Mich persönlich hat der Film enttäuscht. Und zwar hauptsächlich, weil ihm der von mir erwartete dokumentarische und kritische Blick auf eine der entsetzlichsten Lebensumwelten der Welt fehlt und er stattdessen "nur" mit einer Gangster-Geschichte, mit einem Gangster-Epos aufwartet. Das ist zwar brillant in Szene gesetzt und dargestellt und mit einigen sehr bewegenden und schockierenden Momenten angereichert (z.B. die Szene, in der ein Junge einen anderen erschießen soll und dies dann auch verzweifelt tut). Außerdem hat der Film einige interessante Figuren aufzubieten und genial eingewobene Nebenstränge. Wirklich bewegt und berührt hat er mich aber trotzdem nicht. Und zwar hauptsächlich wegen seiner Machart. Die stilistische Anlehnung an Scorsese, Stone und vor allem Tarantino hat dem Film meines Erachtens nicht gut getan. Stattdessen hätte ich einen dokumentarischen Stil vorgezogen, einen nüchtern-distanzierten und kritisch-reflektierten Blick auf das Leben in und die Entwicklung der Favelas - einen schonungslosen und ungeschminkten Bericht. Doch der mit dem äußeren Verfall des Ghettos einhergehende innere Verfall der Menschen und die zirkulären und selbstrekursiven Ursache-Wirkungs-Ketten zwischen Lebenswelt und Subjekt bleiben eine Nebenbeobachtung und die sozialen Hintergründe gänzlich vollkommen unbeleuchtet. Das war sicherlich auch nicht die Intention von Fernando Meirelles. Seine Intention war es eher, die Geschichte des Ghettos anhand der Geschichten und Schicksale (einiger) seiner Bewohner zu skizzieren. Doch dafür bleiben seine Figuren zu schemenhaft und - ganz allgemein - zu blass. Die meisten Schicksale lassen den Betrachter emotional eher unbeteiligt. Die Angst, die Hilflosigkeit, die Wut der Protagonisten sind nur selten spürbar. Und dann noch die als ein Stilmittel eingesetzte tarantinoeske Komik und Absurdität (u.a. der Sprecher, die eingeblendeten Zwischentitel, die vielen kleinen "Gags", die lockeren Sprüche, einige der Nebenfiguren, manche der dargestellten Situationen): das wirkt zusätzlich abschwächend und verharmlosend (was bei Tarantino selbst das Gegenteil bewirkt - nämlich eine Intensivierung des Geschehens und dessen Wirkung auf den Zuschauer hervorruft).
Für einen Film a la Pulp Fiction fehlt City Of God der Mut zur Groteske und Stilisierung, für einen ungeschminkten und schonungslosen Blick auf das Innenleben der Ghettos von Rio dagegen der Mut zur Einfachheit und zur Nüchternheit. City Of God befindet sich irgendwo dazwischen - ein wenig mutlos. Und das ist für einen Film mit dieser Thematik und diesem Anspruch leider zu wenig, auch wenn er gut zu unterhalten weiß und sich qualitativ weit von der üblichen Kino-Massenware abhebt.
Ein erfreulicher Versuch. Mehr leider nicht.