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Obwohl Mamoru Oshii’s Ghost in the Shell 1995 das Anime Genre revolutionierte, indem er sich auf die technischen und ethischen Aspekte einer möglichen Zukunft konzentrierte und die Fortsetzung Innocence einer der visuell schönsten Animes überhaupt ist, der das Szenario hauptsächlich von der philosophischen Seite angeht, haben beide Filme ein Problem, sie sind leider viel zu kurz um die von Manga Künstler Masamuna Shirow erschaffene Welt in ihrer Vollkommenheit zu erfassen. Hier kommt Stand Alone Complex ins Spiel, die aus zwei Staffeln zu je 26 Episoden bestehende Serie, bietet zwar die selben Charaktere und die selbe Welt, wie die Filme, ist handlungstechnisch jedoch völlig eigenständig und hat eben diese Zeit für die Details und verschiedenen Aspekte welche die Filme vermissen ließen.

Japan im Jahr 2030, Sektion 9 eine ultrageheime Behörde zum Kampf gegen Cyber-Verbrechen geführt von Chief Aramaki sorgt für Ordnung im Netzt und auf der Straße. Das Team besteht aus Major Motoko Kusanagi, dem bärbeißigen Bateau, beides Cyborgs mit menschlichem Gehirn, dem grüblerischen Togusa und einigen anderen Figuren, nebst Staffel spinnenartiger Kampfroboter mit der Persönlichkeit von Teenagern namens Tashikoma. Der eigentliche Star ist allerdings wie in den beiden Filmen die Welt, in der diese Figuren agieren. Die Grenze zwischen Mensch und Maschine ist verschwommen, der physische Tod ist nicht das Ende, da Gehirninhalte transplantierbar sind. Ebenso sind die Gehirne nicht mehr abgeschottet, man kann wie auf Computer auf verschiede Art und Weise auf sie zugreifen, sie sogar manipulieren. Daraus ergeben sich ganz neue Möglichkeiten für das Verbrechen und fast alle Geschichten der Serie basieren auf solchen. Sie zeigen neue technologische Errungenschaften, führen Vor- und Nachteile auf, letztere meist indem irgendein Missbrauch geschildert wird und lassen letztendlich Sektion 9 ermitteln. Hierbei wird großer Wert auf Authentizität gelegt, die Ermittlugsarbeit ist sehr dialoglastig, einen beträchtlichen Teil der Handlungen tauschen die Figuren auf unterschiedlichstem Wege Informationen aus und analysieren Spuren. Wer in jeder Folge ausufernde Ballerorgien oder blutige Schlägereien erwartet, dem sollte gesagt sein, dass er im Ghost in the Shell Universum falsch ist. Dennoch bietet die Serie proportional mehr Action als die Filme und geht dabei auch wenig zimperlich zur Sache. Wer nichts verpassen will ist allerdings gezwungen verdammt aufmerksam zu sein, die Wendungen kommen manchmal in schwindeleregendem Tempo und die eine oder andere Erklärung für ganze Handlungsstränge versteckt sich in einem Nebensatz. Wenn man an den falschen Stellen mal nicht genau zuhört verliert man sehr schnell den roten Faden und das verzeiht einem die Serie vor allem bei der Haupthandlung nicht, Rückblenden oder rückwirkende Erklärungen sind Mangelware.

Das Ganze gewinnt dadurch an Spannung und Glaubwürdigkeit, dass die Figuren keine Abziehbilder oder übertriebene Superhelden sind. Sie haben alle ihre Schwächen und Macken, selbst der Major. Im Gegensatz zu den Filmen bekommen wir auch einiges vom privaten Background zu hören und zu sehen, zum Beispiel treffen wir Togusas Familie, begleiten Bateau in seine Vergangenheit im Dienst der CIA oder erfahren, dass Major Kusanagi sexuell gleichgeschlechtlich orientiert ist (erklärt ihren Zynismus und nein, das Gezeigte bleibt immer jugendfrei). Auch den weniger menschlichen Protagonisten wird sehr viel Lebendigkeit zugestanden. Aber das ist ja schon immer das Hauptthema von Ghost in the Shell gewesen, die Definition von Leben und die Suche nach der Trennlinie zwischen künstlicher Intelligenz und individueller Persönlichkeit. Es vergeht keine Episode, die nicht in irgendeiner Form auf diese Thematik zurückgreift.

Die Serie unterteilt sich in die Stand Alone Episoden und die Complex Episoden. Erstere sind, wie der Name andeutet, völlig unabhängig voneinander und behandeln futuristische Kriminalfälle, mal actionastiger, mal ermittlungslastiger. Die Complex Episoden erzählen die zusammenhängende Geschichte vom Lachenden Mann, einem geheimnisvollen Superhacker, und einer bedrohlichen Regierungsverschwörung. In keinem der beiden Bereiche gibt sich Ghost in the Shell eine Blöße. Die Krimis, die losgelösten Folgen sind höchst abwechslungsreich spannend und durchgehend ebenso intelligent wie toll umgesetzt. Die Hauptgeschichte ist hoch komplex und fesselt mit ihrem Verwirrspiel um die Existenz und die Identität des Lachenden Mannes von Anfang bis zum Ende. Fairerweise wird der Zuschauer in jedem Vorspann darauf hingewiesen, welche Art von Episode er gerade vor sich hat.

Technisch mag man anfangs von den etwas simplen Animationen enttäuscht sein, doch das Niveau steigt von Folge zu Folge. Die Serie überrascht ständig mit Kamerafahrten, wo man in einem animierten Film eigentlich keine erwarten würde. Dies sind meist Kleinigkeiten, wie eine Kamera, die Bateau über die Schulter blickend folgt, während er eine Wohnung durchsucht, sorgen aber immer wieder für positive Erlebnisse. In der zweiten Staffel nimmt die technische Qualität noch mal gehörig zu. Der Soundtrack ist fantastisch mit seiner Mischung aus Pop, Synthesizer-Klängen und Score. Die Macher, wissen wie man mit der Musik die Spannung in die Höhe treiben kann und setzten dies sehr geschickt ein. Wie gesagt, die Welt besteht aus einer Unmenge an Details und die ganzen technischen Spielereien werden sehr glaubwürdig und ausführlich dargestellt und erklärt.

Fazit: Stand Alone Complex ist das Herzstück des Ghost in the Shell Universums. Die enorme Detailfülle lässt die Ermittlungen in dieser fantastischen Scince-Fiction Welt so beklemmend real erscheinen wie in einem Krimi der Gegenwart. Die Serie trumpft durch ihre lebendigen Charaktere, interessanten Geschichten und vor allem durch die glaubwürdige visionäre Zukunftswelt auf. Meistens geht es ruhig aber spannend zu, gelegentlich bekommt man aber Actionsequenzen geboten, die absolut an die Spitze des Genres anzusiedeln sind. Stand Alone Complex ist eine der besten Anime Serien die es gibt, erfordert aber Aufmerksamkeit und Mitdenken. Beste Unterhaltung für das Auge, die Ohren und vor allem für die wabbelige Masse dazwischen.

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