Review

Staffel 1

Die Idee ist nicht neu, die Umsetzung in den letzten beiden Jahren nur ein wenig exzessiv und teilweise auch beliebig wirkend von der Auswahl der Titel her und der Präsentation sowieso an sich. Um im mittlerweile äußerst beliebten und entsprechend überfüllten Serienmarkt noch aufzufallen und sich eventuell über diesen ersten Schritt der Bewusstmachung auch längerfristig in der Gunst des Publikums zu etablieren, wird neben Remakes im Sinne der Übertragung ausländischer Produkte auf den englischsprachigen Raum und Markt und Reboots eigentlich bereits eingestellter, aber ehedem namhafter Serien vermehrt auf die Kinoleinwand als Inspiration und Steigbügel für den Verkauf zurück gegriffen. Nach bspw. Transporter, Shooter, Lethal Weapon oder Rush Hour hat es nunmehr auch das Liam Neeson Vehikel Taken und dies fast zeitgleich zur Adaption von Training Day erwischt.

Taken hat dabei von allen Genannten eigentlich den aktuellsten Stand und durch die Vermehrung auf eine Trilogie, die stark anfing und alsbald in die Knie und auf den Boden sinkend ging, auch eine quantitative Präsenz, allerdings bis auf eben den durchstartenden Erstling als Überraschungserfolg keinen besonders guten Ruf mehr, wobei der Zweite eventuell noch von seinen geschürten Rassen- und Fremdenklischees lebt, der Dritte aber nicht einmal mehr das zu bieten hat und auch Neeson da schon mehr gealtert und müde als eh schon wirkt. Die Idee einer Vor- und Anderserzählung mit einem jungen Darsteller, einer leidigen Original Story ist also im Grunde dem Schnaps geschuldet, vor allem, weil der Vorruheständler im Film durch die Unkenntnis der Fähigkeiten selber und der Karriere umso beeindruckender agieren konnte und teilweise schon ikonographisch eingeführt wurde („I don't know who you are. I don't know what you want. If you are looking for ransom, I can tell you I don't have money. But what I do have are a very particular set of skills, skills I have acquired over a very long career. Skills that make me a nightmare for people like you…") und damit auch im Gedächtnis des Zuschauers platziert ist. Ein extra Zeigen dessen hat niemals den gleichen Effekt und interessiert, da das Ergebnis nunmehr schon bekannt ist, so wirklich auch nicht. Zudem wird hier eher ein Paralleluniversum geschaffen, in dem die Hauptrolle im Fernsehen zwar ein Vierteljahrhundert jünger als sein Namensvetter vom Kino ist, man aber trotzdem in der Jetztzeit spielt und nicht etwa 1990, was dann eigentlich keinen Sinn ergibt.

Derlei Vorbehalte, Absurditäten, Abstrusitäten und Unkenrufe, auch die der Übersättigung von im Grunde ähnlich gelagerten Produktionen, die die Fälle der Woche als sich mit Action-Abenteuer-Spionage-Verschwörungsallerlei initialisieren, waren dem ausführenden Studio NBC allerdings egal, trotzdem wurde Werbung fast noch weniger als bei der zuvor sang- und klanglos untergegangenen The Player [ 2015 ] geschaltet und schon der Serienstart keinerlei mediale Aufregung wert. Dabei ist der hiesige Pilotfilm, der in der normalen Lauflänge von ca. einer Dreiviertelstunde erzählten Einstiegsgeschichte dargereicht wird, durchaus auch seine positive Erwähnung wert, wenngleich auch jeglicher Erwartungshaltung entbunden, was sicherlich seinen Effekt mit hat, aber ja trotzdem nicht zu verachten ist. Eine schnelle Actionsszene, die zu hohem Drama führt und zu ebensolchen Verwicklungen gleich mehrerer Parteien, wobei Mills erst Spielball und dann eigene Meinung und Aufrüstung und Reaktion zu dem ihm Aufgebürdeten ist:

Der frühere CIA Agent und Green Beret Bryan Mills [ Clive Standen ] wird auf der gemeinsamen Zugfahrt mit seiner kleinen Schwester Cali [ Celeste Desjardins ] zum Geburtstag ihrer Eltern Zeuge ihres Mordes durch den mexikanischen Gangsterboss Carlos Mejia [ Romano Orzari ], den er daraufhin erbittert jagt. Dabei erregt er nicht nur die Aufmerksamkeit von Christina Hart [ Jennifer Beals ], Leiterin einer geheimen, für die Regierung und speziell den Director of National Intelligence verdeckt arbeitenden Eliteeinheit, die einerseits Mills rekrutieren will, andererseits aber Mejia wegen seiner Informationen gerne lebend unter Verschluss hält. Zusammen mit ihrer Assistentin Riley [ Jennifer Marsala ], dem IT Experten Faaron [ Simu Liu ] und der Agentin Becca Vlasik [ Monique Gabriela Curnen ] entsendet sie ihr Spezial-Team, bestehend aus John [ Gaius Charles ], Scott [ Michael Irby ], Dave [ Jose Pablo Cantillo ] und Rem [ James Landry Hébert  ] in den hitzigen Privatkrieg.

Kleinere Scharmützel wie das Erkennen eines Observationsteam und die folgende Konfrontation, das Abpassen und Ausschalten einer Killertruppe, eine Autoverfolgung im Untergrund und ein inszenierter 'Verkehrsunfall' auf einer Hauptstraße mitsamt einer Massenkarambolage schließen sich an, dazu hier und da eine minimale dramaturgische Überraschung und etwas verschwörerisches Geheimdienst-Geschwätz, was zumindest das Tempo flott hält und die Spannung nicht gänzlich ausdimmen lässt. Zudem ist es ganz angenehm inszeniert bzw. un-inszeniert, wird dem Geschriebenen und Gesagten vertraut und sich mit einfachen, übersichtlichen Mitteln, fern von Hochglanz, Effektstakkato und anderem vortäuschenden und verschleiernden Mumpitz präsentiert. Eine Art souveräne Allerweltsinszenierung, die analog dazu und auch eher getreu zum ursprünglichen Erstling optisch im großen Grau-in-Grau schwelgt, die Farben zurückgedreht und darüber hinaus auch in seinen Schauplätzen (Klein- bzw. Vorstadt, Holzhäuser, Motel, karge Gefängniszelle und leere Lagerhalle) visuell gänzlich desinteressiert formuliert. Ein anonymes Allerlei und Einerlei, in dem der Protagonist seine erste große Aufmerksamkeit auch nur über den mittlerweile bekannten Namen erhält, wobei das hier Gebotene weder die Vorgeschichte noch sonst einen Bezug zu den Werken von  Pierre Morel bzw. Olivier Megaton hat, sondern bloß das Sprungbrett für Finanzierung und Programmierung ist. [Ganz ähnlich könnte man The Blacklist: Redemption umschreiben, welches zeitgleich hauseigen initialisiert wird, und auch ganz ähnlich zwischen Einzelgänger und Teamplayer herumlaviert, und 24: Legacy, dass seit Anfang Februar auf Fox reüssiert.]

Hier und da wird mal gelinde versucht, eine Verbindung (“I'll tell you this: Dude's got some skills.“) herzustellen, ist dies aber geringfügig, auch müßig (“I pray you never have to make the kind of choice I had to make. And I mean that, Bry. My advice? Don't ever have kids. Especially not a daughter.“) und bräuchte man etwaiges Vorwissen so bspw. nicht; das hergestellte Komplott funktioniert über seine Klischees (ehemaliger Einzelkämpfer, der das Berufliche mit ins Privatleben übernimmt, ständig in Bereitschaft ist, in seiner Paranoia schnell bestätigt wird und bald allein gegen Alle kämpft, dazu Verrat, Klüngelei, oder zumindest Übervorteilung eigentlich aller Beteiligten außer ihm selbst aus. usf.) und den Umgang damit, die sich aus jahrelanger Tradition zehrt und hier noch einmal flugs aufgekocht wird.

Flott startet auch die zweite Episode "Ready", die wieder von Showrunner und Kreierenden Alexander Cray, in Unterstützung diesmal mit Joe Loya geschrieben ist und eine vermeintliche Geiselbefreiung gegen gleich mehrere Terroristen, und damit quasi die Spiegelung des Finales vom Pilot als Eröffnung stellt. Danach geht es Schlag auf Schlag, immer in Bewegung durch das ländliche Herz von Amerika - gedreht wurde die Serie allerdings um Toronto, Ontario, Kanada -, und einer Handlung, die von der Beseitigung eines Senators per Gift, dem letalen Treffen mit einer wissenden Quelle, dem Aufspüren eines Attentäters und dem Verteidigen von diesem aufgrund dringend benötigter Informationen gegen die eigenen angreifenden Mannen erzählt. Die Actionszenen wie der Beschuss eines Assassinen per Motorrad, eine Verfolgung per pedes über die Hausdächer und ein Zweikampf im Parkhaus sind fast ein Tick besser formuliert, dazu noch eine für den Plot irrelevante Häuserstürmung in der Ukraine, die ebenso willkommen geheißen wird und derlei Schabernack niemals verkehrt ist. Leider macht sich mittlerweile der Eindruck breit, dass Beals verkehrt besetzt ist, und eine Liebesgeschichte zwischen Mills und der besten Freundin seiner Schwester sowie auch ein Herumplagen mit dem traumatischen Tod dieser im Raum steht und eventuell störend Platz einnimmt.

Folge 3 ist dann eh am Ehesten noch in der Realität bzw. der Aktualität bis dato verbunden, wenn man denn einmal von dem kurzzeitig erwähnten Zwischenpunkt von "syrischen Flüchtlingen" und dem Ausnutzen dieser für "Sexsklaven" etc. absieht, was für die dortig präsentierte Geschichte aber noch nicht einmal Gimmick war, und so nicht wirklich des Erwähnens wert. In "Off Side" selber wird mit den spätestens seit 2001 ständig bei den Amerikanern vorhanden Ängsten vor ausländischen Anschlägen gespielt und diese Befürchtungen noch einmal mit einem hiesigen irakischen Familienvater wohlmöglich plötzlich auf Abwegen bis hin zum geplanten Bombenattentat geschürt. Erst die Ressentiments, dann politisch korrekt wieder die Negierung, und so das Hin und Her aus Paranoia, eventuell tatsächlich bestätigten bzw. zu bestätigenden Ahnungen und dem allgemein hitzigen Klima im Frühjahr 2017, was angesichts des versuchten, nicht durchgesetzten "Muslim Ban" per Dekret seitens der neu, unerfahrenen, dafür umso energischen bis agitierten Regierung gleichsam emsig am Lodern gehalten wird. Die Eingreiftruppe hier ist etwas neutraler aufgestellt, was abermals auch mit (kurzen) Rückblenden in den Kriegseinsatz vor Ort und etwas Anekdoten vom besten Falafelladen in Falludscha erklärt wird. Eine Folge-der-Woche-Mentalität, in der der rote Faden bis dahin nur lose gebunden ist und über die immer wieder mal erwähnten Nebenpersonen wie den Mörder der Schwester und der besten Freundin der Schwester fortgeführt wird.

Dort wie auch in Folge 4 "Mattie G." wird das “Taken“ aus dem Titel in der Handlung aufgegriffen und in seiner Variante fortgeführt. Nunmehr muss die Kleine Tochter eines Informanten befreit werden, der gegen seinen Arbeitgeber, einen so gar nicht koscheren Pharmariesen bezüglich eines tödlichen Medikamentes aussagen wollte, nun aber von dessen Securitytruppe erpresst wird. Die Geschichte spielt zwar wieder an so illustren Plätzen wie einer Shopping Mall, bei der während eines versuchten Austausch auf eine horrende Übermacht getroffen wird, spart sich hier aber den moralischen Zeigefinger, und verzückt mit einem ausdauernden Showdown in einer stillgelegten Fabrik, die etwas mit Härten per Stromschlag und Feuer z.b. spielt; auch wenn bis dato das Kleinklein der im Dunklen und Stillen arbeitenden Fünf-Mann-Gruppe um Neuling Mills und ihrer Chefin etwas konstruiert wirkt, bei dem, was auf dem Spiel steht. Auch werden wieder Nebenschauplätze um die beste Freundin der toten Schwester und ihre Part als eventuller Love Interest gewoben, wobei langsam auffallend bzw. weiterhin positiv heraus kristallisierend ist, dass das Männerbündnis auch in seinen Figuren und Darstellern (plus die burschikose Curnen) mit Abstand mit am Meisten Überzeugungskraft und dies ohne Arbeit ist.
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Folge 5 "A Clockwork Swiss", gedreht von Clark Johnson, erzählt von einer Methode, die Ökonomie binnen weniger Tage komplett lahmzulegen bzw. auf de Knie zu zwingen, wobei das Team 'engagiert' wird, de Macher dahinter und das System selber zu sichern und so den Kollaps gerade auch für die fleißigen Sparer aus der Mittelschicht zu verhindern. Angesichts der 'Prämisse', die erstmal hochgradig hanebüchen ist und wie auch der weitere rote Faden selber wenig Freude Machen ist, rettet sich die Episode mit einer erstaunlich längeren und komplizierten Einbruchsequenz in einer Schweizer Bank, vor Ort in 'Zürich', die anders als bspw. der blasse und gleichzeitig aufgeblasene Kollege von The Blacklist: Redemption auch vergleichsweise bodenständig und ohne Dutzende Hilfsmittel von Computer- und anderen Effekten sowohl materiell als auch formell auskommt und dadurch doch noch vergleichsweise am Gewinnen ist. Wieder einmal ist dabei das Männerteam – im Verbund nun erneut mit Curnen – noch die beste Idee und Umsetzung der Serie und gehen die (wenigen) Actionszenen sicherlich auch in Ordnung, während das Umfeld aber jetzt schon am Schwächeln, da bereits am Nerven und mit Klischee und Vorhersehbarkeiten im Exzess am Herumdümpeln ist.  

Folge 6 "Hail Mary", von der nächsten verhältnismäßig namhaften Lexi Alexander und dies durchaus zwei-, dreimal mit Schmackes gedreht, nimmt sich wieder Zeit für einen Besuch im Ausland, wobei diesmal Ziel Russland und genauer gesagt St. Petersburg und Umgebung ist. Nach einer fatal auslaufenden und entsprechend scheiternden Extraktion wird das Team für den zweiten Versuch, anstelle der beiden nunmehr Toten CIA-Agenten nämlich engagiert; die Platte mit dem bösen Russen und dem KGB spielt als Dauerbrenner demnach immer und gerade angesichts aktueller Lage auch wieder, wobei sich der Überläufer als nerviger, da reichlicher Anhang entpuppt und seine bis dato unerwähnte Begleitperson als für den Zuschauer eher auch unerwünscht und für das Black Ops Team im Film sichtlich gleich mit. Da die Story allein wenig hergibt, wird ausnahmsweise daheim noch einen zweiter Plot um ein Zuhause gebliebenes, da verletztes Mitglied und dessen Schwierigkeiten mit der Gang in der Nachbarschaft und zusätzlich die politische Suche nach einem Maulwurf abgewickelt, was der Bewegungsfreude der Serie entscheidend hilft und angenehmes Allerlei für den Feierabend ist.

Folge 7 "Solo" wandert mitsamt einer (erfreulich) größeren Verfolgungsjagd sowohl vor osteuropäischen Waffenhändler als auch der örtlichen Polizeitruppen und entsprechend Materialschaden nach Montreal, wo Diejenigen aufgespürt und festgenommen werden sollen, die u.a. mitverantwortlich für die Besorgung der Schusswaffen für das die Serie einleitende Zugmassaker waren. Mills ist entsprechend erpicht auf den Auftrag, wird aber auch entsprechend von seinen Leuten zurecht gestutzt; auf das das Helfen einer mit der Chefin eng befreundeten Mossad-Agentin namens "Leah" (mit beginnenden Alzheimer und entsprechenden Verlusten in der Zuordnung von Perspektiven und entsprechenden Risiken für alle Seiten) in Folge 8 wieder gemeinsam vereint auch tatsächlich gut ausgeht. Zeit für das Staffelfinale, dass mitsamt gleich zweier Geiselnahmen ("Gone") in die Höhle des Löwen, zu Mejias Hauptquartier in die hochkriminelle Juarez-Stadt nach Mexico führt ("I Surrender").

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