Review

iHaveCNit: Die Verführten (2017)

Als nächsten Film in diesem Jahr habe ich mir den Film „Die Verführten“ angeschaut. Hier handelt es sich um einen Film von Sofia Coppola, die dafür bei den diesjährigen Filmfestspielen in Canne mit dem Regiepreis ausgezeichnet worden ist. Der Film ist eine Neuinterpretation des Films „Betrogen“ aus dem Jahre 1971 von Regisseur Don Siegel und mit Clint Eastwood in der Hauptrolle. Wohingegen im 1971er-Film eine machohafte Sicht geboten wurde, zeigt uns Coppola hier die Geschichte aus Sicht der Frauen. Ob ich am Ende von diesem Film verführt oder betrogen wurde, dazu komme ich am Ende.

Wir befinden uns im Jahre 1864 zu Zeiten des amerikanischen Bürgerkriegs in Virginia auf dem Gelände um das Farnsworth Mädchenpensionat. Die junge Amy findet beim Pilzesammeln den verwundeten Nordstaatensoldaten Corporal John McBurney vor und bringt ihn ins Pensionat, in dem er nun widerwillig von der Leiterin Martha Farnsworth aufgenommen und gesund gepflegt wird. Im Mädchenpensionat lernt John auch die weitere Lehrerin Edwina Dabney und die Schülerinnen Alica, Jane, Mary und Emily kennen. Dass die Anwesenheit eines Mannes dann irgendwann zu gewissem Verlangen führt ist klar und führt auch zu entsprechenden Konflikten, die folgenreich werden.

Bevor ich auf große Kritikpunkte eingehen möchte, ist es mir wichtig, auf positive Punkt einzugehen. Die Optik des Films ist richtig gut geworden. Sehr viele statische Aufnahmen, die nahezu wie Gemälde aussehen und auch toll mit Nebel und gebrochenem Licht arbeiten. Dazu wird mit der Ausstattung beim Set und den Klamotten natürlich die Zeit des Bürgerkriegs toll wiedergegeben und untersützt die Atmosphäre des Films enorm. Da sich der gesamte Teil des Films in und um das Mädchenpensionat abspielt, haben wir es mit einer Kammerspielsituation zu tun, die entsprechendes Spannungspotential bietet. Dazu spielen in diesem Film Leute mit, mit denen ich kaum ein Problem habe, wie Colin Farrell, Nicole Kidman, Kirsten Dunst, Elle Fanning und für mich überraschenderweise Angourie Rice (aus „The Nice Guys“) und Oona Laurence (aus „Southpaw“). Der Film nimmt sich seine Zeit, die Grundsituation aufzubauen, den Alltag im Internat und die Entstehung der Konflikte zu zeigen. Der Film ist bis auf Vorspann, Abspann und Spannungsspitzen nahezu ohne jegliche Musik ausgestaltet. Habe ich Spannungsspitzen erwähnt, ja, hier gibt es einige Momente im Film, deren spannungsmäßiges Potential nicht vollends ausgeschöpft worden ist und der Film mit angedeuteten, aber nicht gezeigten Elementen dann doch etwas seicht rüberkommt. Das Wichtigste jedoch in diesem Film sind auch die Charaktere. Farrell, Kidman, Fanning und Dunst spielen wie gewohnt. Vor allem Kidmans reduziertes, ambivalentes Schauspiel ist eines der Highlights des Films. Kirsten Dunst spielt ihre Edwina irgendwie wie eine frustrierte unerfüllte graue Jungfer, deren weibliche Unsicherheit dann doch ihrem Charakter nicht gut tut. Elle Fanning erfüllt hier das Lolita-Image, ein junges Luder, dass sich über die eigenen Reize bewusst ist – nicht mehr und nicht weniger. Der Rest der Mädchen ist bis auf kleine Unterschiede dann doch sehr blass. Colin Farrells Charakter ist hier entsprechend Plotinstrument, was für mich nicht weiter tragisch ist. Ich habe in anderes Problem. Die Art, wie dann alle Frauen bzw. Mädchen den Soldaten anschmachten ist dann doch sehr zweischneidig. Bei den Charakteren von Kidman, Fanning und Dunst verstehe ich das schon, aber nicht bei den restlichen Damen, die altersmäßig wenn überhaupt in Farrells Charakter nur eine Bruder- bzw. Vaterfigur sehen sollten anstatt ein „Love Interest“, das ist absolut unglaubwürdig und grenzwertig. Klar kann man durch Isolation und unterdrückten Trieben irgendwie Gründe suchen. Aber für mich endet sowas ergebnislos. Ein paar Frauen schmachten einen Kerl in isolierter Atmosphäre an – irgendwie kennt man das auch von „Der Bachelor“ auf RTL, aber nun auch hier in einer Arthouse-Produktion von Sofia Coppola. Ob man damit dem Frauenbild gut getan hat, stelle ich mal hiermit provokativ in Frage.

So fühle ich mich zum einen betrogen, weil dann der Film charakterliche und narrative Schwächen aufweist, aber auch verführt von der tollen Atmosphäre und den Bildern. Was bleibt ist ein kompaktes Kammerspiel von Lust, Verlangen, Vertrauen, Verführung, Verrat und Vergeltung.

„Die Verführten“ - My First Look – 7/10 Punkte.

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