kurz angerissen*
Das Henne-Ei-Dilemma hat Ridley Scott nicht erst mit „Prometheus“ ins Alien-Universum importiert. Es ist fester Bestandteil seiner DNA, seit der organische Kreislauf der Kreatur zum ersten Mal angedeutet wurde. Insofern ist es Scott nicht zu verdenken, dass er vor fünf Jahren damit begann, diese Gedanken weiter auszubauen. Man kann die These vertreten, dass eine seriöse Fortsetzung der Alien-Reihe überhaupt nur noch dann Sinn ergebe, wenn man den Urschlamm des Monster Movies hinter sich lässt und nach den großen Fragen der Philosophie und der Religion greift. Was genau dem entspricht, was Scott mit „Prometheus“ getan hat.
Henne und Ei wird nun aber ganz pragmatisch betrachtet mit „Covenant“, dem Brückenschlag zur originalen Serie, zum konzeptionellen Problem: Wieviel „Prometheus“ steckt in „Alien“ und wieviel „Alien“ in „Prometheus“? Nicht, dass die traumhaft schöne Naturoptik, die für „Prometheus“ definiert wurde und nun perfektioniert wird, nicht auch irgendwie zur Alien-Kreatur passen würde. Was die Expositionen beider Filme zeigen, sind nicht einfach nur ästhetisch überwältigende Eindrücke, sondern existenzialistische Rätselbilder, deren Betrachtung alleine in ferne Gedankenwelten entführen kann.
Wo aber schon ein philosophisch codierter Dialog zwischen einem Androiden und seinem Erschaffer über freien Willen reflektiert, greift Scott das Sublime der ersten Alien-Filme auf, das, was sie im Kern so unheimlich macht, und stellt es im Glaskasten zur Schau. Denkt man sich den Alien-Kontext weg, funktioniert das nicht einmal schlecht, denn abgesehen vom herausragenden „Blade Runner 2049“ ist „Alien: Covenant“ durchaus der interessanteste Indie-Film mit philosophischer Komponente, der 2017 im Pelz eines Mainstream-Films gelaufen ist. Was sicherlich auch Michael Fassbender zu verdanken ist, einem Mann der 1000 Gesichter, der sie allesamt dazu einsetzt, sein Publikum zu verunsichern – und das ganze in einer Doppelrolle dann auch noch spiegelt. Er ist ohne Frage die Attraktion des Films und liefert das Beängstigende, das man sich eigentlich vom Alien erhofft hatte. Ein mit weniger Nuancen ausgestatteter Darsteller hätte die komplette Wirkung versanden lassen, die ambitionierten Dia- und Monologe sogar albern klingen lassen können.
Was Scott eben nicht gelingt, ist die Verknüpfung mit der Ebene des Horrorfilms. Obwohl man in gewisser Weise die Chuzpe bewundern muss, ein Werk mit derart hoch gesteckten Zielen mit slasher-ähnlichen Schemata auszustatten, sobald der Fokus auf die Kreaturen rückt. Das offen ausgespielte Dezimationsprinzip wurde in der Kritik sogar oftmals missverstanden, unterstreicht es doch die perfekte Schlichtheit, mit der das Wesen Jagd macht. Nur, dass dieser Sachverhalt nichts an der grundsätzlichen Problematik ändert: Für die eigentlichen Zwecke, die Scott im Sinn hat, ist die „Alien“-Franchise als solche entbehrlich. Obwohl das menschenähnliche Monster, als das Gigers Kreatur zur Ikone geworden ist, höhere Gedankenspiele in sich trägt, bedeutet seine Ausformulierung gleichzeitig Ausbeutung des Ursprünglichen; ein Gefühl, mit dem man seit „Prometheus“ schwanger trug und das sich mit „Covenant“ endgültig bestätigt. Die Schere greift nicht, und damit scheitert das gesamte Konstrukt, auf dem der Pfad erbaut ist, zu dem man sich entschlossen hat.
Was nicht bedeutet, dass „Alien: Covenant“ kein interessanter Film wäre. Er hat seine packenden, seine subtilen und auch einige wenige unheimliche Momente. Er ist auch nicht substanzlos wie so vieles andere, das die Aufmerksamkeit der Massen erregt. Aber er ersetzt eben als missglücktes Crossover weder die zerrende Spannung eines reinrassigen Horrorthrillers im Weltall noch die Tiefe eines vollblütigen SciFi-Epos der stillen Töne.
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