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Allen Großmüttern überall gewidmet, ist "The Way Home" die ultimative Liebeserklärung an alle Mütter unserer Mütter, und eine respektvolle Verneigung vor der Weisheit und der Geduld der älteren Generationen. Der buchstäbliche "Way Home", der Weg nach Hause, ist in diesem Falle für den kleinen, aufmüpfigen Sang-woo eine wahre Qual. Der Siebenjährige soll einige Wochen bei seiner 77-jährigen Großmutter verbringen, während seine allein erziehende Mutter in Seoul auf Arbeitssuche geht.

Dieser Ausflug nach Hause ist für Sang-woo deshalb nicht angenehm, da der Junge dort, wo seine Großmutter lebt, auf dem ärmlichen Lande Koreas, alles an Luxusgütern vermisst. Schnell sind die Batterien für seinen Game Boy leer, und schon muss er sich der Tatsache stellen, dass er sich den Gegebenheiten, dort unten, bei seiner taubstummen Großmutter anpassen und stellen muss. Zunächst ist Sang-woo rebellisch und mag sich mit der Situation, umgeben von einer nicht elektrisierten Welt ohne Fernsehen, ohne fließendes Wasser und ohne "Kentucky Fried Chicken"-Filliale nebenan, zu sein, gar nicht abfinden; ärgert seine Oma zum Trotz und ist ihr alles andere als ein junger Gehilfe im Haushalt.

Dennoch bietet ihm seine Großmutter immer wieder ihre Liebe an. Zunächst unbeeindruckt, und sich mehr um seinen funktionslosen Game Boy kümmernd, als um die schwere, belastende Arbeit seiner Großmutter, wird aus Sang-woo nur zögerlich ein ebenso liebender und hilfsbereiter Enkel. Jedoch nicht ohne Lektionen lernen zu müssen, und durchaus auch Schmerz erfahren zu müssen.

In knapp 80 Minuten erzählt "The Way Home" in ruhigen, naturalistischen Bildern die bewegende Geschichte von zwei Generationen, die unterschiedlicher nicht sein können, und ihre persönlichen Barrieren aufgrund der Behinderung der Großmutter nicht mal mehr durch die verbale Kommunikation überwinden können. Die kleine Dynamik zwischen den beiden Charakteren wirkt wie ein Tauziehen; an einem Ende die kindliche Ignoranz gegenüber den Konsequenzen seiner egoistischen Lebensweise, am anderen der ungebrochene Wille der Großmutter ihren Enkel trotz allem zu umsorgen und zu lieben.

Die Geschichte ist simpel, und so ist auch ihre Auflösung. Fast schon vorhersehbar, aber deswegen nicht weniger berührend und schön. Wenn sich zwei Generationen, in so unterschiedlichem Alter, sich die Hand reichen, dann trifft die Generation der Mobiltelefone, des Internets, der reizüberflutenden Fernsehwerbung auf die Generation der politisch frustrierten, älteren Koreaner. Vielleicht ist dies auch der Grund, warum ausgerechnet dieser stille, kleine Film so erfolgreich in seinem Heimatland Korea war, in einem Jahr, in dem die jungen Kinogänger, Anhänger der "Neuen Welle" koreanischer Blockbuster, zumeist Actionfilme, erstmals massivst enttäuscht von dem Output der Regisseure waren.

Allen Respekt gebührt hierbei aber auch Eul-boon Kim, der Darstellerin der namenlosen Großmutter. Sie spielt die demütige, vom schweren Leben gezeichnete Frau verblüffend ehrlich, stark und das alles ohne nur eine Zeile Dialog. All jene schauspielerische, oder zumindest darstellerische Kraft kommt aus einer Person, die ihrer Rolle insofern sehr nahe kommt, als das Eul-boon Kim ebenfalls eine ärmliche Dorfbewohnerin ist, die nicht nur nie professionell geschauspielert hat, sondern nicht einmal einen einzigen Film in ihrem Leben gesehen hat, und dennoch ein fantastisches Verständnis für Schauspiel an den Tag legt.

Nur langsam kletterte "The Way Home" bis kurz vor die Spitze des Boxoffices Koreas, und nur langsam erreicht der Film auch unsere Herzen. Sind wir zunächst auch nur abgestoßen von der undankbaren Herzlosigkeit des jungen Sang-woo, berührt die Geschichte nach nur 20 Minuten Laufzeit vollends unser Herz und lässt es für die darauf folgenden 60 Minuten auch nicht mehr los. "The Way Home" ist kurz, simpel, aber dennoch effektvoll in seiner Erzählweise und in seiner Aussage. Ein tiefgehendes, liebendes Danke an all unsere Großmütter.

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