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Staffel 2

Ich will kein Engel mehr sein.“ lautet der erste Satz der ersten Szene der ersten Folge von den Nachzüglern der Wilden Engel, hier nicht bloß bei den titelgebenden Frauen in Sachen Darstellerinnen komplett ausgetauscht, sondern auch im Auftraggeber, welcher dort verkörpert von Filip Peeters (eine Art Westentaschen-William Petersen) mit zunehmender Spieldauer so etwas wie die feste Bindung und das Fundament der ansonsten eher als Luftnummer funktionierenden Serie war und mit der auch über die Laufzeit gewinnenden Birgit Stauber (als Kampfzwerg mit schicken Chassis, Kraft aus Hüfte und Beinen halt) der große Vorteil. Von den 'damaligen' Figuren und ihren Verkörperungen wird hier – eher ein Reboot als eine Staffel 2 – nichts mehr gehört und nichts erwähnt, ist eine Verjüngung (mit wenigen Jahren Unterschied bloß, wenn überhaupt) eingetreten und eine gelinde andere Ausrichtung, in der man erstaunlicherweise noch seichter und noch weniger bodenständig als bei den (scheinbar sang- und klanglos abgedankten) Vorgängern schon ist. In der ersten Folge “Wer schön sein will, muss sterben“ geht es im ursprünglicher Auftrag bspw. um den Diebstahl bzw. die Wiedererlangung eines unrechtmäßig 'entwickelten' Parfüms, das andere Damentrio zuvor hat sich mit einer Splittergruppe des BND, korrupten Bundeswehroffizieren, Profikillern und anderem Geschmeiß angelegt.

Jünger also soll man sein, für das vermeintliche Zielpublikum attraktiver, leicht wie eine Feder. Bleiben tun teils die Verantwortlichen dafür, bei der Startepisode Roland Leyer für die Action (die mit einem affektiert überstilisierten 'Martial Arts' Crescendo und einem kurzen Blick auf Landwehr Mathis beginnt), Axel Sand für Kamera und die Regie, die Leute um Hermann Joha also, der sich 2005 schon vorübergehend auf Größeres (wie Der Clown: Payday und dem Kampfansage für das Kino) konzentriert. Es gibt Farbfilter, es gibt schräge Einstellungen, es gibt viel Zeitlupe und viel Make-up und Kostümwechsel, oft kurzberockt und tief dekolletiert; die “Seppllösung“ in der Kopie vom McG also, wie man es hier selber bezeichnet und bezeichnenderweise so nennt. Da man wehendes Haar und den Parfümplot schlecht abendfüllend erzählen kann, geht es in der nachgereichten Geschichte um die verschwundene Frau eines alten Bekannten vom Engel-Boss Udo Kier (kurz und schmerzlos), einem Diplomaten, der seine Angetraute vermisst und weibliche Hilfe engagiert. Die Suche führt inkognito in eine von Udo Schenk als Dr. Mang geleitete Schönheits-/Wellnessklinik ins brandenburgische Bad Saarow, wo man sich getarnt als Kundin, Masseurin und Krankenschwester (allesamt mit Cleavage und knappen Outfits) einschleust und Patienten (wie Alexandra Kamp) checkt und Aktenorder wälzt, außerdem wird im Badeanzug und damit voller Montur im Entspannungsbecken gebadet, man gönnt sich ja sonst auch nichts.

Theoretisch hätte auch die ältere 'Generation' um Stauber, Habermann und Uplegger diese dürre Geschichte spielen können, das hier etwas mehr Farbe herrscht und es aus dem Ruhrpott hinaus und vor allem auch an die frische Luft und das elitäre Naherholungsgebiet geht, schadet im Übrigen nicht, auch Neuzugänge Zora Holt und Tanja Wenzel funktionieren schon hervorragend, abgesehen von, dass beide auch attraktiv aussehen. Alberne Wirework-Einlagen mit GZSZ-Akteuren und eine nahezu völlig verhunzte motorisierte Angelegenheit zum Showdown hin stellen nunmehr die Arbeit von Action Concept dar, wenigstens gibt's als Bonbon eine voluminöse Autoexplosion.

Auch in “Catwalk“ geht es im Grunde um einen privaten Gefallen, für einen weiteren guten Freund vom Arbeit- und Auftraggeber Kier, soll doch die Tochter eines alten Bekannten beschützt werden, die zufällig Model ist und von einem wahnsinnigen Fan auf der Berliner Fashion Week mit einem Messer angegriffen und verletzt wurde; so zumindest die offizielle Version. Die offizielle Regie von Axel Sand zeichnet die (von 2.87 Millionen Deutschen gesehene) Geschichte mit viel oberflächlicher Hektik, viel Künstlichkeit und passend mehr Schein als Sein, in der ein bis zwei der Titelhelden, allen voran Frau Holt, aber auch (die hier angenehm leger gekleidete) Frau Wenzel noch wesentlich angenehmer, da irgendwie ruhiger wegkommen als das laute und volle Umfeld, in der noch die Gaststars Nina Hagen (als berühmte Modeschöpferin) und Simone Hanselmann (auch als Kleiderständer) herumwandern und chargieren und eventuell auch karikieren. Verdächtige und Motive in diesem 'Krimi'konstrukt um auch einen 6 Millionen Euro BH gibt es natürlich viele, die Konkurrenz, die Mundpropaganda nach dem aufsehenerregenden Zwischenfall, die Eifersucht oder die stinknormale Hassliebe, oder auch nichts von allem, sondern nur optische Täuschung und Finten und Tricks. “Daraus kann man ja einen Film machen!“ Aber Action ist hier keine.

Der Einfachheit halber fängt auch (das von 3.34 Millionen Zuschauern verfolgte) “Auf die Plätze, fertig ... tot" an wie die Vorgängerfolgen, die Rückkehr von einem uns nicht gezeigten Auftrag, welcher bloß kurz rekapituliert wird (“Zum Glück haben wir .... gefasst.“), worauf Kier den ebenso kurzen Auftritt mit einem weiteren befreundeten Mann, Frau oder Paar und diesen in Nöten und so einer neuen Mission und neuen Situation des Einschleichen und inkognito ermitteln hinlegt. Hier geht es in eine Art Trainingszentrum/Sportinternat für speziell Fünfkampf, olympisch, wobei dort eine junge Frau beim Fechttraining um's Leben kam und die Polizei einfach nur von Materialfehler und nicht etwa Absicht und Sabotage ausgeht. Zwei der (hübschen) Mädels gehen als Sportlerinnen an den Start, zwei Tage vor einem Qualifikationswettkampf, Petruo (die immer bisschen aussieht wie ein Pferd) macht die Trainerin, Axel Sand erneut Kamera und Regie. Verdächtig sind dann wieder alle und jeder, Hierarchien wieder eng, 'Befragungen' gerne wieder überaus auffällig und ansonsten heimlich in fremde Zimmer zum Schnüffeln geschlichen; dramaturgisch ist man tatsächlich nah am spät 70er Original, gewollt, oder hat sich seitdem nicht weiter entwickelt. Zickenkrieg ist hierbei anders als in der ersten Staffel übrigens nie und nicht zwischen den Engeln selber, sondern den anderen Anwesenden, wobei das Ganze hier neben dem Konkurrenzkampf zwischen den anderen Sportlerinnen teils auch zu einem leidigen Dramaversuch mit von der Gesellschaft isolierten Twens im Selektionsprozess nach Darwin und einer 'verbotenen', also gleichgeschlechtlichen und auch polygamen und auch ehebrechenden Liebelei, einem Sex, Lügen und Video im knappen Sportdress wird. Hier gibt's final die Explosion eines Motorbootes beim Aufprall auf die Kaimauer übrigens, da ist der Joha nicht extra aufgestanden für, sondern hat den Leyer vorgeschickt.

Zum Abschluss des Ganzen, der (unfreiwillig) letzten und auch nur vierten Folge “Drei Engel für ein Halleluja“ geht man zumindest zu Beginn einen etwas anderen Weg, wird das dramaturgische Pferd von hinten aufgezäumt und mit einem Cliffhanger (zwei der Engel kurz vorm Ertrinken, die dritte scheinbar erschossen und tot) und dann der Vorgeschichte bis dahin begonnen, ein “48 Stunden vorher“, welches dann die entsprechenden und entscheidenden Weichen stellt. Die jungen Leute sind hier übrigens auch gar nicht auf offizieller Mission, sondern eigentlich auf Kurzurlaub (in der Uckermark), und was auch anders ist: es gibt zu Beginn schon einen formidablen Autostunt. Aufgrund dieses Unfalls (durch Blitzschlag) landet man unfreiwillig auf Zuflucht in einem Kloster, was aussieht wie die Herberge vom Lasko, aber hier von Schwester Oberin Sonja Kirchberger und dies mit merkwürdigen Benimm (und nächtlichen Fackelzug) geleitet wird. Bald fliegt eine Nonne vom Dach, und dann wird es erst richtig mysteriös und merkwürdig; Stammregisseur Sand, der bspw. beim Lasko auch die Folge “Der Fluch“ gedreht und fotografiert hat, inszeniert dies als “Edgar Wallace Horror-Schwachsinn“, also mit viel Geheimniskrämerei, Herumgeschleiche in düsteren Behausungen, dem Erzählen von gruseligen Überlieferungen und bösen Blicken. Hier wie dort gibt es auch die Tag-und Nachtgleiche, also inszenatorische Sorgfalt, und es gibt den Kungfu Kampf zwischen den Gottesdienstlern, am Ende muss Roland Leyer nochmal für einen wilden Autostunt ran. Gesehen haben das 2.74 Mio. Zuschauer, also heute viel, damals niemand.

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