Aufgrund des anhaltenden Erfolges der Ursprungsserie The Blacklist von Jon Bokenkamp entstandenes Spin-off als Mid-Season Lückenfüller und Art Mini-Serie in 8 Episoden, dass die Geschichte einer der dort mal mehr, zwischendurch mal weniger bis gar nicht in Betrachtung geratenen Nebenrolle, die des Tom Keen, nun stärker in Augenschein und quasi in einem erweiterten, nicht gänzlich uninspirierten Paralleluniversum unter die Lupe nimmt. Dabei ist die Figur dort schon aufgrund der engen Verbindungen zu beiden eigentlichen Hauptdarstellern Elizabeth Keen und Raymond 'Red' Reddington, auch aufgrund der überaus unterschiedlichen Charakterzeichnung, die sich aus einer Doppelidentität ergibt und dem teils vollkommen konträren Blickwinkel der jeweiligen Dramaturgie interessant auch im weiteren Sinne. Aber alles Andere als ein Sympathieträger und auch darstellerisch nicht unbedingt die nunmehrige Hauptrolle wert.
Entsprechend hat man dabei nun auch (abermals) auf ein Ensemble gesetzt, in dem eine neue/alte Eingreiftruppe ähnliche Verbrechen und ähnliche Kriminelle am Aufklären bzw. Aufhalten ist. Leider Gottes ist auch diese Einheit anfangs ein reines Konglomerat aus Pappkameraden und Klischeegeschehen (der dicke Computernerd mit den ständigen Kommentaren, die nach außen hin steinharte und nach innen verletzliche Anführerin, das blasse nächste weibliche Mitglied usw.), welches man auch genauso und im meistens gar besser in Dutzenden anderen Serien der letzten Jahre gesehen hat und im Vergleich zur tatsächlich originalen Besetzung so überhaupt nicht sticht:
Covert Operative Tom Keen [ Ryan Eggold ], langjähriger Freund der FBI Agentin Elizabeth Keen [ Megan Boone ] und der Vater ihres neugeborenen Kindes, erhält die Nachricht, dass sein Erzeuger und Multimillionär Howard Hargrave [ Terry O'Quinn ] vor kurzem durch einen Flugzeugabsturz ums Leben gekommen ist. Zwar hat Tom durch das Aufwachsen bei Pflegeeltern keinerlei großartigen emotionalen Bezug zu Howard, reist aber dennoch zur vermeintlichen Testamentseröffnung nach New York, nur um dort festzustellen, dass a) dieser noch lebt, b) heimlich Kontakt zu ihm aufnimmt und vor seiner nunmehr allein die Firma "Halycon" leitenden Ehefrau Susan 'Scottie' Hargrave [ Famke Janssen ] zu warnen und c) ihn zu bitten, inkognito in diese Firma und deren Untergrundgeschäft, eine Art inoffizieller Söldnerbetrieb auch für die Regierung einzusteigen und sie zu infiltrieren. Tom wird auch tatsächlich kurz darauf von der vermeintlichen Witwe und seiner leiblichen, davon aber unwissenden Mutter Susan Hargrave engagiert, um in "Halcyon" an seiner Seite seiner eigentlichen Erzfeinde Matias Solomon [ Edi Gathegi ], Nez Rowan [ Tawny Cypress ] und Dumont [ Adrian Martinez ] sowohl diverse Todesmissionen zu absolvieren, als auch mit Hilfe von Howard hinter das Geheimnis um dessen "Tod" und die Absichten von Susan zu kommen.
Die Serie selber steigt mit "Leland Bray" dabei sofort und ohne weitere Erklärung ein, hatte man doch zuvor in den Episode 17 - 18 und 20 - 22 der dortigen Staffel 3 von Blacklist die ersten Weichen gesetzt; ein Vorwissen von insgesamt über 200min, dass eigentlich und mindestens schon vonnöten wäre, um diese schnelle Abfolge an Ereignissen hier und Schauplatzwechsel und die viele Personendurchläufe (Toms Ehefrau samt Baby, sein totgesagter Vater, die Ehefrau, die von diesem nur vorgetäuschten Tod nichts weiss und von dem vor ihr stehenden Sohn auch nicht, Toms Nemesis, der gar nicht tot ist, sondern sein neuer Partner wird usw.) überhaupt einzuordnen und richtig zu kategorisieren. Das Drehbuch hier und die Regie hilft beim AndieHand-Nehmen nämlich nicht, wird auf Schnelligkeit gespielt und muss die Geschichte sowohl in der Folge der Woche – die Entführung einer CIA Agentin samt ihres Sohnes und die versuchte Rückholung des Teams – als auch den später prominent werdenden roten Faden gleich schon die ersten wenigen Minuten vorantreiben, was angesichts des hier recht preisgünstig Geschriebenen und Gezeigten (und nicht nur im Vergleich zum Paukenschlag der Originalserie) eigentlich ziemlich den Qualitätsberg hinab geht.
Maue Monologe und Dialoge, überhaupt schwachbrüstiges Geplänkel zwischen den Figuren, welches durch Schema F - Verhalten keinerlei Überzeugungskraft hat und kein Hineinkommen in die Handlung ermöglicht. Viel unnötiger Verlass auf diverse High Tech Sperenzchen und dem vielen Getippe auf der Computertastatur, dass die dazu vergleichsweise geerdete und von der Grundidee analoge Taken Fersehserie (bis dato) in allen Belangen besser dastehen lässt; dazu gleich zwei langweilige Einbruchssequenzen im bräsigen Mission Impossible Stil, wobei die bemühte Präsentation derer in Split Screen sicherlich nicht hilft und eher noch mehr abträglich hier ist.
Das überaus unnötige Verteilen der Bilder in mehrere Einstellungen, die einzeln nichts Spezielles zeigen und in der Potenzierung dann auch nicht, wird auch in Folge 2 "Kevin Jensen" gehandhabt, die im Vergleich zu dem unterirdischen Auftakt dann allerdings erfreulicherweise doch etwas besser ist und in seiner Mischung aus dem späten Söldner-A-Team, den eben so späten kanadischen Airwolf- Folgen und dem Achtziger Jahre Mission Impossible den Abgrund vorübergehend verlässt. Zwar soll auch diesmal wieder Jemand aus den Fängen befreit werden, handelt es sich dabei allerdings um einen Journalisten, der als vermeintlicher CIA-Spion beschuldigt in einem Gefängnis in kyrkistan gehalten und gefoltert und bald der Todesstrafe übergeben wird. Kyrkistan ist natürlich nur ein Phantasiename, eine maue Ausrede und Entschuldigung, die die Folge nutzt, mal so richtig und im Grunde unverhohlen, da für Blinde erkennbar gegen den direkt daneben ("located on the eastern border of Turkey") befindlichem Erdogan-Staat ("the brutal and unseasonably chilly nation state") zu wettern und zu propagandieren. So darf man sich während der fortschreitenden und gleichzeitig rückwärts gängigen Handlung, einer Art Update vom Midnight Express mit all seinen Vorurteilen und Ressentiments an so Dialogblüten wie "The country's run by this guy...He's supposed to be up for reelection in six weeks, but I guess he didn't like how like the polls were tracking because he decided not to risk it. Instead, he cracked down on the rival political party.", He put the whole country on lockdown. Tens of thousands have been arrested. Police, military, judges, students. Journalists. He's taking out anyone who doesn't support him.", "The man's paranoid, angry. And we're on the long list of enemies he's pointing the finger at.", These days, even the rumor that you spoke critically of the president is enough to get you thrown into a cell." usw. usf. erfreuen (oder auch nicht) und ist die Aktualität des Geschehens, wie man auch dazu steht schon den Pluspunkt der Aufmerksamkeit wert und sorgt auch für vordergründige Spannung angesichts des hier proklamierten Bösen mit seiner Bananenrepublik gleich mit. So richtig Feuer oder Aufregung hat die Serie dabei noch lange nicht – man möge sich nur an die Zweiteiler von Joe Carnahan erinnern – , aber es geht zumindest etwas in die richtige Richtung, was nach dem unbrauchbaren Pilot aber die große Kunst noch nicht ist.
Folge 3 „Independence, U.S.A." schießt dann den Vogel ab und präsentiert eine wilde Mischung aus The Americans und Wayward Pines, in dem im fernen Russland ein dort stilecht amerikanisch aufgebautes Dorf namens "Independence" mit derzeit 216 Einwohnern infiltriert wird, wo kommunistische Sleeper in 24h Überwachung für das entsprechende Leben in praxi vorbereiten werden und sich bis dato quasi im American Way of Life üben. Bis am Ende das Cover vor Ort aufgedeckt wird und dann etwas Action passiert, überrascht die Episode mit einer beispiellos überbordenden Dramaturgie, die wahrhaftig Alles und Allem Glauben schenkt und noch so jede bekannten Verschwörungstheorie da draußen in entsprechender filmischer und ernsthafter Umsetzung demonstriert. Jetzt schon ist die Serie de facto jeder logischen Grundlage entbunden und kann so gänzlich ungeniert loslegen, was viel Freude für hoffentlich noch Kommendes macht, erstmal Respekt generiert (und sich schließlich und endlich auch im der “Auflösung“ der Serie zeigt).
Folge 4 „Operation Davenport" dagegen ist fast schon wieder banal und langweilig zu nennen, und erinnert eher an den Auftakt, was kein gutes Zeichen, hier dann allerdings etwas besser als beim Opener inszeniert doch ist. Die Geschichte dreht sich um einen Ausbruch fünf ganz Schwerkrimineller, die nach einem Verkehrsunfall aus einem illegalen und entsprechend versteckten, dafür mitten in New York angesiedelten Gefängnis entfliehen können, und sich über die Insel verteilen, was die Suche danach entsprechend erschwert. Zusätzlich kommt hinzu, dass man dies 'schwarz' geführte Gefängnis nicht ohne weiteres der Öffentlichkeit kund tun kann, also auch der Deckmantel des Schweigens über der Verbrecherhatz allgemein liegt, und im Zuge der Ermittlungen im Breakout Kings - Stil (für Arme) noch weitere Hintergründe und andere Verschleierungen an das Tageslicht kommen, die so angenehm für alle direkt und indirekt Beteiligten nicht sind. Währenddessen wird auch der rote Faden mit der vermeintlichen oder tatsächlichen Verwandtschaft weiter gestrickt, was die eigentliche Folge der Woche immer wieder ausbremst, die darüber hinaus einen forschen Zweikampf in beengten Wohnverhältnissen (und mal nicht in dunklen unterirdischen Gängen) bietet und ansonsten 08/15 Standard ohne weitere Eskapaden nach oben oder nach hinaus nur ist.
Im steten Auf und Ab und Hin und Her hat Folge 5 „Borealis 301" dafür gleich drei Geschichten, die jede für sich bestehen würden, hier aber ineinander übergehen und sich ablösen, wodurch das Ganze etwas überhastet und voll mit vertanen Chancen, im Grunde also mit zu viel Ideen statt einer Armut dessen hausieren geht. So stellt die Eröffnung eines Giftgasanschlages eines Berliner Polizisten, der privat von der Gesinnung her ein Mitglied der nationalistischen "Germany First" (sic) Bewegung ist, leider nur die Einleitung dar, der in einem Auffang- und Erstaufnahmelager für Flüchtlinge von ihm in der Mittagspause entsandte chemischer Kampfstoff Sarin wurde zuvor von einem spurlos über dem Meer verschwundenen Flugzeug transportiert, was wohl mehr die Regel als die Ausnahme und dann gleich die Haupthandlung darstellt. Solomon und Keen tarnen sich als Stewards in einem potentiell gefährdeten Flieger nach Beijing ein, der prompt gekapert wird und eine Zielperson, die für einen chinesischen Triaden als Übersetzerin eingeschleust werden soll, gleich mit. Großes Tohuwabohu also, mittig Passenger 57 in der Kurzfassung, am Anfang und am Ende der Geschichte dann wieder etwas gänzlich anderes, plus noch zusätzlich die Verwirrungen um den eventuell paranoiden Vater und die eventuell bösartige Mutter und wem man nun glauben soll und wem doch lieber nicht. Eine Zuspitzung an Informationen, die im folgenden 'Zweiteiler' von „Whitehall“ in Folge 7 und „Whitehall: The Conclusion“ in Folge 8 gar die zuvor noch ablaufende Episode der Woche („Hostages", ein Entführungsfall einer dreiköpfigen Familie) überstimmt und sich fast gegenseitig am Negieren, am Auslöschen, bzw. dann am Übergang in das große Staffelfinale und den allseits ausgerufenen Kleinkrieg und dem abermaligen Negieren allen bis dato zusammen gestellten Wissens dann ist.