schwieriger zu bewältigen ist, als der Beruf an sich. Der Schein, der ständig bewahrt werden muss, begräbt die Charaktere bei lebendigem Leib, entzieht ihnen das Leben und ihr Glück.
Keine andere Geschichte ist so ergreifend traurig und melancholisch, wie dieser Film. Und obwohl man über die Versuche der Charaktere aus ihrer Welt auszubrechen, schmunzeln muss, so findet man in ihnen einen Teil von sich selbst wieder. Und die stillen Fragen, die dieser Film aufwirft, sind im Grunde Fragen die wir uns alle stellen und über dessen Sinn, wir genauso leicht hinwegsehen können, wie die Charaktere aus Mendes Meisterwerk.
"Erinnern sie sich an die Plakate auf denen stand: Heute ist der erste Tag vom Rest ihres Lebens. Nun das trifft auf jeden Tag zu, außer auf einen. An dem Tag an dem man stirbt."
Jeder der komplexen Charaktere erzählt eine Geschichte für sich. Jeder hat ein geheimes Laster zu tragen und jeder versucht letztendlich nur das Beste aus seinem Leben zu machen. Nur ist das Beste, was sie wollen, nicht das Beste, was die Gesellschaft will. Lesters Liebe für die Schulfreundin ist nur eine Manifestation seiner Sehnsucht, nach den sorglosen Tagen der Jugend, an denen er mit einer Frau zusammen war, die noch lächeln konnte. Und diese Frau hat ihr Leben ihrem Beruf gewidmet, das sie unglücklich macht, in dem sie erfolglos ist, doch trotzdem hängt sie an ihrem Job mehr, als an alles anderem. Denn er unterstreicht ihr Motto im Leben "Immer den Glanz des Erfolges ausstrahlen"
Mendes Charaktere sind unglaublich. Jeder von ihnen mit Problemen beschäftigt, die nicht normal sind, jeder mit einem Drang zur Verzweiflung. Und im Mittelpunkt steht Lester Burnham, der scheinbar als einziger das Glück wiederfindet und dafür mit seinem Leben bezahlt. Denn ein glücklicher Mann hat in der Scheinwelt der amerikanischen Vorstadt nichts zu suchen.
So tiefgründig ist "American Beauty". Ein Film voller unterschiedlicher Facetten und Blickpunkte. Ein Film der nicht bloß einen Standpunkt vertritt, sondern gleich mehrere, die sich in ihrer Schlussfolgerung jedoch die gleiche Botschaft vermitteln: Das Leben ist schön, man vergisst es nur leider viel zu oft.
"Wie geht es dir… - Ist ziemlich lange her, dass mich das jemand gefragt hat. Es geht mir sehr gut."