Bei der spanisch-puerto-ricanischen Koproduktion „Pieces – Stunden des Wahnsinns“ von Juan Piquer Simón („Slugs“) handelt es um deutlich von Slashern wie "Freitag der 13." sowie dem „Texas Chainsaw Massacre“ inspirierten, spanischen B-Horror aus dem Jahre 1983 um einen kleinen Jungen, der gerade mit einem Erotik-Puzzle beschäftigt ist, als ihn seine Mutter dabei erwischt und ihn maßregelt. Daraufhin greift er kurzerhand zur Axt und erschlägt und zerstückelt seine Mutter, um in Ruhe das Puzzle vollenden zu können. 40 Jahre später ist er mit einer Kettensäge ausgestattet an einer Universität unterwegs und zerstückelt junge Mädchen, um nach und nach sein geliebtes Nackedei-Puzzle mit echten Körperteilen vollenden zu können...
Was für eine Story! Bereits der im Boston der 1940er spielende Prolog würde für sich genommen als Kurzfilm prächtig funktionieren und ist eine glatte 1 in Sachen kruden Wahnsinns. 40 Jahre später greift er neben der vermutlich aus Tobe Hoopers Texas-Ausflug entlehnten, in Boston jedoch weit offensiver eingesetzten Kettensäge auch zu den Slasher-typischen Stichwaffen und hinterlässt regelmäßig ein Blutbad, was der Film in verhältnismäßig gut gemachten, zumindest sehr effektiven Spezialeffekten häufig recht drastisch und explizit zeigt, wenngleich die Kamera auch schon mal abblendet und nur das Ergebnis des wenig segenreichen Sägeneinsatzes präsentiert. Der Mörder, um dessen Identität im Erwachsenenalter ein „Whodunit?“ gesponnen wird, wird genretypisch häufig in „Point of view“-Perspektive gezeigt, seine schwarzen Handschuhe und Szenen wie der mittels Zeitlupe ästhetisierte Mord auf dem Wasserbett erinnern überaus angenehm an starke Vertreter des Giallo-Genres.
Obgleich nur wenige Täter infrage kommen, sind auch ausgiebige Ermittlungsarbeiten (bzw. das, was man dafür hielt) vonnöten, bis Detective Bracken (Christopher George, „Ein Zombie hing am Glockenseil“) im Laufe der Handlung ein mehrköpfiges Dream Team inkl. eines Schülers, auf den zunächst der Verdacht fiel, und einer verdeckt als Tennislehrerin ermittelnden Undercover-Agentin, entsteht, das mit vereinten Kräften hinter die Identität des Killers zu kommen versucht. Schwer verdächtig macht sich u.a. der von Bud-Spencer-Double Paul Smith („Popeye - Der Seemann mit dem harten Schlag“) gespielte grobschlächtige, grimmige Gärtner, der auch gern (?) mit seiner Kettensäge herumhantiert. Im Grunde genommen pendelt „Pieces“ zwischen Rip-Off und Hommage an seine Vorbilder (man beachte in diesem Kontext auch das „Freitag, der 13.“-Poster an der Zimmerwand) sowie unfreiwilliger Schmierenkomödie, die sich glücklicherweise selbst nicht immer ganz ernst nimmt, garniert mit blutigen Splattereinlagen. Zwischenzeitlich wird „Pieces“ jedoch auch immer mal etwas langatmig, werden Füllszenen gestreckt, um auf Lauflänge zu kommen. Doch auch darunter hat sich Unfassbares geschlichen, beispielsweise ein minutenlanges, dilettantisches Tennismatch oder eine vollkommen sinnlose, hochgradig alberne Eastern-Kampfsport-Einlage. Schön aber auch eine Bud-Spencer-artige Prügelei des Gärtners gegen gleich mehrere Gegner und natürlich die Zeigefreudigkeit der Darsteller, im Übrigen seitens beider Geschlechter. Faszinierend auch, wie unauffällig man einen Fahrstuhl mit Kettensäge im Anschlag betreten kann… Die Musik stammt vom Italiener Carlo Maria Cordio („Absurd“) und Librado Pastor (als „CAM“), welche sich freuen dürfen, durch ihren Soundtrack den Film atmosphärisch deutlich aufgewertet zu haben.
Die schockierende Prä-Schlusspointe fällt überaus makaber aus, die überraschende eigentliche Pointe indes ist ein gelungener Gag, wenn er auch recht aufgesetzt wirkt. Damit wird der Schlusspunkt gesetzt unter einen herrlichen Bastard des europäischen Genrekinos mit wunderbar kranker, psychopathologischer Story, dessen teils namhafte internationale Darsteller (unter ihnen Lynda Day George, „Casino“, Edmund Purdom, „Fröhliche Weihnacht“ und Jack Taylor, „Die neun Pforten“) bisweilen voll in Over- und Underacting aufgehen, die zudem im Deutschen mit einer lausigen, hölzernen Synchronisation ausgestattet wurden. Das Tollste an „Pieces“ aber ist, dass er genau das bietet, was er verspricht, und was den Härtegrad seiner nicht singenden, sondern ratternden Säge betrifft seinerzeit zur Genrespitze gehört haben dürfte. Ein großes Vergnügen des guten schlechten Geschmacks, nicht nur für Puzzlefreunde!