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Der internationale Überraschungserfolg des Jahres 2003 war wohl "City of God", für den Fernando Meirelles weltweit Preise einheimste und der von Kritikern begeistert aufgenommen wurde. Kurz gesagt geht es um die zwei Jungen Buscapé und „Löckchen“, die in den 60ern in der „Stadt Gottes“ aufwachsen, einem Vorort Rio de Janeiros, wo Gewalt an der Tagesordnung ist. Über zwei Dekaden begleitet der Film die beiden grundverschiedenen Jungen, von denen der eine seinen Traumberuf als Fotograf anstrebt und der andere der mächtigste Gangsterboss der Stadt wird. Durch Zufälle kreuzen sich ihre Wege immer wieder...

Ungewöhnlicherweise geht es in „City of God“ jedoch nicht um die Einzelschicksale dieser jungen Leute, sondern anhand ihres Beispiels werden vielmehr die Lebensumstände in den „Favellas“ versinnbildlicht. Die Armenviertel sehen gar nicht so aus, wie man sie sich vorstellt: Keine Hintergassen im Großstadtmoloch, sondern eine ewig lange Siedlung aus gleich aussehenden Häusern, wo die Kinder bereits mit der Kanone in der Hand aufwachsen und Mord wie selbstverständlich zum Alltag gehört.

Diese Tristesse übermittelt Meirelles sehr gut, indem er optisch alle Register zieht. Neben außergewöhnlichen Steadycam-Fahrten stechen vor allem die unterschiedlichen Farbtöne hervor. So sind die 60er in grobkörnigem gelb gehalten, während die 70er und 80er viel schriller daherkommen, wodurch die Atmosphäre zu jeder Zeit makellos ist, was jedoch auch am aufwendigen Dreh an Originalschauplätzen und am Casten von Laiendarstellern liegt, die das Gefühl einer Generation ohne Aussicht auf einen Ausweg toll vermitteln.

Untergliedert in mehrere kleine Kapitel bewahrt der Film immer Distanz zu seinen Figuren, weshalb man sich stets objektiv Gedanken über das Geschehen machen kann. Leider ist das auch der springende Punkt, wieso Identifikationsmöglichkeiten kaum vorhanden sind, denn die Charaktere sind zu schablonenhaft gezeichnet, um wirklich nahe zu gehen, was bei einer Länge von über zwei Stunden ab und zu dramaturgische Löcher nach sich zieht. Umso erstaunlicher ist es jedoch, wie sehr die gezeigte Gewalt phasenweise an die Nieren geht, obwohl man kaum Bindung zu den Figuren aufbauen kann. Aber die Rohheit wird auf uns Einwohner des „zivilisierten“ Teils der Erde derart nüchtern losgelassen, dass einem manchmal das kalte Grausen kommt, vor allem wenn man bedenket, dass dies hier auf einer wahren Begebenheit beruht. Allerdings kann das keine Entschuldigung für den etwas eintönigen Schlussteil sein, der nur noch aus Schiessereien und Bandenkrieg besteht.

Trotzdem ist „City of God“ ein gelungener Film, der die großen Scorsese-Epen in die brasilianischen Armenviertel zu versetzen scheint, aufgrund der verschachtelten Erzählweise und manch lakonischer Bemerkung mit einem Hauch Tarantino versehen. Die Inszenierung liegt dabei sogar weit über dem internationalen Standard, weshalb manche Länge alleine durch die Kameraarbeit und die Atmosphäre locker überspielt wird. Nicht das Riesen-Meisterwerk, für das es gerne gehalten wird, aber mit Sicherheit einer der zehn besten Filme des vergangen Jahres.

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