Review

Eine wundervolle Sci-Fi-Orgie der Kreativität & des Übermuts

"Valerian & die Stadt der tausend Planeten" ist Luc Bessons Lebenstraum, die Kulmination seines Schaffens und eines der kreativsten filmischen Pulverfässer der letzten 10 Jahre. Als teuerster europäischer Film aller Zeiten beherbergt er großes Risiko zu floppen, doch das Risiko war der Film wert. Selten hat ein Film mit so vielen offensichtlichen Schwächen, mir so gut gefallen, eine so hohe Gesamtwertung bekommen. Ganz einfach, weil es sowas wie "Valerian" nicht oft gibt und weil er ein einziger audiovisueller Orgasmus ist, den man erstmal verarbeiten muss. Jeder Cent richtig investiert (als reine Hollywoodproduktion wäre er sich doppelt so teuer und der teuerste Film aller Zeiten geworden), jede Idee reingequetscht, jede Kinnlade ausgeleiert. Größer und kreativer wird's nicht. 

Als ob man "Avatar", "Star Wars" und Bessons eigenen Kulti "Das fünfte Element" in einen potenzierenden Mixer geworfen hat. Allein das Worldbuilding, das Eierzeigen, die überquellende Vision sind ihr Eintrittsgeld wert. Wem die letzten Ableger von "Star Wars" oder "Star Trek" zu uneigen waren, wem "Avatar" erzählerisch zu kopiert daherkam, der hat hier endlich das komplette Gegenteil gefunden. Ein Herzensprojekt, überschäumend mit Ideen, Kreativität und Schauwerten. Da lohnen sich vielleicht sogar mehrere Kinobesuche... trotz einiger Schwächen, auf die ich noch zu sprechen komme, die mir aber überraschend leicht im Magen liegen. 

Es geht um zwei Spezialagenten, gleichzeitig auch zickiges Pärchen, das im 28. Jahrhundert einem intergalaktischen Komplott auf die Spur kommt... Mehr muss man storytechnisch nicht verraten, viel mehr ist da auch nicht. Ein klasse Space-Abenteuer - spaßig, leicht, sinnlos. Nicht mehr, nicht weniger. Delevingne und DeHaan haben definitiv Chemie und gerade das Supermodel liefert ihre bisher beste Performance. Das heißt zwar nicht allzu viel, doch sie gefiel mir mit ihrer frechen Art. Und mit Clive Owen und Ethan Hawke in abgedrehteren Nebenrollen macht man eh nichts falsch. Rihanna so groß zu bewerben weckt bei vielen vielleicht falsche Hoffnungen, doch immerhin liefert die RnB-Prinzessin einen der heißeren Tänze der jüngeren Filmgeschichte. Ich sag ja: Eyecandy regiert hier an allen Ecken und Enden der Galaxis. Es gibt mehr außerirdische Rassen als man zählen kann, jede einzelne detailliert und kultig genug. Das Auge wird fast etwas müde. 

Was für Designs, was für Ideen, was für eine Vielfalt an Farben und Harmonien. Apropos Harmonien: allein das mehrere Jahrhunderte umspannende Intro finde ich herausragend human und wegweisend. Etwas naiv und typisch Besson, doch ich habs geschluckt und finde seinen kompletten Film genauso süss wie kitschig. Europäisch, offen, gutherzig, zeigt man hier Hollywood wie echter Blockbuster auszusehen hat. Und mit einem Gänsehaut-Score, der etwas an "Jurassic Park" erinnert, erträgt man sogar dümmere & tollpatschige Dialoge, bei denen sich Besson nicht gerade mit Schreibruhm bekleckert hat. "Valerian" könnte im Kino baden gehen, doch ähnlich wie "Speed Racer" oder "Pacific Rim" über die Jahre an Fans und Anerkennung gewinnen. Dabei ist doch gerade das Kinoerlebnis hier fast essenziell. Hinsetzen, Kopf aus, über sich schwemmen lassen, aufsaugen.

Fazit: riesig, faszinierend, mutig - "Valerian..." ist ein feuchter Traum für Sci-Fi-Fans, der auf dem besten Weg zum Kultfilm ist und leeren Blockbustern wie "Transformers 5" zeigt, wie Extravaganz, brachiale Optik und purerer Wow-Faktor auszusehen haben! Alles andere als perfekt, aber unglaublich liebens- und entdeckungswert!

PS: hier muss selbst ein 3D-Zweifler mal sagen, dass die Technologie sinnvoll und beeindruckend genutzt wird. Trotz ein paar Unschärfen. Zu Hause greife ich dann zur sicher referenzenverschiebenden 4K-Blu-Ray.


PPS: Und die vielen "Fifth Element"-Insider taten mir in der Seele gut!

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