Dies war mein erster Noah Baumbach-Film.
Baumbach wird immer mal wieder mit Woody Allen in dessen mittleren Schaffensphase verglichen: Ein Intellektueller, der seine Drehbücher selbst verfasst, dessen Filme voll witziger Dialoge sind, in städtischer Umgebung spielen und häufig die Probleme von normalen Leuten thematisieren. Baumbachs „Marriage Story“ lief vor Kurzem erfolgreich in den Kinos.
„The Meyerowitz Stories“ stellt den renommierten, inzwischen aber erfolglosen Bildhauer Harold Meyerowitz (Dustin Hoffman), seine drei erwachsenen Kinder und deren Schwierigkeiten mit dem Leben ins Zentrum. Im Schatten des übergrossen, egozentrischen Künstler-Vaters verkümmerten die beiden Ältesten, Danny (Adam Sandler) und Jean (Elizabeth Marvel), während sich der jüngere, der Halbbruder Matthew (Ben Stiller) durch selbst herbeigeführte räumliche Distanz zu lösen vermochte und als Geschäftsmann zu Erfolg gekommen ist. Matthew ist bezeichnenderweise Harolds Lieblingssohn – er hat erreicht, wozu der Vater es nie gebracht hat: Geld und Anerkennung.
Der Film dreht sich hauptsächlich um die drei männlichen Meyerowitze, wobei Harold seine beiden Söhne zunächst einzeln trifft, während in der zweiten Filmhälfte alle nach einem lebensbedrohendem Zusammenbruch Harolds zusammenkommen. In vielen Gesprächen werden die Vergangenheit und die Beziehung der drei umrissen, woraus sich ein scharfes Bild zerrütteter familiärer Verhältnisse kristallisiert. Der Film zeichnet auch den Prozess einer langsamen gegenseitiger Annäherung nach und endet schliesslich mit einer hoffnungsvollen Note.
Baumbach beherrscht die Kunst des dialoglastigen Kinos; seine Dialoge sind witzig, sie wirken lebendig, aus dem Leben gegriffen, sie finden meist parallel zu einer äusseren Handlung statt – und sie sind eine Kunstform für sich.
In diesem Film, und vorerst kann ich nur von diesem sprechen, gelingt es ihm immer wieder, aus belanglosem und scheinbar zusammenhangslosem Wortgeplänkel heraus plötzlich zu Sätzen von tiefer Ernsthaftigkeit zu gelangen. Darüber hinaus spiegeln die Dialoge sehr schön und auf schmerzvoll komische Weise die innere Zerrissenheit, die emotionale Zusammenhangslosigkeit der Familie. Die Dialoge und die Figurenzeichnung sind ganz klar Baumbachs grosse Stärke, doch besitzt „The Meyerowitz Stories“ auch andere Qualitäten. Die Schauspielerführung ist eine davon. Die gesamte Besetzung spielt grossartig, zum Teil sind die Schauspieler, Sandler und Stiller vor allen anderen, gegen ihre üblichen Rollenschemata gebürstet. Wie Sandler den gutwilligen aber völlig verkrachten Danny gibt, bleibt haften; Emma Thompson als ständig alkoholisierte Alt-Hippie-Lebenspartnerin des Vaters ist ein herrliches Kabinettstückchen, und auch Judd Hirsch als alternder Künstlerkumpel Harolds überzeugt auf voller Strecke. Kommt hinzu: Die Charaktere und Situationen wirken nie papieren; sie scheinen direkt aus dem Leben gegriffen und funktionieren auch als Zeitbild.
Und das ist es, was diesen schönen Film letztlich ausmacht: Er ist universal und zeigt nichts anderes als die Mühen des Lebens, des Lösens und des wieder Zusammenwachsens.
Dies war mein erster Baumbach-Film; er wird nicht der letzte gewesen sein!